Der Sonnenaufgang im Winter.

1783.

        Sonne komm hervor!
        Sonne steig’ empor!
    Sieh’, es neiget
    Sich der Tanne Wipfel!
        Sieh’ es beuget,
    Halb im Schnee versteckt,
    Halb im Morgenroth entdeckt,
    Jedes Hälmchen seine Spitze dir!

Leise schwebt, wie nur der Geist empfindet,
    Hauch der Liebe ungesehen,
        Wie ein Kind der Mutter Arm umwindet,
Auf den kleinsten Hälmchen deines Athems Wehen!
    Und es steigt empor zu Himmelshöhen
    Leise das Erhaltungsflehen
        Aller Creatur,
        Und von der erstarrten Flur
    Das Dankopfer der Natur!

    Halb gesehn, und halb verschwunden,
        Neigt, nach still durchwallten Stunden,
    Cynthia ihr mattes Haupt;
        Schön mit Rosen ihre Stirn’ umwunden,
    Früh’ Aurorens Kranz geraubt.

    Fliege schnell, wie sanfter Liebe Sehnen,
        Morgenroth! zum besten Vater hin;
            Hin zur stillen Ruhestätte,
            Wo, nach innigem Gebete,
    Frohe Träume seine Stirn’ umziehn!

    Und mit leisem, liebevollem Säuseln,
Wie dem Abendhauch sich Bäche kräuseln,
    Sag’ ihm mit der Liebe Laut: Daß seine
    Fern von ihm getrennte Tochter weine,
    Daß sie nicht den heitern Morgengruß
    Heut empfängt, und ihres Vaters Kuß.


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