Die Vererbung des Eisernen Kreuzes

Von Chaumount, seinem Hauptquartier, erließ König Friedrich Wilhelm III. am 12.03.1814 folgende Allerhöchste  Kabinetts-Ordre zur Vererbung des Eisernen Kreuzes:

Unter den jetzigen Kriege wegen Tapferkeit und Wohlverhalten Mir namhaft empfohlenen Soldaten Meines Heeres sind viele, die durch Erteilung des Eisernen Kreuzes nicht haben ausgezeichnet werden können. Um auch Ihren Anspruch auf das bleibende Andenken an ihr erworbenes Verdienst nicht ganz verloren gehen zu lassen, setze ich hierdurch fest, dass die Eisernen Kreuze der Soldaten, welche  im Laufe des Krieges vor dem Feinde bleiben, oder mit Tode abgehen, in den Regimentern verbleiben sollen, welche ihres ausgezeichneten Benehmens wegen Mir namhaft empfohlen worden sind, ohne das Kreuz erhalten zu haben. Die Wahl der Würdigsten unter ihnen, auf welche die erledigten Kreuze übergehen, geschieht vom Regiment  oder Batailion, und in der Art, das die Offiziere wieder an Offiziere, die der Soldaten aber an Feldwebel, Unteroffiziere und Gemeine ohne Unterschied des Ranges vergeben werden.

Nur in dem Falle, dass die Regimenter keine Mir für Auszeichnung empfohlene Soldaten mehr haben, welche das Kreuz nicht erhalten haben, werden die durch Todesfälle während des Krieges erledigten Kreuze an die General-Ordens-Commission zurückgesandt. Die Regimenter müssen von dieser Vererbung der Kreuze genaue Listen führen und bei jedesmaliger Veränderung der General-Ordens-Commission mit dem Bemerken, bei welcher Gelegenheit die neuen Empfänger sich ausgezeichnet haben und mir empfohlen worden sind, Anzeige machen. In Beziehung auf die Offiziere erwarte ich diese Anzeige Selbst auf dem vorschriftsmäßigen Wege. Der General-Ordens-Commission trage ich auf, diese Verfügung zur Kenntnis der Militärbehörden zu bringen.

Chaumount, den 12.03.1814

Friedrich Wilhelm

Die Vererbung von Auszeichnungen war in Preussen, wie das gesamte Eiserne Kreuz, auch wieder eine absolute Neuerung. Zum einen wirkte Friedrich Wilhelm III. einer Inflation des Ordenszeichens entgegen.

So wurden im Zeitraum vom 02.04.1813 (Schlacht bei Lüneburg) und dem 30.03.1814 (Einzug in Paris) insgesamt 6.639 Ordenszeichen 2. Klasse verliehen, z.B. wurden für den Einsatz bei Großgörschen 555 Ordenskreuze ausgegeben, für Dennwitz 601 und für die Völkerschlacht von Leipzig wurden 1.301 Soldaten mit der Tapferkeitsauszeichnung dekoriert. Durch die Vererbung wurde der immaterielle Wert der Auszeichnung erhöht, da man sie von einem Helden bekam, und ein weiterer Nebeneffekt war das so zwar die Zahl der Ausgezeichneten anstieg, aber der Staatskasse keine neuen Kosten durch die Herstellung von Kreuzen anfielen.

Die Vererbung des Eisernen Kreuzes führte zu einem ziemlichen Verwaltungsaufwand. So gab es insgesamt 62 (!) Erlasse, die die Verleihung regelten.  Die Verleihungen wurden innerhalb der Einheiten vorgenommen, die ab 1817 Listen aufstellen sollten, mit der Verleihungsreihenfolge festgelegt wurde. Besonders interessant ist hierbei der Fall des Friedrich-Ludwig Jahn. 

Nach einem königlichen Erlass vom 31.03.1817 wurde angewiesen, baldmöglichst innerhalb der Regimenter die Wahl der Erbberechtigten vorzunehmen und auch deren Reihenfolge festzulegen. Ein weiterer Erlass vom 20.06.1822 vereinfachte die Vergaberichtlinien des Eisernen Kreuzes und regelte auch die Vergabe über die Division möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt warn nur Regimenter und Bataillone zur Verleihung berechtigt. Die Wartezeit auf ein Eisernes Kreuz belief sich manchmal auf mehr als 10 Jahre.

Erst am Sylvestertag des Jahres 1834 entschloss sich Friedrich Wilhelm III. zu einer teilweisen Abänderung der Vererbungsregelung. So ordnete er an:

da alle noch im Heer und seinen Abteilungen dienenden Krieger aller Grade, welche 1813 oder früher in Dienst getreten sind und später die Feldzüge 1814/15 mitmachten, unter grundsätzlicher Doppelrechnung der drei Kriegsjahre jetzt 25 Jahre gedient haben, so will ich denen unter Ihnen, welche die Wahlberechtigung zum Eisernen Kreuz haben, dasselbe sogleich verleihen.

Die letzte Beschränkung des Erbrechts wurde am 31.12.1837 aufgehoben, sodass die Erbberechtigten von 1813 sofort das Eiserne Kreuz anlegen durften, die Teilnehmer des Feldzuges von 1814 konnten es ab dem 31.03.1838 tragen und die der Kämpfe von 1815 durften es ab 07.07.1839 tragen. Das Datum des 07.07.1839 markiert auch das Ende eines ungeliebte Verfahrens, da keinesfalls sichergestellt war, dass alle Kämpfer der Befreiungskriege zu ihrer verdienten Auszeichnung gekommen sind.

Unter König Friedrich-Wilhelm IV. kommt es im Jahre 1841 zu der »Seniorenstiftung«. Dazu sah sich der junge König genötigt, da es bei seinem Amtsantritt noch immer zahlreiche Offiziere und Soldaten gab, die auf eine Wiederaufnahme Ihres Verleihverfahrens warteten. So teilte er dem Kriegsministerium im November 1840 mit, das er sich nicht für berechtigt halte, die Verleihungen wieder einzusetzen.


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