Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung

Frankreich

Hoch brüstete sich Gallien, noch vor wenigen Jahren, mit der Freiheit, diesem ersten Kleinode des Menschengeschlechts. Sich dasselbe auf immer zu sichern, sah es gelassen zu, dass man seinen König, den schmählichsten Tod zum Opfer brachte, ihm seine Gemahlin und Schwester auf eben diesem Wege nachschickte und was sich noch von Ludwigs Familie mit dem Leben rettete, in ewiges Exil verwies. Was mochte wohl der größte Teil der französischen Nation, getäuscht vom Schalle des Wortes Freiheit, sich dabei anders denken als Ungebundenheit an Gesetze und Entledigung von allen Abgaben? Von diesem Freiheitstaumel berauscht, fühlte sie sogar die grausame Geisel nicht, die Robespierre, Marat und andere as ihrem Bunde, mit eiserner Hand über sie schwungen; ja ein süßer Traum brachte ihr den Gedanken bei, dass das Land der Freiheit nur mit unschuldig vergossen Bürgerblut fruchtbar gemacht werden könne. Daher die schaudererregenden Auftritte in Lyon, Marseille, Paris, keine weiteren Bewegungen unter den Einwohnern dieses Reiches veranlassten. So erwachte dann der Gallier nicht aus seinem Freiheitsschwindel, den er vielmehr in alle, Frankreich benachbarte Länder, übertrug und dort als einen Baum der allerkostbarsten Art, fortzupflanzen, jede Mühe und Kunst aufbot. Ein wahrer Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Lieblich anzusehen, tödlich beim Genuss seiner Früchte. Den französischen Volksrepräsentanten gelang es mehrere Jahre hindurch, den lüsternen Freiheitsblick der Nation auf diesen Baum zu lenken und kaum hatte Bonaparte der Regierung in Frankreich, nach seiner Rückkunft aus Ägypten, eine andere Gestalt gegeben, als seine Einsicht klar einleuchtete, das Sprache von Freiheit der bequemste Vorhang sei, hinter welchem er die zu seiner Absicht nötigen Rollen unbemerkt teilen und für Frankreich Fesseln schmieden könne. Bald wusste sich dieser Vulkan soviel Zyklopen als sein großes Unternehmen erforderte, zu verschaffen. Lauter Jubel begleitete die Hammerstreiche, wodurch nach den Wahne der Franzosen, in dieser Burranischen Werkstätte für fremde Reiche die Ketten bereitet werden sollten. Die erste wurde für Frankreich selbst fertig und Vulkan Napoleon, wusste sie der Nation mit so viel Geschmeidigkeit anzulegen, dass dieselbe jetzt noch für ein Gängelband angesehen wird, womit man den französischen Staat, wie einem noch schwachem Kind auf die Beine helfen wolle. Helle Köpfe, die der Sache auf den Grund zu sehen gewohnt sind, lassen sich von dergleichen Blendwerk nicht täuschen. Diese, wenn auch sie bei obigen Gleichnis stehen bleiben, sagen: Napoleon, der jetzo den französischen Staat nach Willkür leitet, ist mit der Armee zu vergleichen, welche, indem sie ein königliches Kind gängelt, sich im größten Aufputz zeigt und dadurch Jedermanns Blick an sich zu locken sucht; einer Armee, die das Kind, unter dem Vorwand, es Gehen zu lernen, ermüdet oder durch übertriebenes Hin- und Herführen endlich gar lähmet. Welch ein hetepodorer Vergleich! So höre ich viele sich erklären, wie kann der auf Napoleon passen, den neuen Schöpfer der großen französischen Monarchie? Sind es nicht seine Anstrengungen, seine Siege und Heldentaten, die ihm das Vertrauen der jetzt seinen Zepter gehorchenden Nation erwarben? Konnte Frankreich den Sieger bei Marengo, verkennen, und seine Verdienste um den Staat, unbelohnt lassen. Wer half der Verwirrung, worin die neue Republik dem Untergang nicht war, ab? Ist der nicht Napoleon? Wer brachte die für Frankreich so äußerst vorteilhaften Friedenstraktate zu Lunnéville und Amiens zu Stande? Wer sonst, als Bonaparte? Wer hat die Zügel von Holland, Schweiz, Italien in seiner Hand? Napoleon! Wer hat den ganzen Neptunischen Albion je mit größeren Gefahren gebracht, als eben dieser Unüberwindliche? Diese Frage ließen sich mit vielen anderen vermehren und zu Entscheidungsgründen in der vorliegenden Sache anwenden? Wir leugnen jedoch, das hieraus sich mehr denn dieses schließen lasse: Bonaparte ist einer der seltensten Menschen in der alten und neuen Geschichte, der die Blößen seiner Gegner mit Vorteil benutzte und deswegen manches Wageglück glücklich bestand. Zu wenig für Napoleon den Unvergleichlichen, dünkt uns selbst das Urteil unzähliger Deutscher zu sein. Diese bitten wir aber zu erwägen, dass man hier nicht über den Charakter des jetzigen Beherrschers der Franzosen abzustimmen gedenke, sondern bloß sein Betragen seit dem Antritt des Oberkonsulats, nebst dessen Einfluss auf Deutschland im Gesicht habe. Weltkundig ist es, das Napoleon von ersten Augenblick seiner konsularischen Regierung an, Frankreichs ganze Macht in sich zu vereinigen suchte. Was nur immer von Befehlen, Verordnungen und neuen Einrichtungen ausging, war mit seinem Namen gestempelt. Die wichtigsten Geschäfte und Ehrenstellen wurden seinen Brüdern übertragen. Wenige Monate vergingen und Napoleon lebte im königlichen Hofstaat. Der Sorge, diese Glückseeligkeiten nach Umlauf der konstitunellen Frist, an andere abtreten zu müssen, wusst er sich bald durch das immerwährende Konsulat zu entledigen. Dadurch nicht völlig beruhigt, macht er die Einleitung, dass ihm auch die Vollmacht zu Ernennung eines Nachfolgers zugestanden wurde. Jetzt stand er am Ziel seiner Wünsche. Die große Pforte durfte nur aufgehen und der Oberkonsul zog als Kaiser ein. Er fand den Schlüssel dazu mit leichter Mühe. Der französische Staatsrat war aus Männern zusammengesetzt, deren Barometer mit dem