Jakob Ignatz Hittorff

* 20.08.1792 in Köln
† 25.03.1867 in Paris

Geboren wurde Jakob Ignatz Hittorff am 20.08.1792 in der Freien Reichsstadt Köln. Sein Vater war Franz Alexander Hittorff (1767-1823), ein Klempner, der durch sein Gewerbe zu Wohlstand gekommen war. Schon früh färbte die Begeisterung des Vaters für die alten Gebäude auf den Knaben ab, sodass er sowohl eine Steinmetz- als auch Maurerwerkstatt durchlief. Im Alter von 15 Jahren konnte er bereits Häuser nach eigenen Entwürfen bauen. Mit einer Empfehlung von Ferdinand Franz Wallraf versah den jungen Mann mit einem Empfehlungsschreiben, ebenso sein Freund Franz Christian Gau.

Die Zeit in der Hittorff hineingeboren wurde war sehr unruhig. Im April 1792 hatte das revolutionäre Frankreich Österreich den Krieg erklärt und eine Armee aus österreichischen und preußischen Truppen überschritten die Grenze. Am Geburtstag Hittorffs erlitt das revolutionäre Frankreich eine erste Niederlage bei Verdun. Doch schon einen Monat später – nach der von Goethe als Wendepunkt beschriebenen - Kanonade von Valmy rief man in Paris die Republik aus. In der Folgezeit tobte ein fast 25 Jahre andauernder Krieg im Herzen Europas.

Hittorff wuchs seit dem 06.10.1794 in einer von den französischen Revolutionstruppen besetzten Stadt auf. Zunächst stand die alte Reichsstadt unter französischer Besatzung und mit der Gründung der Roer-Départements im Jahre 1797 wurde die Einverleibung der Stadt in die Französische Republik vorbereitet. Seit 1801 – dem Frieden von Lunéville – gehörte Köln offiziell zu Frankreich und der junge Hittorff wurde erstmals französischer Bürger.

Im Alter von gerade einmal 18 Jahren begab sich Jakob Ignatz Hittorff nach Paris um ein Architekturstudium an der Académie des Beaux-Arts aufzunehmen, wo Charles Percier sein Lehrer wurde. Percier hatte zusammen mit Fontaine den Style Empire geschaffen. Dieser lehnte sich an antike Formelemente an und war in einer Höchstform ausgeprägt. Der Einfluss seines Lehrers blieb Zeit seines Lebens erkennbar. Auch vermittelte ihn sein Lehrer die Begeisterung für das antike Italien.

Durch Percier erhielt der junge Kölner auch Zugang zur Pariser Gesellschaft. So lernt er auch den Architekten Bélanger kennen.

Nach der Rückkehr der Bourbonen im Jahre 1814 wurde Bélanger zum Architekten der Feste und Zeremonien berufen. Jakob Ignatz Hittorff wurde von dem Architekten als Inspektor der bei den Vorbereitungen zum feierlichen Einzug König Louis XVIII. mit der Überwachung der Arbeiten betraut. Für den feierlichen Einzug waren die Errichtung mehrere Triumphpforten und Säulen sowie die Wiederherstellung der Statue Heinrich IV. geplant.

Dies verschaffte ihn seine spätere Bedeutung als einer der bedeutendsten Architekten unter Charles X., Louis Philippe und Napoléon III.

Im Alter von 25 Jahren, er hatte bereits für seine Arbeiten zahlreiche Medaillen erhalten, wurde ihm durch den König der Titel eines »Architecte de la ville de Paris et du Gouverment« verliehen. Er wurde somit Nachfolger seines am 01.05.1818 verstorbenen Lehrers Bélanger. Bis zum Jahre 1848 übte er das Amt des Hofarchitekten aus, offiziell verlor er dieses Amt bereits während der Julirevolution im Jahre 1830 doch Louis Philippe ernannte ihn zum »Architecte en chef«, womit er für den Bau von Regierungsbauten verantwortlich blieb.

Zwischen 1819 und 1830 beschäftigte er sich zusammen mit seinem Kollegen Lecointe die Ausschmückungen im Don St. Denis für die Leichenfeierlichkeiten des Prinzen von Conde, des Herzogs von Berry und des Königs Louis XVIII. sowie die Dekorationen in Notre Dame für die Vermählung des Herzogs von Berry und die Taufe des Herzogs von Bordeaux auszuführen. Auch wurde er für Ausbauarbeiten der Kathedrale von Reims herangezogen, die anlässlich der Krönung Charles X. vorgenommen wurden.

Er widmete sich während jener Arbeiten auch intensiv des Studiums der antiken Baukunst und plante eine große Reise nach Italien, Sizilien und Griechenland, wo er die antiken Baudenkmäler selbst in Augenschein nehmen wollte.

