Der abwesende Gatte an sein Weibchen

Ja, ja! ich muß Dir, Beste, schreiben,
Muß, unsern Kummer zu vertreiben,
Dir sagen: Ewig binich Dein,
Und ewig, Weibchen, bist Du mein!

Ach! daß ich nicht mit einen Kusse,
Mit einem süßen Thränengusse
Den schönen Satz: »Ich bin Dein Mann«,
Den Augenblick versiegeln kann.

O! könnt´ ich diesen heitern Morgen
Auf deines Herzens Klopfen horchen;
Wenn mir´s mit jedem Pulse schwört,
Daß mir es, mir allein gehört.

Wie prächtig dort die ersten Stralen
Der Sonne des Gebürge malen!
Wie frisch nach dieser Regennacht
Die ganze Schöpfung um mich lacht!

Wie lieblich weht von jenen Tristen
Die Luft, gefüllt mit Ambradüften!
Wie wogt und wiegt sich auf der Flur
Der grüne Reichthum der Natur!

Nur Eines, nur mein Weibchen fehlet;
Nur Sie, die fern von mir sich quälet,
Nur stäts nach mir, nach mir sich sehnt,
Und selbst am schönsten Morgen gähnt,

Jezt liegt sie noch im heißen Bette,
Und seufzt: Ach! daß ich ihn noch hätte!
Wo bleibet er? Ach! käm er doch!
Wie lange ach! verweilt er noch?

Sei ruhig, Kind! Die Zeit der Wehen
Wird auch für uns vorüber gehen.
Auch unser harrt, vielleicht nicht weit
Entfernt der Liebe Seeligkeit.

Wie wollen wir sie dann genießen!
Wie schnell wird jedes Jahr verfließen!
Viel schneller in der Liebe Glück,
Als jetzt im Gram ein Augenblick.


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03