Bogislaw Friedrich Emaunel von Tauentzien

* 17.09.1760 in Potsdam
† 20.02.1824 in Berlin

Geboren wurde der spätere preußische General der Befreiungskriege als Sohn des friderizianischen Generals von Tauentzien, der während des Siebenjährigen Krieges die Stadt Breslau verteidigte und Schwednitz einnahm, am 17.09.1760 in Potsdam. Seine Mutter war Johanna Charlotte von der Knesebeck, deren Vater ebenfalls im preußischen Militärdienst stand und unter Friedrich Wilhelm I. das Königsregiment kommandierte.

Am 01.03.1774 trat Bogislaw Friedrich Emaunel von Tauentzien im Alter von gerade einmal 14 Jahren in die Berliner Militärakademie ein und wurde am 01.09.1775 mit dem Patent eines Fahnenjunkers zum Infanterie Regiment Prinz Heinrich Nr. 35 versetzt. Von seinem Regimentschef Prinz Heinrich von Preußen, einem Bruder Friedrich des Großen, wurde Tauentzien zum Adjutanten berufen. Er folgte Prinz Heinrich in den bayerischen Erbfolgekrieg der Jahre 1778 und 1779. Später in den Jahren 1784 und 1788 begleitete der junge Offizier den Prinzen auch auf zwei längere Reisen durch das vorrevolutionäre Frankreich. Nach der Rückkehr von den Reisen blieb er weiterhin am Hofe Heinrichs in Rheinsberg.

Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1791 wurde Tauentzien in den Stab des Königs Friedrich-Wilhelm II. berufen. Bereits im Jahre 1790 wurde er zum Major befördert und mit Patent vom 08.06.1792 verlieh der König den jungen Offizier den Titel eines Grafen. Major Tauentzien begleitete König Friedrich-Wilhelm II. auf den Feldzug gegen Frankreich.

Am 13.12.1792 des gleichen Jahres wurde er mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet. Wenige Woche später am 16.02.1793 folgte seine Beförderung zum Oberstleutnant und Flügeladjutanten des Königs. Es erfolgte seine Versetzung in das österreichische Hauptquartier des Generalfeldzeugmeisters Clerfait.

Am 08.01.1794 erfolgte die nächste Versetzung des Oberstleutnants von Tauentzien. Er trat die Nachfolge des Grafen von der Goltz an, der sich als Gesandter und außerordentlicher Minister am Hofe zu St. Petersburg aufhielt. Er kehrte von dieser wichtigen Mission nach dem Amtsantritt Pauls nach Preußen zurück. Seine Abberufung erfolgte am 03.05.1797.

Als er zurück in Preußen war. trat er wieder in die königliche Suite ein. Der Berliner Hof lehnte eine Bitte des russischen Hofes ab, Tauentzien erneut als Gesandten nach Russland zu senden.

Im Herbst des Jahres 1804 trat Generalmajor Tauentzien, die Beförderung erfolgte bereits am 04.06.1801, wieder in den aktiven Truppendienst ein und wurde zum Chef des Infanterie Regiments Nr. 56 in Ansbach ernannt. In Ansbach widmete er sich der Ausbildung seiner Offiziere in militärwissenschaftlicher und geselliger Hinsicht. Sein Schwerpunkt galt der Kleinkriegsführung, die in der damaligen Zeit wenig ausgeprägt war. Doch bereits im Jahre 1805 wurde diese Ruhe durch den Durch- und Einmarsch des französischen Marschalls Bernadotte beendet. Der preußische General verhielt sich während des französischen Durch- und Einmarsches gemäßigt und handelte im Sinne des kleinen fränkisch-preußischen Territoriums besonnen. Dies war sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass dem General nicht die Mittel zur Verfügung standen, der Neutralitätsverletzung entschieden entgegenzutreten.