In den Jahren 1820/21 bereiste Hittorff sowohl England als auch Deutschland. Im Jahre 1822 ging er in Begleitung seines Schülers Karl Ludwig von Zanth und Wilhelm Stier, den er auf eigene Kosten mitgenommen hatte, begleiteten ihn. Er verbrachte zwei weitere Jahre in Italien und kehrte mit einer Vielzahl von Zeichnungen sowie schriftlichen Studien im Gepäck zurück nach Paris. Nach und nach veröffentlichte er – unter Mitwirkung Zanths - unter dem Titel »Architecture moderne de la Sicile« mit 77 Kupferstichen oder »Architecture antique de la Sicile« mit mehr als 100 Kupferstichen. Kurz vor seinem Lebensende – im Jahre 1865 – besuchte Hittorff nochmals Italien und interessierte sich sehr für die letzten Ausgrabungen antiker Kunst.

Ab den 1830er Jahren wurde Hittorff auch wieder als praktischer Architekt tätig. So übernahm er 1833 die Verschönerungsarbeiten am Place de la Concorde mit dem Obelisk von Luxor, den beiden Prachtfontänen und den kolossalen Städteallegorien übertragen worden. Auch stammten die Zeichnungen und Ausführungen der anmutigen Fontänen des Champs-Elysée von ihm. Auch schuf er die Cafes, Restaurants und kleinen Theater, das Corps du Garde sowie die Rotunde der Panoramen (1838) und den Circus der Kaiserin (1839-40).

1855 übernahm er die Arbeiten zur Neugestaltung des Place de l’Etville sowie der Avenue der Kaiserin und die Anlagen im Parc de Boulogne nach einem Entwurf Napoléon III. übertragen. Bereits 1851 errichtete er auf dem Boulevard de der Filles de Calvaires den Cirquue Napoléon errichtet. Hierbei handelte es sich um einen Rundbau ohne irgendeine mittlere Stütze. Der Bau hatte einen Durchmesser von 41 Metern und war 16,25 Meter hoch. Noch heute finden in dem Gebäude zahlreiche kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte oder Musicalaufführungen statt.

Nach seinen Plänen entstanden zahlreiche Museen und Theater aber auch Stadt und Landhäuser sowie Grabkapellen und Grabdenkmäler in Deutschland und Frankreich. Auch baute er zahlreiche öffentliche Gebäude wie die Maire des 12. Arrondissements in Paris oder eine große Kommunalschule oder das Waisenhaus für Mädchen Napoléon Eugenie. Das Gebäude wird heute noch genutzt und beherbergt eine Berufsschule, eine Grundschule, einen Kindergarten und ein Studentenwohnheim. Es wurde anlässlich der Eheschließung Napoléon III. und seiner jungen Gemahlin Eugénie (1826-1920) ins gestiftet.

Seine letzten Großprojekte waren der Bau des Pariser Rathauses im 1. Arrondissement (1856-1860) sowie der Bahnhof Gare du Nord. Hierbei leistete der Architekt einen bedeutenden Beitrag zum noch jungen Eisenkonstruktionsbau. Das Bahnhofsgebäude mit einer Fläche von rund 32.000 m2 und einer Prunkfassade wurde im Dezember 1865 fertiggestellt. Danach nahm Hittorff keine weiteren Aufträge mehr an.

Er reiste im Jahre 1865 nochmals nach Italien, wo er die neuesten Ausgrabungen in Pompeji studierte.

Durch die Entscheidungen des Wiener Kongresses im Jahre 1815 verlor Hittorff seine französische Staatsangehörigkeit wieder und wurde Untertan des preußischen Königs. Er wollte jedoch in Paris bleiben und Karriere machen. Gleichzeitig blieb er aber auch seiner Vaterstadt Köln treu. Dies bezeugen nicht umgesetzte Bauprojekte eines Theaters oder einen Museumsbau. Hier legte er im Jahre 1828 den ersten Entwurf für das heutige Wallraf-Richartz-Museum vor. Des weiteren nahm er auch am gesellschaftlichen Leben seiner Vaterstadt teil, was viele Ehrungen von Kölner Vereinen belegen. Auch vermachte er seinen Besitz seiner Vaterstadt.

Die Freundschaft zwischen Hittorff und Franz Christian Gau, die schon in Kölner Tagen entstand, wurde jedoch durch eine Frau beendet. Beide Männer bemühten sich um die Hand von Rose Élisabeth Lepère, der Tochter des Architekten Jean Baptiste Lepère. Letztlich entschied sich die junge Frau für Hittorff und beide heirateten. Er wohnte zuletzt mit seiner Familie in einem kleinen Haus im Viertel Notre-Dame-de-Lorette, wo er auch starb.

