Theodor Gottlieb Hippel

* 31.01.1741 in Gerdauen/Ostpreußen
† 23.04.1796 in Königsberg

Theodor Gottlieb Hippel wurde in ärmlichen Verhältnissen als Sohn des Gerdauer Schuldirektors Melchior Hippel (1693-1762) und seiner Frau Eleonore (1707-1776) geboren. Das Elternhaus war streng pietistisch ausgerichtet. Der Junge pflegte keine engere Bindung zu den Eltern.

Es zeigte sich schon sehr früh, dass der Knabe weder an Kraft noch an der Statur mit seinen gleichaltrigen Spielkameraden mithalten konnte, sondern das seine intellektuellen Fähigkeiten deutlich weiterentwickelt waren.  Zwischen den Jahren 1750 und 1756 besuchte er das Collegium Fridericianum in Königsberg.

Der 15jährige Hippel nahm im Jahre 1756 ein Studium der Theologie, beeinflusst durch das Elternhaus, auf. Daneben besuchte er noch mathematische und philosophische Vorlesungen an der Albertina. Es war die Zeit des Siebenjährigen Krieges und Königsberg wurde von russischen Truppen zwischen 1758 und 1763 besetzt. Im Jahre 1759 trat Hippel seine erste Stelle beim holländischen Justizrat Dr. Theodor Polykarp Woyt, mit dem ihm auch ein freundschaftliches Verhältnis verband, an.

Er lernte auf einer Sitzung der Königsberger Freimaurerloge »Zu den drei Kronen« den russischen Offizier Hendrik van Keyser kennen, ein Neffe des Justizrats Woyt. Die Loge, ein Ableger der großen Berliner Loge »Zu den drey Weltkugeln« war bestrebt im Geiste der Vernunft eine Aussöhnung zwischen Preußen, Polen und Russland zu erreichen. Im Jahre 1760/61 bekam der angehende Jurist die Gelegenheit seinen Freund van Keyser, Leutnant der russischen Armee, an den russischen Hof nach St. Petersburg und Kronstadt zu begleiten. Dies war übrigens eine der wenigen Gelegenheiten die Hippel veranlassten seine ostpreußische Heimat zu verlassen. Dies war auch die Begründung seiner lebenslangen Freundschaft mit der russischen Mentalität.

Nach seiner Rückkehr aus Russland fand Hippel eine Anstellung als Hofmeister im Hause des Tribunalpräsidenten Johann August von Schrötter (1707-1773) und besorgte die Erziehung der Kinder Johann Heinrich August (1752-1833) und Amalie Albertine (1754-1827). 

Im Wintersemester 1761/62 begann er sein juristisches Studium an der Albertina aufzunehmen. Er hörte auch weiterhin die Vorlesungen von Immanuel Kant, mit dem ihm eine lebenslange tiefe Freundschaft verbinden sollte, zu besuchen. Später gehörte Hippel auch zu den regelmäßigen Teilnehmern der Tischgesellschaft.

Nachdem er sein Studium der Rechte abgeschlossen hatte, wurde Hippel im Alter von gerade einmal 21 Jahren am 30.10.1762 zum Bruder Redner der Loge und hielt nur einen Monat später »Über die Notwendigkeit auch außerhalb der Loge ein Bruder zu sein«. Zur Königsberger Loge gehörte eine Vielzahl von Königsberger Persönlichkeiten. 1768/69 war er Meister der Loge »Zu den drei Kronen«

Seit dem Jahre 1765 verbanden ihn freundschaftliche Bande mit dem Juristen Johann Georg Scheffner. Als sein Neffe und Nachlassverwalter Theodor Gottlieb Hippel den Briefwechsel beider Männer postum veröffentlichte, ließ er Passagen über die Freimaurerei entfernen, da er diese für »überspannt« hielt. 

Im Jahre 1764 wurde er Advokat und im Jahre 1771 fand Hippel eine Anstellung als Assessor am Königsberger Hofgericht. Durch die 1772 erfolgte erste polnische Teilung gehörte Hippel zu den sechs Inbesitznahme-Kommissaren. Zusammen mit Wilhelm Cuppner nahm er die ehemalige Woywodtschaft Marienburg in Westpreußen für den König in Besitz. Im Juni 1773 erfolgte seine Ernennung zum Kriminalrat. Die Stelle selbst blieb unbesoldet. Er wirkte als solcher auch in den neu zu Preußen gekommenen Gebieten tatkräftig. 

Kurze Zeit später wurden ihm auch die Aufgaben des Direktors des Königsberger Kriminalgerichts übertragen. Gleichzeitig wurde er in der Stadtrat gewählt.