Während der Mobilmachung des Jahres 1805 unterstand das Infanterie Regiment Nr. 56 dem Armeekorps des Generals von Blücher. Nach dem Friedensschluss von Preßburg übernahm Tauentzien kurzzeitig das Kommando. Im Frühjahr 1805 wurde er mit dem Roten Adler-Orden ausgezeichnet. Über den frühen Tauentzien urteilte Reiche später:

Tauentzien, in der großen Welt aufgewachsen, vor 1806 fast nur Hofmann und Diplomat, hat sich rasch das Vertrauen seiner Untergebenen erworben, ritterlich, mit Leib und Seele Soldat, war 1805 sehr entschieden aufgetreten

Bei Kriegsausbruch 1806 befehligte der verdiente Truppenoffizier ein vorgeschobenes Beobachtungskorps, bestehend aus 8 Bataillonen und 9 Schwadronen bei Hof. Der anrückende Marschall Soult nötigte ihn, sich von Hof in Richtung Schleiz zurückzuziehen. In Schleiz wurde sein Truppenverband von Marschall Bernadotte angegriffen und zurückgedrängt. Als Ursache für die preußische Niederlage bei Schleiz waren un missverständliche Befehle des Generals Tauentzien. So zog man sich auf Jena zurück, wo er am 11.10.1806 das Kommando über alle Vortruppen des Hohenloheischen Armeekorps übertragen bekam. Im Gefecht von Jena standen Tauentzien Truppen als Erste gegen den angreifenden Feind. Man konnte diesen Angriff nicht standhalten und auch das erneute Sammeln bei Vierzehnheiligen konnte die Niederlage bei Jena nicht verhindern.

Durch die Kapitulation von Prenzlau am 28.10.1806 geriet auch Tauentzien in französische Gefangenschaft. Er wurde auf sein Ehrenwort nach Berlin-Charlottenburg entlassen. Da er durch seine Amtsführung in Ansbach-Bayreuth das Missfallen Kaiser Napoléons erregt hatte, wurde er ohne Gerichtsprozess und ohne Anklage am 23.12.1806 in die Festung Bitsch gebracht und inhaftiert. Erst im April des folgenden Jahres wurde er gegen einen französischen General ausgetauscht. In Posen, wo der Austausch erfolgen sollte, wurde ihm mitgeteilt, dass dieses nicht geschehe und er erneut Gefangener des Kaisers wurde. Während seiner Gefangenschaft wurde er noch am 04.05.1807 vom preußischen König zum Generalleutnant befördert. Doch seine Gefangenschaft endete erst nach 16 Monaten im November 1808.

König Friedrich-Wilhelm III. bezog ihn in die Neuorganisation des Heeres ein und betraute Tauentzien mit dem Kommando der Brandenburgischen Brigade in Berlin. Doch vorab nahm er noch an der Reise des preußischen Hofes zu Zar Alexander I. nach Sankt Petersburg teil. Im Februar übernahm er endlich dann das Kommando über seine Truppen in Berlin.

Tauentzien war in dieser Zeit auch Vorgesetzter des Majors Ferdinand von Schill, der Ende April 1809 zu seinem Zug nach Norddeutschland aufbrach. In Berlin ging man davon aus, das diese Aktion nicht alleine auf dessen Initiative heraus entstanden ist, sondern mindestens auch seine Vorgesetzten Kenntnis gehabt hätten müssten und dieses hätten verhindern müssen. So wurde Tauentzien durch General Stutterheim abgelöst und eine strenge Untersuchung anberaumt.

Neben Tauentzien wurden auch der Gouverneur L‘Estocq und der Kommandant Chasôt ihrer Posten enthoben. In der Kabinettsordre vom 21.07.1809 wurde Tauentzien wieder auf seinen Posten eingesetzt, da ihm als Brigadechef in keiner Weise ein Vorwurf gemacht werden könne. Er behielt seine Stellung bis zum Jahre 1811 und wurde nach dem Ausscheiden Generals Blüchers, der auf eigenen Wunsch keinen aktiven Dienst mehr leisten wollte, Gouverneur in Pommern.

Als im Frühjahr 1813 der Krieg gegen Frankreich ausbrach, erhoffte sich Tauentzien - auch durch die Fürsprache Zar Alexanders - das Kommando über die preußische Armeekorps zu erhalten. Jedoch galt er bei den Beratern des Königs als nicht geeignet. Er war gegen die Neuerungen der Militärreformer um Gneisenau und Scharnhorst. Außerdem wurde ihm ein Hang zur Gemächlichkeit und Wohlleben attestiert. Da Scharnhorst ihm selbst nicht viel zutraute, sorgte er dafür, das Tauentzien einen tüchtigen Generalstabschef in der Person des Majors Rottenburg beigegeben wurde, der auf Tauentzien großen Einfluss ausüben konnte.

