Lehren an meinen Freund.

Freund, wir haben unsre Mängel,
Unsern Kopf, und Eigensinn.
Wir sind Menschen, keine Engel:
Du bist schwach, wie ich es bin.

Oft rebellen unsre Glieder,
Wenn der Geist empor sich hebt:
Und der Körper drückt uns nieder,
Wenn die Seele aufwärts strebt.

Und was Raths? – In Demuth leben,
Fühlen, daß man Sünder ist,
Oft sein Herz zu Gott erheben:
Freund! so rettet sich der Christ.

Er bestärkt mit jeder Stunde
Seinen Vorsatz, gut zu sein:
Zwar empfängt er mnanche Wunde,
Aber keine dringet ein.

Er genießt das Lebens Freuden
Nicht als Zweck, als Mittel nur.
Er wird klug durch seine Leiden,
Und sein Kreuz wird seine Kur.

Geld, Gesundheit, Schönheit Künste,
Alles ist für ihn kein Gut;
Außer wenn es Hebeldienste
Zu dem Wohl der Menschheit thut.

Jede Sonne, die ihm scheinet,
Sieht er für die letzte an:
Bitter wird der Tag beweinet,
Da er nicht hat wohlgetan.

Freund! o möchtest diese Lehren
Dir auf immer heilig sein!
Drücken diese heißen Zähren
Dir sie unauslöschlich ein!


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03