des Napoleons stieg und fiel. Ohr und Herz des Volks wurde indessen durch den stolzen Namen der großen Nation so aufgeblasen, dass man darüber den gang der Regierung weiter nachzuspüren vergaß. Napoleon wusste noch mehr zu tun. Er fand in der sogenannten Verschwörung eines Georges, Pichegru und ihres Anhangs, ein höchstbequemenes Mittel, sich der Nation noch wichtiger, ja ganz unentbehrlich zu machen. Zugleich fand er die erwünschte Gelegenheit den bedeutendsten Mann in Frankreich, den Allverehrten Moreau, von seiner Seite zu schaffen. Die größte Macht, und mit ihr die Aufmerksamkeit von ganz Frankreich, wurde nun nach Boulogne gezogen und London das Karthago, welches man zerstören müsse, genannt. Schon sahen die Franzosen laute Englische Guineen im Umlauf. Indessen unterblieb die so sehnlich gewünschte, so mächtig vorbereitete, so sicher ausposaunte Landung, von einer Woche, Monat und Jahre, auf das andere. Einen Napoleon kam jedoch die Entfernung der größten Macht von seiner Hauptstadt, trefflich zu statten. Bei dieser Gelegenheit reisete er ab und zu, lernte diejenigen so ihm ergeben waren, genauer kennen und er durfte keine gewaltsame Bewegungen unter dem Heer befürchten, wenn er sich vom Senat die Kaiserwürde auftragen ließ, da er alle von Paris entfernen konnte, mit denen sein Vertrauen nicht in guten Verhältnis stand. Napoleons Erklärung auf diesen Antrag, der mit größer Feierlichkeit nach Boulogne an ihn erging, ist Meisterstück des unerhörtesten Stolzes, schon allein hinreichend und das wesentliche seines Charakters zu enthüllen. Er entblödet sich nicht, ohne Scheu zu bekennen, dass sein Streben von jeher nur die höchste Stufe bezielt habe. Dürfen wir hier nicht fragen: Und wer ist der Sterbliche, dessen hoher Geist nur in der ersten aller menschlichen Würden, seine Befriedigung zu finden hat? Ists der Sohn eines großen Fürsten, durch die Geburt zum künftigen Beherrscher eines mächtigen Volkes bestimmt? Oder - - -

Würde man dem Napoleon Unrecht tun, wenn man ihn aus seiner eignen Rede für den ausgemachtesten Revolutionär, der seines Königs Thron einige Jahre später, eben so wie andere, gefährdet haben würde, erklärte? Was war also einst die Triebfeder jenes Fleißes, seiner Geschiedenheit von denen, die mit ihm gleichen Standes und Alters waren? Antwort: Der künftige König. Nun - wenn alle, die mit großen Geistesanlagen sich ausgerüstete fühlen, ihren jugendlichen Bemühungen um Kultur und Kenntnisse, den Zweck eines Napoleons unterlegen, woher Kronen und Throne, zum Lohn ihres unermüdeten Strebens nach dem höchsten menschlichen Wissen? Der Himmel bewahre jeden der auf der Bühne die Rolle eines Königs mit Beifall spielt, vor dem Gedanken, sich einst noch gekrönt zu sehen, sonst würden unsre wirklichen Könige unaufhörlich in Gefahr sein, mit der Majestät das Leben zu verlieren. - Einmal hat die Glücksgöttin Bonaparte zum ersten Liebling ersehen und ihn das höchsten seiner Wünsche gewährt. Er ist Frankreichs Kaiser- Jetzt bleibt für ihn also nichts weiter übrig, as dass er das unermessliche Geschenk aus Fortunas Hand, ruhig und bis zu Nestors Jahren genießt, die Millionen seiner Untertanen, nach den weisesten Gesetzen regiert, ihnen den Frieden von innen und außen sichert, und wo möglich, den individuellsten Wohlstand in seinem weitläufigsten Staate verbreitet. Nunmehr werden wir uns auch in seiner Person den vergnügt und zufriedensten aller Götter der Erde denken können! - Weit gefehlt, wenn wir Napoleon mit der Kaiserwürde ersättiget glauben. Noch sind seine Verdienste nicht hinlänglich belohnt, noch hat sein Werth Ansprüche auf neue Vorrechte. Italien, das durch Napoleons Feldzüge so hoch beglückte Italien, in dessen Umfang er der Stadt und dem Staat Venedig bereits wohltätige Besuche abgestattet und heil. Markus, nachdem er sich dessen Zecchinen versichert hat, dem Haus Oestreich überlassen hat; Italien daraus Bonaparte einen König und einen Groß-Herzog vertrieben, dagegen ein neues Königreich und die Cisalpinisch Republik sich erheben ließ, hatte des Danks noch zu wenig an seinem Glücksbeförderer dadurch entrichtet, dass man ihm das Ruder der neuen Republik feierlichst in die Hände gab. Dabei war ach der Umfang dieses Landes nicht weitläufig genug, als da´ein neuer Beweis der Erkenntlichkeit das Auge der Welt ganz an sich gezogen hätte. Der Alexander unserer Zeit warf also das Netz aus, und siehe, das reiche Genua blieb darin hängen. Mailand hatte eine eiserne Krone, aber keinen Kopf auf den sie passte. Nur dem Haupte Napoleons war sie angemessen. Jetzt war der König fertig und aus der Republik trat ein Königreich hervor. Sonst pflegten sich Republiken für Freistaaten zu halten, darin das Oberherrliche Joch nicht, wie bei unumschränkten Regierungen, alle Augenblick fühlbar sei. Selbst Frankreich schaffte deswegen die königliche Gewalt ab. Und Napoleons Losung war: Verteidigung der Freiheit. Wie sehr ihm damit Ernst gewesen, beweiset seine Metamorphose aus dem Oberkonsul in den Kaiser. Freilich mehr bloße Veränderung des Namens und der Würde, als der Macht, denn schon war diese auf seine Person konzentriert. Indessen sah er, als erster Diener des Staates, sich doch noch hie und da beschränkter, denn es seine Ambition und unbegrenzte Absichten billigen konnten. Ob wie dem Kaiser Frankreichs zu nahe treten, wenn wir ihn übertriebenster Ehrgier beschuldigen, darüber mag sein Betragen gegen ganz Europa, gegen Frankreich selbst, entscheide. Wie benahm er sich gegen das letztere, seit dem es nicht hindern