Martin Johann Boos

* 25.12.1762 in Weiler Hüttenried
† 29.08.1825 in Sayn

Am Weihnachtstage des Jahres 1762 wurde dem Bauern Andreas Boos und Therese, geborene Kögl, als drittletztes von 16 Kindern der Junge Martin geboren. Nach dem Tode seiner Eltern, im Alter von zehn Jahren wurde Martin Boos Waise, nahm sich sein Onkel Johann Evangelist Kögl des Vollwaisen an. Dieser war Geistlicher Rat in Augsburg und Pfarrer in Göggingen. So besuchte der Junge das St.-Salvator-Gymnasium in Augsburg und anschließend die Universität nach Dillingen.

Sein Lehrer in Dillingen war der nachmalige Bischof von Regensburg Michael Sailer. Boos bemühte sich während seines Studiums fromm zu leben, so schlief jahrelang – selbst im Winter - auf dem Boden statt im seinem Bette. Er geißelte sich oft bis aufs Blut oder gab sein Brot den Armen und fastete lieber. Er beichtete während seiner Studienzeit fast alle acht Tage und betete um Frieden und Heilsgewissheit. Durch seinen Lehrer wurde er mit dem Gedanken der Ökumene vertraut gemacht. Statt nach seiner Priesterweihe im Jahre 1786 sofort eine Pfarrstelle anzutreten studierte der junge Mann die nächsten zwei Jahre noch sehr intensiv in Dillingen.

Erst ab 1788 trat er auch in den seelsorgerischen Dienst. Zunächst trat er eine Stelle als Kaplan in Unterthingen (Kemptner Land) an. Während dieser Tätigkeit besuchte der Kaplan Boos eine kranke Bäuerin zu deren Trost er ihr sagte, dass sie selig sterben würde, weil sie fromm gelebt habe. Diese Frau entgegnete ihm, dass sie die Gewissheit habe, verdammt zu werden, wenn sie auf ihre Frömmigkeit vertraue. Vielmehr wäre sie durch ihre Werke verloren, wenn nicht Jesus Christus für sie gestorben wäre. Der evangelische Heilsweg, durch den er in Berührung kam ließ ihn zur Erkenntnis kommen, »dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben« (Röm. 3,28

Weitere seelsorgerische Stationen im Leben des Pfarrers Boos waren die Stelle eines Stiftskaplans in Kempten und kurze Zeit später als Kanonikus in Grönbach. Dort wurde er unter fadenscheinigen Gründen seines Amtes enthoben. Der eigentliche Grund lag in seiner Predigt zur Rechtfertigung durch den Glauben.

Er streifte zunächst ziellos durch das Land ehe er bei Pfarrer Johann Michael Feneberg (1751-1812) in Seeg Zuflucht fand. Hier beriet er mit jungen, gleichgesinnten Geistlichen über eine mögliche Reform der katholischen Kirche an Haupt und Gliedern. Der Fürstabt von Kempten sorgte dafür, dass Boos eine Anstellung als Kaplan in Wiggensbach fand. Durch eine Predigt löste er eine Allgäuer Erweckungsbewegung aus. Am Neujahrstag 1797 vertrieben seine Gegner ihn aus Wiggenbach. Sein Freund Feneberg schickte ihn einen vertrauensvollen Mann entgegen sodass er wohlbehalten im Pfarrhaus von Seeg Zuflucht fand. Dort hatte er zunächst Ruhe. Als man seinen Aufenthaltsort entdeckte überfiel man in Abwesenheit des Pfarrers dessen Haus und zwang ihn bei seinem Ehrenwort – er war schwer krank – vor dem geistlichen Gericht in Augsburg zu erscheinen. Er stellte sich am 10.02.1797 seinem Richtern und wurde in das Priestergefängnis nach Göggingen überstellt. Am 11.09.1797 erfolgte seine Verurteilung zu einem Jahr Haft. Seine Richter wandelten das Urteil in Stadtarrest um, nachdem er persönlich um eine mildere Strafe bat.

Als Kaplan in Langeneifnach bei Augsburg setzte Pfarrer Boos, trotz strengsten Verbots seinen seelsorgerischen Briefwechsel mit Kaplänen, Pfarrern und vielen anderen fort, bis seine Gegner einen Trostbrief entrissen und dieses dem Bischof vorlegten. Daraufhin lud der Augsburger Bischof den Priester zur Rechtfertigung vor. Boos entschloss sich doch kurzfristig nicht vor dem Bischof zu erscheinen sondern floh nach München, wo er von einem gleichgesinnten Freund über Wochen verborgen wurde. Nun begann eine Flucht von Stadt zu Stadt, von einem Pfarrhaus ins nächste und während seiner Flucht verbreitete er das Evangelium. Seine Ideen verbreitete er auch in Briefen unter dem Decknamen Zobo. Er stellte sich Ende 1798 seinen Richtern und verbrachte den Winter 1798/99 als Stadtarrestant in Augsburg. Der Augsburger Generalvikar riet ihm, dass Land zu verlassen. So fand er im Mai 1799 beim Bischof von Linz - Joseph Anton Gall - freundliche Aufnahme. Dort fand er eine Stelle in Leonding und bald darauf in Waldneukirch und dann in Peuerbach. Dort konnte er unangefochten wirken. Ab dem Jahr 1806 wurde er zum Pfarrer in Gallneukirchen bestellt. Dort durfte er im Jahre 1810 eine große Erweckung erleben. Nach zahlreichen vergeblichen Beschuldigungen wurde er, nach dem Tode Bischofs Galls, am 24.07.1815 seines Amtes enthoben und ins Klostergefängnis der Karmeliter in Linz überstellt. Das erzbischöfliche Ordinariat in Linz ließ ihn wissen, dass man in Wien eine Untersuchung eingeleitet habe, die eine ausschließliche Verwahrung in einem Kloster vorsah. Auch dies schreckte ihm nicht ab, seine Bekehrungstätigkeit fortzusetzen.