Im Jahre 1780 wurde Hippel durch Friedrich II. zum dirigierenden Stadtrat berufen um die daniederliegende Verwaltung der Stadt mit harter Hand wieder voranzubringen. Als einziges Mitglied des Königsberger Magistrats war er königlich-preußischer Beamter, der sich in allen Angelegenheiten direkt an die königliche Kriegs- und Domänenkammer zu wenden hatte und somit auch nur dem Berliner Oberbehörden verantwortlich war.

So gelang es ihm das Polizei- und Feuerlöschwesen zu reorganisieren Auch im Waisen- und Armenangelegenheite konnte der energische Jurist in der Stadt Erfolge aufweisen. So schuf Hippel zusammen mit seinem ehemaligen Lehrer Kant ein Stipendium zugunsten begabter aber mittelloser Studenten an der Universität. Die 1787 geplante Einführung einer Bürgerschule scheiterte jedoch zwei Jahre später endgültig, da keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung standen.

Seit dem Jahre 1779 kümmerte sich Hippel auch um seinen Neffen Theodor Gottlieb Hippel. Er nahm den Sohn seines Bruders nach dem Tod der Mutter im Jahre 1779 auf. Im Jahre 1786 entschloss sich der Stadtpräsident seinen Neffen zu adoptieren, da er selbst nie verheiratetet und Kinder gehabt hatte.

Auch die preußische Regierung im fernen Berlin griff auf das Wissen des erfahrenen Verwaltungsbeamten immer wieder zurück wie bei der Einrichtung der nacheinander annektierten polnischen Territorien. Er gehörte auch zu denjenigen Staatsbeamten die am großen Reformwerk des »Allgemeinen Preußischen Landrechts« mitwirkten. In jenen zehn Jahren stellte er seine schriftstellerische Tätigkeit vorübergehend ein und widmete sich vollends dem juristischen Werk. Der preußische Minister von Cramer sandte den Juristen ein Belobigungsschreiben als Anerkennung für seine geleistete Arbeit.

König Friedrich Wilhelm II. verlieh ihm und seinem Bruder Gotthard Friedrich von Hippel, Pfarrer in Arnau, und seinen Erben den begehrten Adelstitel. Zuvor wurde er noch mit einem Titel des Stadtpräsidenten und einer Ehrenmedaille ausgezeichnet. Damit erfüllte sich ein Wunsch Hippels, den er bereits im Jahre 1780 König Friedrich II. vortrug um die Wiederherstellung des Familienadels.

Im Jahre 1794 fiel im Zuge der dritten polnischen Teilung die Stadt Danzig an das Königreich Preußen. Hippel wurde zum einen mit der Inbesitznahme der Stadt als auch der Einführung der preußischen Verwaltung in den neuen Gebiet beauftragt. Er erkrankte jedoch schwer und verlor in Folge einer Entzündung ein Auge. Als er nach Königsberg zurückkehrte wurde er durch die Bevölkerung begeistert empfangen.

In den 1790er Jahren schwanden jedoch die Kräfte des stets unermüdlich arbeitenden Juristen und Schriftstellers. So gelang es ihm noch zahlreiche Manuskripte zu vollenden, diese jedoch nicht mehr vor seinem Tode zu veröffentlichen.

Neben seinen Arbeiten in der preußischen Verwaltung war Theodor Gottlieb Hippel auch schriftstellerisch tätig. Zum einen veröffentlichte der Jurist mehrere Abhandlungen, die zum einem regionale Anlässe zur Ursache hatten oder zur Verbesserung der Königsberger Kommunalordnung erschienen sind. Jahre nach seinem Tode erschien die Schrift »Über Gesetzgebung und Staatenwohl«, die den Einfluss Rousseaus und Montesquies deutlick erkennen ließ, jedoch nicht mehr vollendet wurde.

Erste Versuche veröffentlichte er bereits in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts. So war er Mitarbeiter der »Königsbergischen Gelehrten- und Politischen Zeitungen«. Er schrieb geistreiche Komödien wie zum Beispiel »Der Mann nach der Uhr« wozu entweder Kant oder dessen Freund Green (1727-1786) die reale Vorlage boten. Drei Jahre später erschien »Die ungewöhnlichen Nebenbuhler«, ebenfalls eine Satire auf die Lokalberachtungen und Sittengemälde des preußisch-baltischen Raumes.

sowie als Verfasser von Freimaurerreden und »Geistlichen Reden«.