So erfolgte am 05.03.1813 seine Ernennung zum Militärgouverneur der Lande zwischen Weichsel und Oder mit Ausnahme der Provinz Schlesien und man übertrug ihm die Aufgabe Stettin zu blockieren. Seiner Bitte auf ein Feldkommando wurde erst im Sommer des Jahres erfüllt. Am 18.07.1813 wurde ihm das Kommando über das neu gebildete IV. Armeekorps übertragen. Er erhielt den Auftrag, je nach militärischer Situation entweder mit der Nordarmee und Karl Johann von Schweden, dem ehemaligen Gegner Marschall Bernadotte, oder der schlesischen Armee unter Marschall Blücher vorzugehen und die Festungen an Oder und Elbe einzuschließen. Für diese Aufgaben standen in überwiegend Landwehr-Regimenter zur Verfügung, die aus 30.169 Mann Infanterie, 2.789 Reitern und 43 Geschützen bestanden. Die Ausbildung, Bewaffnung und Ausrüstung seiner Truppe war mangelhaft, jedoch waren sie vom patriotischen Geist beflügelt. Sie banden die Truppen Bertrands und trugen so ihren Teil zum Sieg der verbündeten bei Dennewitz am folgenden Tag bei.

Am 20.08.1813 versammelte sich das IV. Armeekorps bei Berlin und marschierte von hier aus unverzüglich zu seiner Aufstellung nach Blankenfelde. Dort wehrten sie am 22.08.1813 den Angriff der auf Berlin marschierenden Franzosen ab. Er marschierte nun nach Sachsen und nahm am 28.08.1813 Luckau durch die Division Wobeser ein. Da der schwedische Kronprinz Karl Johann Tauentzien größten Handlungsspielraum und Selbstständigkeit gewährt hatte, wandte er sich der schlesischen Armee zu. Dies wurde jedoch durch Befehle, die er befolgen musste vereitelt und er vereinigte sich am 04.09.1813 wieder mit der Nordarmee. Nachdem er von einer gemeinsamen Besprechung mit Bülow und den Kronprinzen in seine Stellungen zurückritt, wäre er fast in französische Gefangenschaft geraten. Durch einen Angriff auf sein Korps wurde dieses nach Jüterburg zurückgedrängt. Dort erreichte er es nur wenige Stunden vor einem erneuten Angriff der Franzosen, die damit die Schlacht von Dennewitz eröffneten und durch sein standhaftes Halten konnte er Bülow entlasten, der einen Sieg bei Dennewitz errang. Als gegen Mittag seine Lage kritisch wurde und seine Offiziere auf Rückzug drängten, sagte der General:

Wenn ein kommandierender General einen anderen ein Versprechen gibt, so darf man nicht daran zweifeln und ich werde eher mit meinem ganzen Korps auf dem Platze liegen bleiben ehe ich einen einzigen Schritt weiche.

Nach dem Gefecht von Dennewitz wollte er sich erneut von der Nordarmee lösen und der Schlesischen Armee unter Blücher anschließen um seinen Tatendrang zu stillen. Doch Kronprinz Karl Johann witterte diesen Plan und befahl Tauentzien am 29.09.1813 in einer Weise an sich heran, das er diesen Befehl nicht umgehen konnte. Anfang Oktober überschritt er in der Nähe von Dessau die Elbe und sicherte die Elbbrücken und deckte weiterhin Berlin. Als ihm die Nachricht erreichte, das Kaiser Napoléon selbst mit 30.000 Mann von Wittenberg mit dem Ziel Berlin aufgebrochen sei, entschloss er sich selbstständig auf Wittenberg zu marschieren. Er wollte so die Hauptstadt Preußens schützen. Diese Entscheidung brachte ihm harsche Kritik ein. So beurteilte Gneisenau diese rückwärtige Bewegung Tauentziens als eine schmähliche Flucht, während die anderen verbündeten Heere auf dem Vormarsch in Richtung Leipzig waren.

In der Nacht vom 15. auf den 16.10.1813 erreichte er mit seinen Truppen Berlin. Sie marschierten jedoch schon einige Tage später zur Elbe zurück und erhielten die Aufgabe, die Festungen an diesen Fluss einzunehmen. Am 26.12.1813 kapitulierte die schon länger von Tauentziens Truppen eingeschlossene Festung Torgau.