konnte, das sein Oberkonsul durch den von ihm ganz abhängigen Senat sich das Diplom als Kaiser, ausfertigen ließ? Kann sich dieses Reich seitdem nur einer Minute lang des Glückes, das allein der Friede gewähren kann, rühmen? Wars nicht schon das Oberkonsuls erste Pflicht, der Wiederherstellung des innern Wohlstandes dieses großen Staates alle Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu widmen? Konnte aber dem als unumschränkter Beherrscher berufene Kaiser, etwas heiliger sein, als sein Volk im Genusse der Früchte des Friedens ungestört zu lassen, und dem Pflug und Handwerkern die dort nötigen Hände wieder zu geben? Hing vielleicht das glückliche Los der Franzosen von dem Felsen Malta ab, auf dem sich die Engländer jetzt festgesetzt hatten? Wir wollen das zugeben. Allein, wenn die Sache ganz darauf ankommt, warum rüstete Napoleon keine dem Engländern gewachsene Flotte in Toulon, Genua, Marseille usw. aus, um dadurch jene Steinmasse zu bezwingen, die er 1798 (freilich auf dem Wege der Verräterei) in zweimal 24 Stunden einnahm. - Wenn doch noch einmal so gute Freunde von Bonaparte, wie dorten, auf Malta waren, gewiss dass er seinen unbezwinglichen Heldenmut lange schon dran gewagt hätte. jetzt aber sinds Engländer, die diesen Posten verteidigen. Hier fällt mir jemand ein, und sagt: »Ist es nicht unendlich rühmlicher für den Kaiser, der Franzosen, lieber die Englische Nation im Herzen angreifen und so demütigen, dass sie Malta nicht allein, sondern alle ihre Besitzungen in Ost- und Westindien, an Frankreich abtreten, eine von Napoleons Willkür bestimmte Regierungsform annehmen, ihre Schätze diesem ausliefern und als eine untergeordnete Macht, wie Holland, Schweiz, Italien, diesem Weltbezwinger zu Gebot stehen muss? Das der neue Kaiser hierin Wunsch und Zweck vereinige, sagen uns alle öffentliche Nachrichten aus seinem und seines Volkes einstimmigen Mude - Welch ein ungeheurer Entwurf! Als ob - wenn er auszuführen wäre, die übrigen mit England in Verbindung gestandenen Länder gelassen zusehen könnten, dass der unersättliche Eroberer, die Millionen, welche der Hand und dem Kredit der Engländer anvertraut sind, an sch reiße, unbekümmert, wie es der ganzen, wenigstens Europäischen Welt, deren Eigentum von dem französischen Abgrund verschlungen worden, in Zukunft ergehe. Die von Napoleon auf die Landung in Englang verwendeten Millionen, sind zwar, dem mindesten Teil nach, aus dem französischen Staatsschatze gekommen. Holland, Hannover, Hamburg und andere, können uns am besten belehren, welchen Mitteln die Boulogner Landungsflotille ihr Dasein zu verdanken hat. Dem ungeachtet musste dieses halsbrecherische Wagestück in die Finanzen des neuen Kaisertums beträchtliche Lücken machen. Diese sollen mit Britanniens Reichtümern ausgefüllt, und dann das Vaterland der Großen Nation zum Mittelpunkt aller Schätze und Glückseligkeit der Erde gemacht werden. Dass Georg IIII. seinem ältesten Sohn, den Prinzen von Wales, den Thron sogleich abtreten, dieser ihn aber als Vasall von Frankreich nur besteigen und nach Napoleons Vorschrift allein, das Regiment führen muss, versteht sich von selbst, wenn, wohlgemerkt, Frankreichs Genius nicht zu der Landung den Kopf schüttelt. Folglich hätten wir nun den Fall, wo dem Wunder der Welt, Napoleon alle Reiche die die Tore öffnen, alle Könige die Knie beugen, die gesamte Menschheit huldigen müsste - Wie? Und das sollte der Plan des französischen Gewalthabers sein? Warum nicht, liebe deutsche Mitbürger! Wir können Euch an das offne Geständnis der so genannten großen Armee, die sich solcher Wunderdinge ungescheut rühmt, verweisen. Doch nein, die Tat mag selbst zu eurer Überzeugung reden. Man erinnere sich an die in allen Zeitungen erzählte hyperbolische Rede, womit Napoleon seinem Heer den Zug nach Deutschland im vorigen August ankündigte. »Mit meiner Rechten«, sage er, »will ich den deutschen Kaiser demütigen, und mit der Linken England bändigen.« Auf einer Seite setzte ihm sein Glücksstern in den Stand dass er Wort halten konnte. Das Verhängnis verketteter Umstände, die dem Napoleon in das Herz von Östreich den Weg bahnten und seiner Faust einen erschütternden Stoß an diese erste Deutsche Macht erleichterten. Obschon daher ein Teil der Erniedrigung Deutschlands abzuleiten sei, darüber sind freilich die deutschen Köpfe nicht einig. Der größte Teil der Östreichischen Erbländer gehört nicht zu Deutschland. Folglich sieht dieses gleichgültig zu, was auch jene für ein Schicksal treffen mag. Überdies betrachtet sich Östreich selbst, wegen seiner erhabenen Vorzüge und Freiheiten, mehr für einen selbstständigen Staat, als für einen integrierten Teil des Römischen Reiches. In so ferne wäre dann der letzte Einfall der Franzosen in die deutschen Staaten der Östreichischen Monarchie, bei einer Erniedrigung Deutschlands nicht in Anschlag zu bringen. Man richte jedoch den Blick auf die Umstände, welche den französischen Einmarsch in Deutschland begleiteten und auf die Folgen des Feldzugs gegen die Östreicher, so wird das tief gesunkene Deutschland offen vor uns liegen. Napoleon führt seine Völker über den Rhein. Ohne Zeit, Wundvorrat und andere Notwendigkeiten, die der Krieg für Mann und Pferd unentbehrlich macht, betreten sie den deutschen Boden. Wer wollte sich seinen Hunderttausenden widersetzen? Baden und Württemberg, Frankreichs Nachbarn erhalten den ersten Besuch. Wie wohlgemeint und freundschaftlich dieser ablief, darüber leisten die lauten Klagen jener Länder die Gewähr.Fressen, Saufen, Raub