Klagelied über den seligen Hintritt des Herrn D. Endemann zu Marburg im Junius 1789.

Seufzet, Kalvins Söhne,
Seufzt ein dumpfes Ach!
Frommes Häuflein, stöhne
Meinen Liede nach!

Todt ist, der euch stüzte,
Todt der Gottesmann,
Der die Kirche schüzte,
Todt ist Endemann.

Denn er wollt erblassen,
Eh Socinus siegt;
Und die Welt verlassen,
Die im Argen liegt.

Heiligen Symbolen
Ward von ihm geglaubt:
Langsam häuft´ er Kohlen
Auf des Kätzers Haupt.

Zeugen sind die Thaten,
Die er jüngst gethan,
Da er sollte rathen:
»Was verdient der Mann;

»Der zum Ziel des Christen
»Nur die Tugend macht,
»Und der Symbolisten
»In der Stille lacht«?

»Ach! der ist verloren,
Schrieb das Kirchenlicht,
»Wär´ er nie gebohren!
»Schwer ist sein Gericht.

»Tilget on der Erde
»Des Verführers Gift!
»Nehmet ihm die Heerde,
»Sperret ihm die Trist«!

Ach! der so geschrieben,
Ach! der ist nicht mehr
Fort von seinen Lieben
Ewig fort ist er.

Ach! wer wird nun lehren,
Wo kein Lehere ist?
Ach! wer wird euch währen,
Winz, und Antichrist?

Wer die Schäflein schirmen
Vor dem Wolf: Vernunft?
Wer bewahr´n vor Stürmen,
Die erwählte Zunft?

Drum, o Kalvins Söhne,
Seufzt ein dumpfes Ach!
Frommen Häuflein stöhne
Meinen Liede nach!

Pflanzt – den Seelenmessen
Laßt ihr doch nicht –
Um sein Grab Cypressen;
Aber pflanzt sie dicht,

Daß in ihren Schatten,
Die kein Stral durchbricht,
Bald sich Eulen gatten,
Ungesört vom Licht.


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