In der Nacht vom 12. Auf den 13.01.1814 erstürmten seine Truppen die französisch besetzte Festung Wittenberg an der Elbe. Hierfür wurde ihm das Ehrenprädikat »von Wittenberg« sowie eine Wappenvermehrung zuteil und wenige Tage später erhielt er das Großkreuz des Eisernen Kreuzes für seine militärischen Leistungen. Doch in Wirklichkeit nahm Generalleutnant Leopold Wilhelm von Dobschütz die Stadt und die Festung Wittenberg allein ein. Der General von Tauentzien befand sich zu jener Zeit in Kemberg. In der Folge wurde Generalleutnant von Dobschütz wurde später Gouverneur von Dresden.

Seine nächste Aufgabe war die Eroberung des schon länger eingeschlossenen Magdeburgs. Es kam zu Verzögerungen bei der Übergabe, da der französische Gouverneur Lemarrois selbst dann verweigerte, als König Louis XVIII.- der inzwischen die Regierung in Paris übernommen hatte - dieses anordnete. So konnte Tauentzien erst am 24.05.1814 in die Stadt einziehen. Nach der Besetzung Magdeburgs folgte er seinen Truppen, die zum Teil schon nach Hessen und Westfalen abgerückt waren.

Für seine Verdienste im Befreiungskrieg wurde er am 03.12.1813 zum General der Infanterie befördert und für die Einnahme der Festung Wittenberg wurde er mit dem Großkreuz des Eisernen Kreuzes und den Ehrennamen »von Wittenberg« ausgezeichnet. Dem General wurde auch eine Dotation in Aussicht gestellt.

Nach dem Friedensschluss von Paris kehrte er nach Berlin in die Garnison zurück und am 07.08.1814 wurde er zum Generalkommandeur in den Marken rechts der Elbe und in Pommern ernannt. Am Feldzuge des Jahres 1815 nahm er nicht teil. Er wurde beim Beginn des Krieges mit dem Kommando des VI. Armeekorps betraut, das er bei Erfurt und Minden sammelte und nach Frankreich führte. Als er in Frankreich eintraf waren die Kampfhandlungen bereits beendet. Im Oktober 1815 trat er von der Bretagne aus den Rückmarsch in die Heimat an. Am 03.10.1814 wurde er erneut mit seinen alten Aufgaben als Gouverneur der Marken und Pommerns betraut. Sein Dienstsitz wurde Berlin. Diese Stelle wurde unter Beschränkung des Amtsbereichs in den Amtsbereich eines Kommandierenden Generals des III. Armeekorps umgewandelt.

Im Jahre 1820 führte er nochmals zwei diplomatische Missionen für den preußischen König durch. So reiste er nach London um die preußische Teilnahme am Tode König Georg III. zu übermitteln. Nach der Ermordung des Duc du Berry reiste er mit dem gleichen Auftrag in die französische Hauptstadt.

Nach den Herbstmanövern des Jahres 1823 wurde Tauentzien zum Chef des Infanterie Regiments Nr. 20 ernannt, das ab dem 27.01.1889 die offizielle Bezeichnung »Infanterie-Regiment Graf Tauentzien von Wittenberg (3. brandenburgisches) Nr. 20« führen sollte.

Der preußische General war in erster Ehe mit Karoline Isabella von Marschall verheiratet, die jedoch im Jahre 1785 verstarb. Am 27.09.1787 heiratete er in Berlin Luise Friederike Juliane von Arnstedt (1760-1840). Aus dieser Ehe stammten drei Töchter und der Sohn Friedrich Heinrich Bogislav (1789-1854), der wie sein Vater General in der preußischen Armee wurde.

Bogislaw Friedrich Emanuel von Tauentzien starb am 20.02.1824 in Berlin. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Invalidenfriedhof zu Berlin. Schinkel wurde beauftragt das Grabmal anzufertigen. Da die Witwe jedoch die kostspieligen Entwürfe nicht bezahlen konnte, bewilligte der König eine schlichte gusseiserne Grabplatte mit goldenen Lettern.

Er war zweimal verheiratet. Nach dem Tode seines Sohnes erlosch auch der Zweig des Geschlechtes Tauentzien.


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