und Weiberschänden, waren Tagesordnung der französischen Armee. Die Kurhöfe Baden und Württemberg hatten zwar ihre Länder durch ein abgedrungenes Bündnis mit der Krone Frankreich zu retten gesucht? Wie wenig waren sie aber aber dadurch gebessert? Höchstens wurde durch dieses traurige Mittel Sengen und Brennen verhütet. Übrigens mussten sich beide Fürsten an Napoleons Freundschaftsversicherungen genügen lassen, und ihre Gesinnung ganz nach seiner Pfeife stimmen. Welche schwere Überwindung eine Lage dieser Art, dem wahren Vater seines Volkes, Badens weisen Kurfürsten, kosten müsste, ist leicht zu begreifen. Auch musste es das Herz des Kurfürsten von Württemberg empören, als General Kurfürsten Ney mit einer ansehnlichen Macht vor Stuttgarts Toren erschien, diese Residenzstadt in Belagerungszustand setzte und durch Übermacht den Einlass ertrotzte, dem auf der Stelle die drückensten Requisitionen nachfolgten, daher das bedrängte Land zwischen Freund und Feind keinen Unterschied kannte. Jetzt sehen wir also zwei der ersten Reichsstände außer Tätigkeit und mit ihren ganz Schwaben in französischer Gewalt. Napoleon durfte nur seine verschiedenen Haufen zusammen ziehen und den Feind bei Ulm aufsuchen, denn bisher hatte derselbe nicht die mindeste Hindernis zu bekämpfen. Für bloße Vorstellungen hatte seine Hoheit kein Ohr und außer der Östreichischen Macht bei Ulm stellte sich ihm kein Feind in den Weg. Preussens neutrales Gebiet war ihm freilich verwehrt. Allein es stunden keine Mannschaften zur Verteidigung jener Gegenden da. Es wurde sich nicht lange besonnen. Der Marsch ging vorwärts und Napoleon brachte seine Völker da, wo er sie haben wollte, zusammen. Der fränkische Kreis, durch welchem die so genannte Gallobatawische Armee den Zug nahm, hatte entsetzliche Lasten zu von diesen humanen Gästen zu tragen. Doch ging dorten das Ungewitter noch eine Zeitlang vorüber. Die Reihe jetzt an Baiern. Sobald das Glück den Östreichern bei Ulm den Rücken gekehrt hatte, zogen die Scharen der großen Armee siegprangend in diesen Kreis ein. Als Maximilians Verbündete, wurde sich aller schonenden Mäßigung zu Frankreichs Kohorten versehen. Napoleons Sprache und Erklärungen an den Münchener Hofe waren viel zu sanft, als das irgend ein Bairischer Einwohner von seinen bald erfolgenden unerhörten Bedrängnissen, sich etwas konnte ahnden lassen. Nie wurde aber die Menschheit, unter dem Ausdruck der Freundschaft, boshafter als diesmal getäuscht; nie das Land eines Verbündeten Fürsten schändlicher, als diesmal die Kurbairischen Staaten, behandelt. Fast geriet man auf den verzweifelten Gedanken, Maximilian habe seine Erbländer, sich selbst und seinen ganzen Hof, Frankreichs unumschränkter Gewalt unterworfen. Ungeheure Lieferungen aller Art waren das erste Wort, womit man Städten und Dörfern in Baiern, das Kompliment machte. Nach diesem traurigen Willkommen, eilte der Soldat, wie ein ausgehungerter Wolf, auf sein angewiesenes Quartier zu. Sonsten pflegt der Hunger keine Speise zu verachten, hier forderte er Leckerbissen zu seiner Befriedigung. Kaum war der Franzose aus seinem Nest, als er sich schon nach Kaffee, Wein, Likör, Braten und Eingemachten umsahe. Noch dampfte der Fraß aus seinem gespannten Wamste, da er sich zum Mittagessen niedersetzte, und wenn nicht köstliche Zubereitung der Speisen aufs neue seinen Appetit reizte, Wirt und Wirtin auf das infarmste misshandelte. Unter fortgesetzten Schweigen kam der Abend herbei, und da wurden dann neue Versuche zum Dienste des Bauches, bis zum ekelhaftesten Speien, gemacht: Ein einziger elender Kriegsknecht, der in Friedenszeiten alle seine Lebensbedürfnisse mit zwei Groschen bestreiten muss, erforderte jetzt täglich 3 - 4 Gulden zu seinem Unterhalt. Wenn nur zwei dieser Wölfe in Menschengestalt zugeteilt waren, der musste binnen 4 Wochen einen Beutel mit 200 Gulden, rein geleeret sehen. Man darf daher mit völligen Bestand der Wahrheit annehmen, dass die Bairischen Erbländer seit 6 Monaten durch die französischen Quartiere ebenso viel erlitten haben, als wenn sie eine Armee von 200.000 Köpfen, bei sonst gewöhnlichen Solde, viele Jahre hindurch hätten unterhalten müssen. Tief unter der Niedrigkeit des Tiers, stand die viehische Wollust der französischen Ausgelassenheit. In mehren bairischen Städten kamen die geschätzten Auftritte zum Vorschein. So erzählte man z.B. von Passau, dass verschiedene Weibspersonen in Pferdeställe gelockt, daselbst auf den Tod geschändet, dann auf dem Karren weggeführt und begraben worden. Sollten dies unglückliche Opfer einer mehr als viehischen Wollust, auch ganz Laster gewesen sein, so ist Schauder für die Menschheit, von Gliedern einer Nation, die sich die Große (doch vermutlich auch in moralischer Hinsicht?) ausschlußweise nennt, Handlungen bemerken zu müssen, die selbst am rohesten Barbaren den Menschen verkennen lassen. Unausbleibliche Folgen einer von den französischen Befehlshabern absichtlich vernachlässigten Kriegszucht, wodurch dem gemeinen Soldaten jede Misshandlung des Bürgers und Landmanns nachgesehen, sogar in den Staaten von Napoleons ersten Bundesgenossen, nachgesehen wurde. Wo konnte der vor den Altären des Bacchus seiner Vernunft beraubte Krieger anders hintaumeln, als in die Tempel der Sypria, wo tausende einen fürchterlichen Tod, denn selbst auf dem Schlachtfeld, in die Sense fielen. Diesen Ausschweifungen fehlt es zwar nicht an Verteidigern. Man beruft sich zu ihrer Entschuldigung auf ähnliche Szenen, welche die Geschichte aller Kriege aufstellet.

