Ode an die Glieder der Lesegesellschaft zu Bonn, als das Bildnis des Kurfürsten feierlich aufgestellt wurde.

Dem 2. Dezember 1789.

Empor zur Weisheit! Brüder, mit Adlerschwung
Empor zur Tugend! Gießet des Herrschers Blick
Nicht Kraft in eure Sehnen? Lächelt
Kein Maximilian eurem Fluge?

Wer sprach das Wort am Rhenus: »Es werde Licht«?
Wer schlug entzwei die Kette des Vorurtheils?
Wer winkt´, o Wahrheit! Dir? wer schmückte
Unsere Halle mit Fürstengaben?

Drum muthig Brüder! Noch ist der Arbeit viel,
Und viele des Kämpfens. Tausende blicken hin
Auf euer Werk, und sprechen harrend:
Werdet die Lehrer des Vaterlandes!

So blickt nach grausen Nächten der Wanderer
Hinauf zur Sonne, wenn sie mit Purpursam
Den Himmel einfasst. Ha! ich sehe,
Rufest er freudig, und eilt zum Ziele.

Sie aber schreitet höher, und Lichtgewand
Umschließt die Schöpfung. Knopfen entfalten sich
Am Rosenstrauch´; am Hügel reifen
Glühende Trauben, im Thale Aehren.

Was keine Frucht bringt, lohnet der Mühe nicht,
Verdient das Lächeln fürstlicher Lippen nicht,
Ist deiner unwerth, Menschenseele,
Funken der Gottheit, die eweick wirket!

Hervor mit euren Schätzen, dem Eigenthum
Des Vaterlandes, Brüder! Ist Ubien
Genug durchspäht? genug der Vorwelt
Tiefe beleuchtet? genug benützet?

Hat die Natur kein süßes Geheimnis mehr?
Und schweiget ihr am Busen der Wahrheit schon?
Und habet ihr mit losen Gürtel
Hüpfen gesehen die Charitinnen?

Des Wohlstands Quellen – sprudeln sie überall?
Und o! da holde Tochter des Ewigen,
Religion! sind weggetilget
Runzeln, und Schminke von deinem Antlitz?

Euch sprüht vom Auge, Brüder der Thätigkei
Gereizte Flamme: strebendes Pflichtgefühl
Hebt euren Busen: fortzudringen
Seit ihr entschlossen zum großen Ziele.

Empor! empor! – Und werden die Sehnen schlaff,
So schauen wir zum Bilde des Fürsten auf,
Und saugen Kraft aus Deinem Antlitz,
Unser Beschirmer, und unser Muster!


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