Doch bereitete ihn seine preußische Staatsangehörigkeit bei der Aufnahme in das Institut de France und der damit verbundenen Anerkennung. Seine Bemühungen die französische Staatsbürgerschaft zu erhalten scheiterten mehrmals, obwohl er bereits seit 1810 seine rheinische Heimat verlassen hatte, und so musste er bis zum Jahre 1842 warten. Hier hatte der französische Bürgerkönig Louis Philippe persönlich ein entsprechendes Dekret verfasst.

Somit stand seinem weiteren gesellschaftlichen Aufstieg nichts mehr im Wege. Er wurde Mitglied der Academie des Beaux-Arts und Mitglied der Ehrenlegion. Jakob Ignatz Hittorff war auch Mitglied in der Akademien zu Mailand, Berlin und München, New York, Rio de Janeiro sowie der Sozietät der Altertumsforscher in London.

Hittorff wenn auch vom Gefühl her Franzose, stand im regen Austausch mit seiner Heimat. So zeugt sein umfangreicher Briefwechsel sein Interesse an den Debatten in Deutschland, die er jedoch eher aus seiner französischen Warte heraus betrachtete, war groß.

Interessant an der Persönlichkeit Hittorffs dürfte noch sein, dass er trotz aller politischen Veränderungen, die in Frankreich seit 1810 passierten, stets ein anerkannter Architekt und Künstler war, den auch die Regierungen stets anerkannten. Dies ist sicherlich noch bemerkenswerter, da er ja ein gebürtiger Deutscher war. Dies mag sicherlich auch an seinen Charaktereigenschaften gelegen haben, da er selbst eher neid- und anspruchslos war und zugleich auch die Leistungen seiner Kollegen anerkannte. Er pflegte nicht nur mit Architekten sondern auch mit den Künstlern seiner Zeit persönliche Bekanntschaft.

Als geachteter Architekt war er nicht nur Offizier der Ehrenlegion sondern wurde auch mit dem preußischen Verdienstorden ausgezeichnet. Ebenso erhielt er als einer der wenigen Architekten die große Medaille Königin Viktorias. Er war auch mit der Kommandeursklasse des Roten Adlerordens sowie einigen anderen deutschen Orden ausgezeichnet worden.

Der angesehene Architekt Jakob Ignatz Hittorff starb am 25.03.1867 in seiner Wahlheimat Paris. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof Cimetière de Montmartre.

Heute erinnert im 10. Arrondisseement der französichen Hauptstadt die 66 Meter lange Rue Hittorf – man achte hier auf die falsche Schreibweise des Namens – an den Architekten. Dieser Namensfehler zeiht sich jedoch auch durch einen großen Teil der französischen Fachliteratur. Die Straße wurde am 26.12.1893 umbenannt. Auch im Kölner Stadtteil Riehl erinnert heute die Hittorfstraße, die am 09.01.1896 ihren Namen erhielt.

Werke

  • Architekture antique de la Sicile [mit 100 Kupferstichen], Paris 1826-1830
  • Architecture moderne de la Sicile [mit 77 Kupferstichen], Paris 1826-1835
  • De l’architecture polychrôme chez les Grecs, ou restitution complète du temple d’Empédocles dans l’acropolis de Sélinunte, Paris 1830
  • Les Antiqués inedits de l‘Attique etc., Paris 1832
  • Restitution du temple d’Empédocle à Sélinonte, ou L’architecture polychrome chez les Grecs, 1851
  • On the Arabesques of the Ancients as compared with those of Raphael and his school, 1846

Bauwerke:

  • Théâtre de l’Ambigu, Paris 1827–1828; [1966 abgerissen]
  • Ausschmückung der Avenue des Champs-Élysées von der Place de la Concorde bis zur Place de l'Etoile [heute Place Charles de Gaulle, wo unter Hittorffs Leitung oder nach seinen Entwürfen folgende Werke entstanden]:
    • 1836
      Sockel des Obelisken von Luxor, Place de la Concorde, 1836
    • 1835–1840
      zwei Brunnen auf der Place de la Concorde
    • 1838-1839
      Rotunde des Panoramas [1855 vorübergehend dem neuen Palais de l'Industrie angeschlossen, vor 1857 abgerissen]
    • 1841
      Cirque d’Eté (Sommerzirkus) [zerstört]
      Théâtre Marigny [1881 abgerissen]
      Restaurants Laurent und Ledoyen
      vier Brunnen am Rond-Point des Champs-Elysées
      Gaslaternen, Kandelaber und sonstiges Stadtmobiliar
  • Kirche St-Vincent-de-Paul, Paris 1843–1853 [zusammen mit Jean-Baptiste Lepère]
  • Cirque d’hiver, Paris 1852
  • Entwurf für zwölf Gebäude an der Place de l’Etoile, heute Place Charles de Gaulle, Paris 1857
  • Bürgermeisteramt des 1. Arrondissements, Paris 1858–1860
  • Gare du Nord, Paris 1861–1865

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