Ja, man will beweisen, das der Tapferkeit des Kriegsmanns durch Verstattung mehrer Freiheit, der beste Zunder untergelegt werde. Das Gegenteil wäre leicht darzutun, und längst hat die Erfahrung gelehret, dass der Schwelger beim ersten Mangel der Lebensmittel, wofür gewisslich kein Krieg sicher ist, der hinfälligste sei und überhaupt auf ausdauernde Bestigkeit des Körpers keinen Anspruch habe. Gesetz aber, es gebühre den Soldaten nach einem mühsamen und gefahrvollen Feldzug eine Erholung, so muss erst die Frage entschieden werden: Auf wessen Kosten er diese verlangen könne? Höchstens kann in Feindeslanden, diese Last auf die Einwohner fallen. Grausamkeit aber und die bösartigsten Absichten verraten sich, wenn der Untertan eines verbündeten Fürsten, dessen Sohn, oder Blutsfreund der Krone Frankreich ihre Siege neuerlichst erringen half, und der entweder nie oder mit Wunden bedeckt, aus dem Feldzug zurückkam, wenn, sage ich dieser friedliche Untertan, dem der Vorrat an Getreide, Stroh, Fütterung durch unzählige Lieferungen abgepresst worden, sich zu einem Winter- und Kantonierungsquartier verdammt sieht, davon man seit dem dreißigjährigen Krieg kein Beispiel hat, Danals lebte der Östreicher unter Tilly und Wallenstein gerade so wie jetzt der Franzose, und wenn sein Kaiser sich aus jenen Kriege nichts anmerkte, so hat er doch die damals übliche Unterhaltungsart eines Heeres, genau kopiert. Männer denen aller Glaube beizumessen, haben als reine Wahrheit versichert, dass Frankreichs Oberhaupt, als ihm in München über die unerhörten Drangsale, worunter der Bairische Einwohner seufzte, die nachdrücklichsten Vorstellungen geschahen, mit kaltem Blut sagte: »Das haben meine Leute nicht getan. Es ist Krieg, man lasse mich in Ruhe und störe mich nicht in meinem Plan.« Schon im Dezember des vorigen Jahres, wird der Friede in Pressburg unterzeichnet, und von dem Augenblicke an, hat Östreich Hoffnung seiner Feinde los zu werden. Hätte Baiern nicht ein gegründetes Recht, der Vorteile dieses Friedens zu genießen? Diese konnten keine anderen sein, als dass das französische Heer abgeführet und das Land ferneren Bedrückungen enthoben würde. Gerade das Gegenteil erfolgt. Die Franzosen ziehen sich aus den Staaten des Deutschen Kaisers, um sich in Baiern festzusetzen, und hier bei Fressen und Saufen, ein durch lange Monate fortgesetztes Siegesfest, mit dem Untergang aller Einwohner, zu feiern. Wenn hier von Untergange die Rede ist, so nehme man das Wort in strengster Bedeutung und nicht als einen Ausdruck, der nur die Größe der Leiden, welche die Franzosen über den Bairischen Staat herbei geführt, angeben soll. Noch sind es nicht fünf Jahre, da ein feindliches Heer der nämlichen Nation, in diesem Lande den Meister spielte. Und da zweifelt wohl niemand, dass die damals den Einwohnern geschlagenen Wunden binnen dieser kurzen Frist bei den wenigsten vernarben konnten. Der Landmann des benötigten Zuggebiets entblößt, hatte kaum angefangen, sich wieder mit Pferden und Rindern zu versehen, als der, einen Einfall in allen Stücken gleiche Durchzug der Franzosen, demselben diesen wichtigen Teil seiner Habe wieder entzog. Betrug, List, Gewalt, boten einander hierin die Hände. Tränen und Fußfälliges Bitten um Verschonung wurden mit Hohngelächter oder mit Schlägen abgewiesen. Der Franzose gab sich den Namen eines Retters von Baiern. Wahrlich eine Rettung, jener ähnlich, da der Kranke, welchen dieser Arzt früher ins Grab geschickt hätte, unter der Hand des andern bloß eines langsamen Todes stirbt. Wenn irgend mit der Freundschaft ein Spott getrieben wurde, konnte er wohl bitterer sein, als dieser? Doch, es liegt ja in Napoleons Plan Deutschland so zu entkräften, dass es ihm für jetzt und die entfernteste Zukunft von dieser Seite nichts zu befürchten steht. Er wechsle dazu sehr verschiedene sehr schickliche Wegefürstliche Häuser deren Hoheit sich aus dem grauesten Altertum herleitet, aus deren einem, längst schon Kaiser und Könige hervorgingen, wurden mit der Familie Bonapartes durch die engsten Bande des Blutes verknüpft und schon steht Frankreichs Herrscher, wie Baden, Baiern, Schweden und Rußland in naher Verwandtschaft. Damit nicht zufrieden, bot er Baiern und Württemberg die Krone an, wozu der deutsche Kaiser in dem letzten Frieden seine Einwilligung geben musste. So hat man Deutschland zwei Königreiche in seinen Grenzen, die doch durch den Lumeviller Traktat so sehr verengert wurden. Das ein Königlicher Hofstaat ungleich größeren Aufwand als der kurfürstliche, zur Folge habe, ist auch dem gemeinsten Kopf begreiflich. Man weiß, dass ein sicherer großer Hof als Staatsmarine es ansah, der Erhebung Preussens zu einem Königreich sich nicht entgegen zu setzen, weil es einer ansehnlichen Macht herangewachsene Haus Brandenburg, dadurch in seinen Finanzen geschwächt werden sollte. In unsern Zeiten gibt es Schriftsteller, welche aus Preussens Beispiel zu beweisen suchen, dass Baiern an Untertanen und Einkünften, jenen, in Vergleich mit Friedrichs I. Periode, weit überlegen sei, und eben daraus den Schluss machen, dass Maximilian Joseph seine Erblande mit größtem Recht zu einem Königreich erheben können. Haben diese Männer aber alle Umstände hinlänglich erwogen, wenn sie den Anfang des achtzehnten und des neunzehnten Jahrhunderts geradehin in Parallele setzen. Haben sie nicht vergessen, dass vor jetzt hundert Jahren, tausend Gulden so viel, als nun viertausend ausmacheten? War Preussen bei seiner Verwandlung auch mit einer so ungeheuren Schuld, als das heutige Baiern, belastet? Und wenn Friedrichs I. Nachfolger den machtvollen Hofstaat seines Vaters fortgesetzt hätte, wie würde es alsdann um seine Finanzen ausgesehen haben? König würde er freilich gewesen sein, aber ohne Schatz, ohne bedeutende Kriegsmacht. Erst durch Friedrich Wilhelms I. Sparsamkeit, und den Heldenmut seines Thronfolgers, machte sich sich Preussen von allen fremden Einfluss unabhängig. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Preussen ein doppeltes Verhältnis gegen das deutsche Reich hat, davon es den Umständen nach Vorteil ziehen kann. Vor allem lasse man nicht aus der Acht, dass Friedrich I. keine französische Armee im Lande hatte, als er sich 1701 zu Königsberg die Krone aufsetzte. Den Königreichen Baiern und Württemberg musste erst die Schlacht bei Austerltiz den Ausschlag geben. Diese auf Frankreichs Seite verloren und nie wäre in München und Stuttgart an eine Krone gedacht worden. In den kurzen Zeitraum von 4 Wochen sind beide neue Königreiche herangereift. Hier bleibt nun Baiern und Württemberg weit hinter Preussen zurück. Dort stand das königliche Diadem in der Willkür des Kurfürsten von Brandenburg, hier muss es von dem Manne gegeben und genommen werden, den das Glück selbst erst vor sechzehn Monaten unter den Gewaltigen der Erde eine Stelle anwies. Tief fühlt die Brust des Deutschen den unverträglichen Gedanken, zwei der ersten Reichsfürsten in einer Standeserhöhung zu wissen, die bloß auf das gute Glück Napoleons berechnet ist? Ja, lieber deutscher Mitbruder, richte deinen Blick vor- und rückwärts, so leuchtet Dir die Wahrheit darüber ins Gesicht. Rückwärts liegt uns der zu Frankreichs unermesslichen Vorteil in wenigen Wochen geendigte Feldzug, der nur ein Schattenbild der vorigen deutschen Staatsverfassung übrige ließ, und die höchste Gewalt im Reich, von Wien nach Paris übersetzte. Schon musste der Kurfürst - Erzkanzler französische Verweise für Komplimenten annehmen, dass er die Klagen der gekränkten Reichsritterschaft zur Diktatur brachte. Trauriger Beweis des tiefgesunkenen Ansehens des ersen Reichsstandes und der tiefen Erniedrigung des Reichs selbst. Auf der anderen Seite hat zwar Napoleon die Häuser Baiern, Baden und Württemberg, am Glück des vorigen Feldzuges Teil nehmen lassen und die von Östreich abgetretenen Provinzen in Schwaben, nebst Tyrol, unter sie verteilt. Dadurch wurde er jedoch, weder an diesen drei Kurfürsten, noch am übrigen Reiche, ein Wohltäter. Nicht an Baiern, welchem er Tyrol mit einigen Vorderöstreichischen Besitzungen anwies. Wie kurzsichtig müsste der nicht sein, welcher den schlauen König von Italien, darunter verkennen wollte, dass Tyrol den Baiern zur Verteidigung übergeben wird? Sollte es dem Kaiser von Östreich, wenn die Schmerzen des letzten Krieges geheilt sind, künftig in den Sinn kommen, seine Rechte an Italien wieder geltend zu machen und in dieser Absicht die Pässe von Tyrol durch seine Kriegsvölker betreten zu lassen, so sind nun die Baiern die ersten, auf welche der Schlag fällt und ihre Faust muss sich dann mit der feindlichen messen. Unmöglich kann man übersehen, dass Frankreich nur vor wenigen Jahren die gefürchtete Grafschaft Tyrol für ein unbedeutendes, unergiebiges Gebirgsland erklärte. Nun hat sich die Sprache gewaltig geändert, so das man glauben sollte, Baiern sei durch diesen Zuwachs allein fähig worden, den Titel eines Königreichs anzunehmen. Ist es an dem, das Tyrol seinen Regenten nur eine mäßige Summe einbringt, so hat das Königliche Haus Baiern sich dieses Erwerbes wenig zu erfreuen. Dieses Land sei aber noch so ergiebig, so erfordern die starken Besatzungen in demselben, beträchtliche Summen, welche dem Königlichen Erarium zu Last fallen. Freilich wird von einem neuen Verkehr zwischen Baiern und Italien viel vorgespiegelt und man sagt Wunderdinge, die aus dem Markt von Bozen künftig werden sollen. Besonders tritt Venedig auf, woher das Baiernland, in kurzer Zeit , mit allen Produkten der Levante und Italiens versehen zu werden, sich Hoffnung zu machen habe. Welche Täuschungen! Kaum hinreichend, den Ungeweihten zu blenden, vielweniger das prüfende Publikum hinter das Licht zu führen. Venedigs ganz zu Boden liegender Handel braucht viele unausgesetzte glückliche Zeiten zu seiner Erholung. Nicht aber die Zeit allein, sondern bare Summen, können diesen vormals berühmten Handelsplatz wieder aufhelfen. Sind wohl von der französischen Regierung solche Vorschussgelder zu erwarten,? und selbst auf diesen Fall, müsste Frankreich auf dem Mittelländischen Meer zwar die Übermacht haben, ehe Venedig die Produkte von Welschland und der Türkei, an Deutschland um einen lockenden Preis abgeben, und von dieser Seite den Alleinhandel an sich ziehen könnte. Nehmen wir auch diesen Fall an, so ist der Gewinnst offenbar für Frankreich berechnet, welches nach und nach größere Litanei mit den levantischen Waren treiben wird, als jene, die es den Engländern und den Ost- und Westindischen Artikeln zum Vorwurf macht. Ein großes und untrügliches Vorspiel davon ist die in ganz Italien mit Beschlag belegte Seide, womit Napoleon seine Fabriken aufs neue beleben und durch diese, die Herrschaft über die Moden seinem Reich wieder zueignen will. Als noch vor sechzig Jahren und darüber, unermessliche Stimmen für Seidenzeuge, Gold- und Silberborten, nach Lyon und Marseille aus Deutschland versendet wurden, lachte der Franzose sich die Faust voll und es wart in Frankreich zum Sprichwort, dass es Herr der Welt sei, solang es über Kleidertracht und Moden die Herrschaft besitze. Seitdem sich durch das Aufkommen vieler Fabriken und Manufakturen in Deutschland, worin die französischen Putz- und Flitterwaren den meisten Abgang fanden, das Blatt gewendet und England für seine Fabrikate sich stärkern Absatz bei uns verschafft hat, ist des französischen Klagegeschreies kein Ende. Die Briten, heißt es, sind der Ruin der Welt; ihnen strömt aus ganz Europa das Geld zu; sie müssen also vertilgt werden. Wer kann das aber zu Stand bringen? Niemand als Napoleon und die große Nation, die sich schon drei Jahre mit diesem großen Unternehmen beschäftigen. Zum Besten der Menschheit, rühmen sie sich, die Freiheit des Seehandels herstellen, und England deswegen züchtigen zu wollen. Wer kann von dem für alle Schätze der Welt