Manche seiner Schriften ließ der Verfasser Hippel ohne Namensangabe erscheinen. So entstand um seine Schrift »Über die Ehe« aus dem Jahre 1774 lange Zeit ein Ratespiel um die Urheberschaft, doch auch inhaltlich wandelte sich die Schrift im Laufe der vier Überarbeitungen Hippels mehrfach. War sie im Jahre 1774 noch eine Verteidigungsschrift für die Ehe stellte sich die letzte Fassung eher als ein Forderung nach Rechten für die Frau heraus. So griff er mit dem Mittel der Satire immer mehr die patriiarchalische Ehewesen an. In seiner Schrift »Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber« (1792) nahm er diese Gedanken wieder auf und führte diese fort.

Seine beiden Romane »Lebensläufe nach aufsteigender Linie«, die zwischen 1778 und 1781 erschienen, und der 1793/94 erschienene Roman »Die Kreuz- und Querzüge des Ritters A-Z« gaben ihm größere Bedeutung. In den »Lebensläufen« versuchte der die von Laurence Sterne bekannte causeriedurchsetze Struktur aus dem englischen in den deutschen Roman zu überführen. So wandte sich der Ich-Erzähler mit Fragen, Mutmaßungen und Kommentaren an den Leser. Für den Schriftsteller Jean Paul waren die Hippel'schen Romane ein Muster und sie erhielten über ihn auch Einzug in die Literatur des 19. Jahrhunderts.

In der Persönlichkeit Theodor Gottlieb Hippels zeigte sich auch die Spannung zwischen dem preußischen Beamten und dem Dichter, die er jedoch beide strikt trennte. So zeigt sich in seinem bedeutendsten Werk zum einen die statirische, an der Gesellschaft interessierte und andererseits auch der empfindsame, der Gesellschaft entrückte Darstellung.

Im zweiten Roman, der an Sterne und Cervantes angelehnten Don Quichotterade wandte er sich gegen Orden und Geheimbünde, indem er dieser der Satire preis gab.

Er beurteilte schon vor Erscheinen der »Kritik« Immanuel Kants, unter satirischen Zügen, die Erkenntniskritik äußerst kritisch. Im Gegensatz dazu lag ihm Hamanns gefühlsbetonte Gottesbegründung vom eigenen Wesen her schon deutlich besser.

Er schuf auch durch die Einführung des Sterbegrafen, die Schilderung unterschiedlichster Todesfälle in der Literatur, als Begründer der modernen Todespoesie im Roman. Später folgten ihm Jean Paul, Goethe, Zacharias Werner oder auch Stifter als seine gelehrige Schüler.

Theodor Gottlieb von Hippel war ein sehr vielseitiger und doch auch widerspruchsvoller Charakter der zwischen gefühlsbetonten Glaubensbedürfnis und kritisch untersuchender Vernunft hin und her gerissene wurde. Er war der Freund Kants und Hamann und ein typisches Beispiel dieses aufgeklärten Jahrhunderts. Zugleich richtete er, als führender Beamter Königsberg, in die Zukunft und scheute keine Auseinandersetzungen in philosophischen, religiösen, freimaurerischen oder politischen Fragen.

Als nach dem Tode Hippels erste verbale sowie literarische Verleumdungen aufkamen, verteidigte sein ehemaliger Professor und langjähriger Freund Immanuel Kant ihn bis übers Grab hinaus vor diesen Racheakten.

Am 23.04.1796 verstarb Theodor Gottlieb Hippel in Königsberg. Seinem Wunsche gemäß wurde er zunächst auf dem Armenfriedhof am Steindammer Tor begraben. Ende des 19. Jahrhunderts wurde er auf den Neuroßgärter Friedhof umgebettet. Im Jahre 1924 fand er seine letzte Ruhestätte schließlich auf dem Gelehrtenfriedhof in der Nähe der Sternwarte. Seinen Grabstein gestaltete der Bildhauer Stanislaus Cauer mit einem Halbrelief des Schriftstellers und Beamten.

Einige seiner Schriften veröffentlichte sein Adoptivsohn Theodor Gottlieb Hippel, der auch das umfangreiche Erbe des Onkels antrat.

Werke:

  • Der Mann nach der Uhr, 1765
  • Die ungewöhnlichen Nebenbuhler, 1768
  • Geistliche Lieder, 1772
  • Über die Ehe, 1774
  • Lebensläufe nach Aufsteigender Linie nebst Beylagen A, B, C., 1778-81
  • Handzeichnungen nach der Natur, 1790
  • Zimmermann der I. und Friedrich II., 1790
  • Nachricht die von K***sche Untersuchung betreffend, 1792
  • Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber, 1792
  • Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z, 1793

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