Das brennende Geld

Drei Bauern kamen eine Herbstnacht oder vielmehr früh, als es mehrgegen den Morgen ging, von einer Hochzeit aus dem Kirchdorf Lanckengeritten. Sie waren Nachbarn, die in einem Dorfe wohnten, und rittendes Weges miteinander nach Hause. Als sie nun aus einem Walde kamen,sahen sie an einem kleinen Busche auf dem Felde ein großes Feuer, dasbald wie ein glühender Herd voll Kohlen glimmte, bald wieder inhellen Flammen aufloderte. Sie hielten still und verwunderten sich,was das sein möge, und meinten endlich, es seien wohl Hirten undSchäfer, die es gegen die Nachtkälte angezündet hätten. Da fielihnen aber wieder ein, daß es am Schlusse Novembers war, und daß indieser Jahreszeit keine Hirten und Schäfer im Felde zu sein pflegen.Da sprach der jüngste von den dreien, ein frecher Gesell: "Nachbarn,hört! Da brennt unser Glück! Und seid still und lasset unshinreiten und jeden seine Taschen mit Kohlen füllen; dann haben wirfür all unser Leben genug und können den Grafen fragen, was er fürsein Schloß haben will." Der älteste aber sprach: "Behüte Gott, daßich in dieser späten Zeit aus dem Wege reiten sollte! Ich kenne denReiter zu gut, der da ruft: Hoho! Hallo! Halt den Mittelweg!" Derzweite hatte auch keine Lust. Der jüngste aber ritt hin, und wassein Pferd auch schnob und sich wehrte und bäumte, er brachte es andas Feuer, sprang ab und füllte sich die Taschen mit Kohlen. Dieandern beiden hatte die Angst ergriffen, und sie waren im sausendenGalopp davongejagt, und er ließ sie auch ausreißen und holte siedicht vor Vilmnitz wieder ein. Sie ritten nun noch ein Stündchenmiteinander und kamen schweigend in ihrem Dorfe an, und keiner konnteein Wort sprechen. Die Pferde waren aber schneeweiß von Schaum, sohatten sie sich abgelaufen und abgeängstigt. Dem Bauer war auchungefähr so zumute gewesen, als habe der Feind ihn schon beim Schopferfaßt gehabt. Es brach der helle, lichte Morgen an, als sie zuHause kamen. Sie wollten nun sehen, was jener gefangen habe, dennseine Taschen hingen ihm schwer genug hinab, so schwer, als seien sievoll der gewichtigsten Dukaten. Er langte hinein, aber au weh! erbrachte nichts als tote Mäuse an den Tag. Die andern beiden Bauernlachten und sprachen: "Da hast du deine ganze Teufelsbescherung! Diewar der Angst wahrhaftig nicht wert!" Vor den Mäusen aber schaudertensie zusammen, versprachen ihrem Gesellen jedoch, keinem Menschen einSterbenswort von dem Abenteuer zu sagen.

Man hätte denken sollen, dieser Bauer mit den toten Mäusen habe nunfür immer genug gehabt; aber er hat noch weiter gegrübelt über denHaufen brennender Kohlen und bei sich gesprochen: "Hättest du nur einpaar Körnlein Salz in der Tasche gehabt und geschwind auf die Kohlenstreuen können, so hätte der Schatz wohl oben bleiben müssen undnicht weggleiten können." Und er hat die nächste Nacht wiederausreiten müssen mit großem Schauder und Grauen, aber er hat es dochnicht lassen können; denn die Begier nach Geld war mächtiger als dieFurcht. Und er hat es wieder brennen sehen genau an der gestrigenStelle; bei Tage aber war da nichts zu sehen, sondern sie wargrasgrün. Und er ist hingeritten und hat das Salz hineingestreuetund seine Taschen voll Kohlen gerafft, und so ist er im sausendenGalopp nach Hause gejagt und hat sich gehütet, daß er einen Laut vonsich gegeben noch jemand begegnet ist; denn dann ist es nicht richtig.Aber er hat doch nichts als Kohlen in der Tasche gehabt und einpaar Schillinge, die von den Kohlen geschwärzt waren. Da hat er sichköniglich gefreut, als sei dies der Anfang des Glückes und dasHandgeld, das die Geister ihm gegeben haben. Er mochte aber die paarlosen Schillinge von ungefähr in der Tasche gehabt haben, als erausritt. Und die Schillinge haben dem armen Mann, der sonst einfleißiger, ordentlicher Bauer war, keine Rast noch Ruhe mehr gelassen;jede Nacht, die Gott werden ließ, hat er ausreiten müssen und seinebesten Pferde dabei tot geritten. Man hat es aber nicht gemerkt, daßer Schätze gefunden hat, sondern seine Wirtschaft hat von Jahr zuJahr abgenommen, und endlich ist er auf einer Nachtfahrt gar einmalverschwunden. Und man hat von ihm und von seinem Pferde nie etwaswieder gesehen; seinen Hut aber haben die Leute in dem Schmachter Seegefunden. Da muß der böse Feind ihn als Irrlicht hineingelockt haben;denn er braucht solche Künste gegen die, welche sich mit ihmeinlassen und ihn suchen.


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