magnetischen Frankreich, und seinem im Meere ungeheurer Entwürfe schwimmenden Regenten, eine solche Aufopferung und Uneigennützigkeit jemals erwarten, dass sie, um alle Völker zu beglücken, die Gefahren der Landung in England zu bestehen bereit wären? Hätte nicht Alexander, der seine Waffen nach Indien trug, mit eben dem Recht vorgehen können: Er führe nur Krieg, um die Morgenländer mit den Sitten und der Weisheit der Griechen bekannt zu machen und ihrer Lebensart durch Kultur eine glücklichere Wendung zu geben? Die ganze vernünftige Welt ist überzeugt, dass Napoleon, wären Britanniens Reichtümer in seiner Gewalt, für alle Nationen Fesseln schmieden, und seine Befehle in den fünf Weltteilen gültig zu machen versuchen würde. Wer noch in Deutschland daran zweifelt, der prüfe Napoleons Mäßigung in Kriegs- und Friedenszeiten nach unparteiischen Nachrichten. Traum ist es demnach, wenn deutsche Köpfe sich die Meinung beigehen lassen, Frankreichs Krieg mit England, habe auch die Vorteile unsers Baiernlandes zum Zweck. Der französischen Revolution schreiben wir mit Grund die jetzigen hohen Preise der im Seehandel begriffenen Waren zu. Ihre letztere Erhöhung aber, ist unstreitig von Napoleon veranlasst. Ob England, oder Frankreich, den noch währenden See- und Landkrieg veranlasst habe, gehört nicht in unsere Untersuchung. Doch kann kein Unbefangener, dem es mit der heiligen Wahrheit ein Ernst ist, für Napoleons Unschuld das Wort reden. Kleinigkeit kanns wohl nicht heißen, wenn er einen Freistaat in Italien, noch dem andern erstlich zusammenkettet und sodann die ganze Masse in ein Königreich umgestaltet, darüber er sich selbst die Krone aufsetzt. Wenn eben derselbe die sonst glückliche Schweiz ihrer alten Verfassung beraubt, ihre Gesetze und Grenzen nach Gefallen ändert, die würdigsten Männer von der Regierung entfernt und ihre Stellen mit Leuten seines Sinnes besetzt, sollte auch darüber gleichgültig hinweggegangen werden? Wenn er, gegen die gegebene traktatmässige Versicherung, dem König von Sardinien für die ihm entzogenen alle Schadloshaltung versagt, und auf die ernstlichen Vorstellungen Russlands, in diesem Punkt keiner Billigkeit Gehör gibt; wenn er endlich mitten im Frieden, den Herzog von Enghien in den Gebiete des Kurfürsten von Baden, durch bewaffnete Scharen aufheben, über den Rhein nach Frankreich schleppen und dort ohne Urteil und Recht erschießen lässt, sollte niemand sich darüber wundern, keine Macht in Europa daran stoßen? Als Russland über diesen letzten Unfug, Beschwerde am Reichstag erhub, sahe sich der weise Vater seiner Länder, der Kurfürst von Baden, zu Gegenvorstellungen genötigt, wenn er sich und seine Staaten nicht neuen französischen Gefahren aussetzen wollte. Wie leicht hätte er in Hiobs trauriger Lage, sonst sagen müssen: Er hats gegeben, er hats genommen. Schon der Konsul Bonaparte durfte sich der Ehre rühmen, vier Kurhüte vergeben zu haben. Dafür konnte er von den damit gezierten Fürsten, sich alle Erkenntlichkeit versprechen und er gewann hiedurch zugleich einen Anhang im deutschen Reich. Das diese neuen Kurfürsten, etwa Salzburg ausgenommen, den deutschen Kaiser kein Vergnügen brachten, ist außer Zweifel. Eben so gewiss ist es aber auch, das die deutsche Reichsverfassung dadurch einen wichtigen Stoß bekam, wobei das geschwächte Östreich gelassen zusehen musste, wie verschiedene der angesehensten Höfe Deutschlands für Frankreichs Freundschaft gewonnen waren. Mögte doch diese Freundschaft nicht dem sauren Schweiß und dem Blut der Untertanen bisher gekostet haben. Württemberg schlug seinen Schaden nach im vorigen Krieg auf 60 Millionen an. Wird Baierns Rechnung geringer sein? Durch wem lief nun die Zeche so hoch hinan? Doch unfehlbar größtenteils auf Veranlassung französischer Kriegsbeiträge und Einquartierungen. Indessen standen damals die Heere Frankreichs als Feinde in Baiern und Schwaben. Diese Rücksicht machte selbst die größten Lasten erträglich. Was war von dem Feind, der sich des Landes bemächtigt hatte, Gutes zu erwarten? Dennoch hat Baiern durch jenen feindlichen Überfall unendlich weniger, als bei dem dermaligen Besuch der Freunde gelitten. Die allgemeine Stimme behauptet, dass der französische Soldat aus einem Europäer in einen Kannibalen ausgeartet sei. Ehedem wurde von dem Franzosen gesagt, dass er bei einem Schoppen Wein, von Mittag bis zum Abend, singe und pfeife. In dem Land, wo der mindeste Weinbau nicht statt hat, in Baiern, wo man alle Weine nur mit dem schwersten Maut- und Transportkosten, aus Franken, Östreich, Ungarn beziehen muss, hier wo tausende von Eingeborenen zwanzig Jahre und drüber, erreichen, ohne einen Tropfen des edlen Rebensaftes je gekostet zu haben, hier ging der Franzose in den unmäßigsten Trunkenbold über. Kaum war schon am frühen Morgen die Branntwein-Flasche geleert und dem Kaffeekessel der Boden zu sehen, als schon der Braten, von Wein und Bier begleitet, auf dem Tisch stehen musste. Und in dieser Ordnung, wird einen Tag nach dem andern, unter Händeringen, Tränen und Verzweiflung der in Napoleons Hände geratenen Baiern, fortgeschwelgt. Wenn irgend einem hiesigen Einwohner die Klagen der aufs Blut ausgesogenen Hannoveraner übertrieben schienen, hat er nun gewiss durch eigne traurige Erfahrung seinen Unglauben abgelegt, da es ihm jetzt selbst am Ausdruck gebricht, das Elend des mit Kummer und Not erfüllten Landes zu schildern. Kein Spinnengewebe ist so unstichhaltig als der Vorwand, unter dem Napoleon den langen drückenden Aufenthalt seiner Kriegsvölker in Baiern versteckt. Bald soll Östreich die Friedensbedingnisse noch nicht alle erfüllt, bald die Russen neue Feindseligkeiten gedroht, oder wirklich unternommen haben, und darum eine französische Armee in Baiern nötig sein. als ob es in Italien nicht Franzosen genug zur Gegenwehre der Russen gebe? Fehlt es aber daran, warum werden nicht die den armen Baiern so lästigen Kriegsleute