Ode bei Seelmanns Urne
Komm Pahntasus! Führ´ in der stillen, der Nächte
Durch jene dunkle Gewölbe mich hin
Zum einsam flimmernden Lämplein,
Das über Seelmans Urne hängt.
Hier will ich bethen, und weinen;
Denn eines Heiligen Asche
Wird, bis die Posaune sie weckt,
In dieser sittsamen Urne bewahrt.
Zwar nennt Ihn der Römer nicht heilig,
Du keine Purpurmänner flechten ihm
Den Kranz, im Leben mit blinden Gefrömmel,
Nach dem Tode mit Gold erkauft.
Doch will ich hier bethen, und weinen;
Denn Seelmanns Asche ruhet hier,
Die Asche des Weisen, des Christen,
Des Verkannten, des Gemarterten!
Denn Wahrheit lag Ihm näher, als Beifall,
Und Tugend wog ihm schwerer, als Gold
Zu keines Sterblichen Füßen
Verrieth Er, Menschheit! dein Recht.
Im schreckte nicht der Donner der Großen,
Ihn wiegete nicht ihr Lächeln in Schlaf;
Ein Riese, schritt er über Schlangen
Und über Dornen fort.
Ha! wallet ihr nicht zurdes Lehrers,
Ihr wenigen Edlen, Ihr Söhne des Lichts?
Ihr, denen von seinen freundlichen Lippen
Weisheit, wie Nektar, trof?
Vergeßet ihr des leitenden Freundes?
Des Helden, der eure Vernunft,
In tausendjährige Ketten geschmiedet,
Zur hohen Freiheit berief?
Ach! furchtsam steht ihr von ferne,
Und wischet die Thräne mit bebender Hand.
Denn mit dem Auge des Freundes
Verlosch auch Freiheit und Hoffnung euch.
Kommt näher, und bebet nicht länger,
Ihr wenigen Edlen, ihr Söhne des Lichts!
Berühret mit mir die Asche des Freundes,
Und schwöret im heiligen Dunkel den Schwur,
Zu ringen nach Wahrheit, zu kämpfen
Für Tugend, zu tilgen die Brut
Der Hyder, erzeugt in Iberiens Wüsten,
Genährt mit italischen Gift.
Was seh ich? Dort schwebet der Schatten
Des Heil´gen, und flüstert Segen uns zu.
Blickt auf, ihr wenigen Edlen, zum Heil´gen!
Blickt auf, und vollendet sein Werk.
[1] Der selige Weihbischof Seelmann war einer der ersten, ehrlichsten, thätigsten Beförderer der Aufköärung im katholischen Deutschlande. Menschenliebe, Wahrheitsdurst, Jesuitenhaß, und Freiheitssinn machten die Hauptzüge seines großen Charakters aus. Und ich sollte dem edlen Manne – wär´ er auch nie mein Gönner gewesen – keine Thräne weinen? Sollte nicht einstimmen in die Klagen seiner Verwais´ten?