August Immanuel Bekker
* 21.05.1785 in Berlin
† 07.06.1871 in Berlin
August Emmaunel Bekker, so sein Taufname, wurde am 21.05.1785 in Berlin geboren. Er entstammte einer Handwerksfamilie, der Vater war Schlosser. Seine erste Schulausbildung erhielt er im Gymnasium Zum Grauen Kloster. Seine Lehrer waren Heimdorf und Spalding.
Gegen den Willen des Vaters studierte der junge Bekker ab 1803 in der Universität Halle Philologie. An der Universität Halle war Friedrich August Wolf, Begründer der Altertumswissenschaften, sein Lehrer. Schon früh erkannte er die Anlagen des jungen Mannes. Bekker galt später als sein bedeutendster Schüler.
Schon zu dieser Zeit traten seine Fähigkeiten auf, die ihn zu einem großen Kritiker gemacht hatten. Er verfügte über eisernen Fleiß und eine Beobachtungsgabe, die nüchterne Besonnenheit seines Urteils. Diese beeindruckten auch seinen Lehrer, der ihn daraufhin unbedingtes Vertrauen schenkte und ihm nach allen Möglichkeiten förderte.
Im Jahre 1806 erwarb Emmanuel Bekker, der jetzt den Gelehrtennamen August Immauel Bekker annahm, den Grad eines Doktors der Philosophie. Kurz danach wurde er, auf Grund der Unterstützung Wolfs, zum Inspektor des philologischen Seminars ernannt. Aus dieser Tätigkeit floss ihm ein Gehalt von 100 Thalern zu, weiterhin besserte er sein Einkommen durch Privatunterricht und Rezensionen in der »Jenaer Literaturzeitung« auf. Eine elterliche Unterstützung blieb aus. So erschien im Jahre 1806 noch die Rezension der »Ilias« von Heyne.
Nach der preußischen Niederlage von 1806/07 wurde Halle dem neu entstandenen Königreich Westphalen zugeschlagen. Der Philosoph Schleiermacher vermittelte ihm eine Anstellung als Hauslehrer in Lanke bei Bernau. In dieser ländlichen Abgeschiedenheit verfasste der junge Philologe seine wohl berühmteste Rezension zu Wolfs Homer. In dieser Rezension legte Bekker die Grundprinzipien einer Textrezension zu Homers Gedichten vor.
Im Jahre 1810 erhielt er auf Vorschlag seines ehemaligen Lehrers, der ihn immer noch sehr wohl gesonnen war, eine Professur an der neu gegründeten Universität zu Berlin. Kurz nachdem er diese Stelle angetreten hatte, erhielt er die Mittel für eine wissenschaftliche Reise nach Paris, die er im Mai 1810 antrat und bis Ende 1813 blieb. In jener Zeit verglich er griechische Handschriften und fertigte Abschriften derselben an.
Im Jahre 1815 wurde er, inzwischen Mitglied der Berliner Akademie, erneut nach Paris gesandt, diesmal hatte er den Auftrag bei der Rückforderung der durch napoleonische Truppen aus Deutschland geraubten Handschriften mitzuwirken. Für die geplante Herausgabe eines »Corpus inscriptionum Graecarum« den Nachlass des Archäologen Fourmont (1683-1745) auszuwerten. Ein weiteres Projekt der Berliner Akademie der Wissenschaften verhalf ihm zu einem ausgedehnten Besuch in den berühmten Bibliotheken Europas. So besuchte er für die Erstellung einer kritischen Ausgabe des Aristoteles und seiner Scholiasten Südeuropa, Frankreich und Italien. So verweilte er von 1817 an für 3 ½ Jahre in Italien, besuchte im Herbst 1819 zum dritten Mal die französische Hauptstadt und begab sich im folgenden Jahr nach Oxford, Cambridge und London. Zum Abschluss seiner Forschungsreise besuchte er noch Leyden in den Niederlanden und Heidelberg.
Schon während seiner Studentenzeit hat sich Bekker seiner Lebensaufgabe verschrieben: ein großes griechisches Lexikon zu schaffen und zu bearbeiten, doch schnell erkannte er das zunächst kritische Texte vorhanden sein müssten. Doch bot das auf seinen Forschungsreisen gesammelte Material so viel Potenzial, dass sein ursprünglicher Lebensplan nicht zur Ausführung kam. Mit großem Fleiß verglich Bekker an die 400 Handschriften verschiedenster griechischer Schriftsteller die alle durch seltene Korrektheit und einer übereinstimmenden Interpunktion auszeichneten. So konnte manche damals dunkle Stelle aufgeklärt werden. Er gab an die 140 verschiedenen Handschriften heraus. Er selbst unterschied schon in Rezensionen oder Relognitionen.
Er war auch an einem weiteren Großprojekt der Berliner Akademie beteiligt: »Corpus scriptorum historiae Byzantinae«. Er steuerte nicht weniger als 25 Bände – die Hälfte der Gesamtausgabe – durch seine Bearbeitung bei. Bekker war der erste der auf umfassende Weise korrekte griechische Texte auf diplomatischer Grundlage hergestellt hat und somit alle vor seiner Bearbeitung entstandenen Texte unbrauchbar wurden. Er legte damit den Grundstein für das Studium der griechischen Grammatik und Lexikografie. Schon früh fand er mit seinem sicheren Blick das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden konnte. Aber er zeigte auch das richtige Maß wie ein kritischer Apparat mitzuteilen ist, dies hatte auch für spätere Generationen eine Vorbildfunktion.
In der Nachlese seiner Forschungsreise sollte er sich nochmals 1839 nach Italien begeben. Bekker war eher jemand der sich in der Welt der Sprachen daheim fühlte, doch neigte er selten zum Sprechen. So konnte er keine wirksame Tätigkeit als Lehrer entfalten. So gab er regelmäßig einen Kurs von exegetischen Kollegien über einige Reden des Aeschines und Isokrates und über die Reden bei Thukydides. Schon durch diese sehr enge Themenwahl wird deutlich, dass er nicht interessiert war Zuhörer zu gewinnen. Zudem war seine Vortragsweise wenig einladend, doch wer sich darauf einließ rühmten dass man bei ihm viel lernen konnte. Auch konnte er die feinsten Bemerkungen im trockensten Tone, oft aussetzend und sich gleichsam zum sprechend zwingend, ausschütten. So ließ sich Friedrich Schleiermacher zu der Äußerung hinreißen, dass Bekker in sieben Sprachen schweigen könne.
Noch heute erinnert die Bekker-Zahl, womit noch heute die Gesamtausgabe Aristoteles zitiert wird. Sein Sohn war der angesehene Jurist Ernst Immanuel Bekker (1827-1916).
Bekker starb am 07.06.1871 in seiner Vaterstadt Berlin.