Es gelang ihm in nächtlichen Gesprächen zwei junge Mönche zum lebendigen Glauben zu bekehren. Als der Bischof davon erfuhr, ordnete er verschärfte Haft. Beide schickten ihm ein Paket mit einem gebratenen Huhn - und darin versteckt – Tinte, Feder und Papier. An einer starken Schnur ließ er nun seine Briefe am Fenster herunter umso mit seinen Freunden und seinen Anhängern in Verbindung zu bleiben. Da dieses System auf Dauer zu gefährlich wurde, nutzte er kleine Gänge, die Mäuse gegraben hatten, um seine Korrespondenz fortzusetzen. Auf gleichem Wege gelangten auch Nachrichten in seine Zelle. Über seine Gefangenschaft schrieb er später:

Obschon meine Kleider und Schuhe mir in dem feuchten Gefängnis am Leibe verschimmeln und verfaulen, so erhielt mich der Herr doch fast immer gesund. Und wenn ich sterbe und nimmer reden kann, aber noch röchle, so soll noch mein letztes Röcheln sagen: Ich sterbe in dem Glauben, weswegen ich Gefangener bin. Wenn ich tot bin, so sag der Welt, ich lasse sie grüßen und habe ihr weiter kein Kräutlein geben wollen als dieses: daß der Gerechte aus dem Glauben lebe. Das hat mir und andern geholfen. Wenn ihr aber diese Brücke nicht gefalle, so könne sie mit eigenen Füßen durchs Weltmeer waten und zusehen, ob sie nicht ertrinke.

Er blieb bis zum 09.05.1816 in Gefangenschaft, ehe Kaiser Franz I. über sein Schicksal entschied. Der Kaiser verbot ihm die weitere Ausübung seines Priesteramtes in der Diözese Linz. Er gestattete ihm jedoch, Österreich zu verlassen. Zunächst begab er sich in die Nähe von München, wo er bei einem begüterten Freund für eine längere Zeit lebte.

Doch er kam nicht zur Ruhe. Die Konsistorien in Augsburg, Linz und Freising beschuldigten ihn das Haupt des verderblichen Mystizismus zu sein.

Die von ihm und seinen Brüdern ausgelöste »Allgäuer Erweckungsbewegung« breitete sich zunächst in den Diözesen Augsburg und Konstanz aus, später auch nach München, Oberösterreich und nach Brandenburg. Boos, der durch sein heftiges Temperament bei Predigten und öffentlichen Versammlungen oft über das Ziel herausschoss, agierte gegen letztlich gegen die Beschlüsse des Konzils von Trient. Doch letztlich trennte er sich nie von den Glaubensgrundsätzen der Katholischen Kirche.

Im Oktober 1817 wurde Martin Boos von der preußischen Regierung als Professor und Religionslehrer an das Düsseldorfer Gymnasium berufen. Diese Berufung durch die rheinische Provinzialregierung erfolgte jedoch unter der Auflage nicht mehr zu predigen.

Im Juni 1819 wurde Boos von der preußischen Provinzialregierung zum Pfarrer in Sayn berufen. Dies führte zunächst zu Konflikten, da er mehr an Glaubenseifer verlangte als die Gemeinde zu geben bereit war. Erst als er immer kränker wurde, ließ ihn die Gemeinde gewähren insbesondere weil seine Reden zahlreiche Fremde in die Gemeinde lockten. Zudem genoss er das Wohlwollen seines Bischofs sodass Versuche seiner Gegner aus Bayern und Österreich erfolglos blieben.

Martin Boos verstarb am 29.08.1825 in Sayn bei Neuwied an den Folgen einer schweren Lungenentzündung. Seine letzte Ruhe fand der unbeugsame Priester auf dem Friedhof neben der Abteikirche. Nach seinem Tode veröffentlichte sein Freund Johannes Evangelista Goßner seine Selbstbiografie unter dem Titel »Martin Boos, der Prediger der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt«.

Der 29.08. ist der Gedenktag für Martin Joseph Boos im Evangelischen Namenskalender.


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