an Ort und Stelle geführet, wo man ihrer bedarf? Was Östreich betrifft, so ist es gewisslich nach den jetzt erlittnen Unglücksfällen, weit entfernt, durch einen Einfall in Baiern das Kriegsfeuer nochmals zu entzünden und seine Staaten neuen möglichen Verheerungen auszusetzen. Also fallen die Entschuldigungen des, mit Baierns Untergang verknüpften Aufenthalts des französischen Heeres in diesem Lande, von selbst weg; eines Heeres, dem man seine ganze Löhnung vorenthält, damit das Geld in Frankreich bleibe und nicht im Auslande verzehret werde, oder besser damit in Erfüllung gehe, was Napoleon den Hamburgern erklären ließ: Frankreichs Stärke beruhe auf Grund und Boden und auf der Tapferkeit seines Volkes, welches letztere nichts anders heißen kann, denn: Meine halbe Million Soldaten muss immer auf Kosten fremder Länder unterhalten werden. Ohne der Wahrheit den mindesten Abbruch zu tun, darf man behaupten, das keine Krone so viel gekostet habe, als die des Königs von Baiern. Die älteste Tochter dieses Fürsten, eine Prinzessin, die der Stolz aller hohen Häuser in Europa gewesen, ihrem Blut nach, keiner Fürstin Fürstin unsers Weltteils nachstehend, musste sich an die Seite eines Beauharnois stellen, um den ersten königlichen Adel in Bonapartes dunkle Familie überzutragen. Welch ein Opfer, von einem sonst zärtlichen Vater für eine Krone hingegeben! Bringt man dazu die Millionen in Anschlag, welche das französische Heer dem Staat gekostet, so ist obige Behauptung vollkommen gerechtfertigt. Aus dem bisher erzählten Geschichtsgang aber ist sonnenklar, das Napoleon um König Maximilian in Baiern und dessen Erbländer, so wenig Verdienste habe, das man seinetwillen vielmehr die Annalen von Baiern mit Stellen verwehen muss, welche dem Leser der späten Nachwelt noch eine Träne entlocken werden. Württemberg, das unglückliche Württemberg, reihet sich an das vom Freund zu Grund gerichtete bairische Königreich. Auch hier gibt Napoleons freigiebige Hand eine Krone hin. Dagegen nimmt er sich die Freiheit, die Grundsäulen des württembergischen Wohlstandes niederzureißen, die Landstände aus dem Wege zu räumen, und indem er den König gewisser landesfürstlicher Obliegenheiten gegen die Repräsentanten seines Volks entbindet, das Interesse desselben mit den Absichten des französischen Hofes unauslöslich zu verknüpfen. Das französische Kriegsscharen auch in diesem neugeschaffenen Königreich, einem an sich gesegneten und fruchtbaren Lande, sich im Überfluss weiden dürfen, versteht man von selbst. Ein auffallender Zug von Napoleons Charakter, sticht aus Württembergs neuer Geschichte hervor. Man weiß, mit welcher Wärme die württembergischen Landstände ihre vom Kurfürsten angefochtenen Rechte und Würde zu behaupten gesucht und wie nachdrücklich das Kabinett der Tuillerien jene unterstützte. Warum ? - Dazu müssen doch hinreichende Gründe vorhanden gewesen sein. Auf einmal ändert sich die Sprache. Württembergs Kurfürst wird als souveräner, an keine Landstände gebundener König erklärt, mit unumschränkter Macht über seine Staaten. Napoleon, der hierüber die Gewährleistung übernahm, macht Württembergs König dafür zu seinem Alliierten (auf Deutsch Angebundenen) den er bei jedem Übergang seiner Heere über den Rhein, nach Wunsch zu benutzen, also auch hier in Deutschlands Eingeweiden durch deutsche. Hände zu wühlen, weiß. Seit Jahrhunderten musste sich Baden an Frankreich anschmiegen, wenn es nicht bei jedem Reichskrieg der Schauplatz schrecklicher Verwüstungen werden wollte. Seine Lage und Selbsterhaltung machen diese Geschmeidigkeit gegen die benachbarte französische Übermacht höchst notwendig. Durch die weise Regierung des jetzigen Kurfürsten erhuben sich die badenschen Lande aus der traurigen Lage, darein sie unter den vorigen Fürsten geraten waren. Auch wusste Karl Friedrichs Staatsklugheit während mehrerer, besonders der letzten Kriege, allen Klippen auszuweichen, daran ein weniger erfahrener Steuermann Schiff und Ruder würde verloren haben. Durch den Frieden in Lumeville, erhielt er unter allen, schadlos zu haltenden Reichsständen die wichtigsten Vorteile. Derselben nicht verlustig zu werden, und französischen Verheerungen Tür und Tor zu öffnen, blieb ihm keine andere Wahl übrig, als Frankreichs Bundesgenosse zu sein. Könnten wir dieser Zierde deutscher Fürsten im Herzen lesen, so würden wir bald den Zwang entdecken, mit welchem er die französische Partei ergriff. Dennoch erfuhren auch seine Staaten die Lasten und Unannehmlichkeiten der drückensten Einquartierungen unbesoldeter Franzosen. Und nun, da der Enkel diese unvergleichlichen Kurfürsten zu Vermählung herangereift war, eilte Napoleon, eine, von ihm an Kindesstatt aufgenommene Verwandtin diesem Prinzen in die Arme zu bringen, und auch in diesen alten Fürstenstamm einen jungen französischen Zweig zu impfen. Man sieht demnach, dass Napoleon nichts umsonst zu tun gewohnt, sich jede Gefälligkeit bezahlen lässt, obgleich sie ihm alle nichts kosten, da er seine Geschenke von fremden Eigentum nimmt, und leider deutschen Grund und Boden nach seinen Launen verteilt. Betrachte man nur sein Spiel mit Salzburg und Würzburg. Kaum hatte Baiern von letzteren und Erzherzog Ferdinand vom ersteren Besitz genommen, so muss dieser hier die Regierung niederlegen und Baiern das beträchtliche Fürstentum Würzburg ihm abtreten. Hoffentlich wird Salzburg nebst dem sogenannten Innviertel dem Königreich Baiern dagegen einverleibt? O das kann Napoleon nicht in den Sinn, denn es gehörte nicht zu seinem Plan. Für Ferdinand ist zwar diese Ländervertauschung sehr tröstlich, da ihm das Herzogtum Würzburg, wenigstens noch einmal so viel Einkommen, als das gebirgvolle Salzburg, gewährt, gegen welches Würzburgs anmutsvolle Lage, königliche Residenz und der basige Stein- und Leistenwein ohnehin bei weitem den Vorzug hat. Nur schade, dass dr Kurfürst-Erzherzog der Aufsicht, oder vielmehr Vormundschaft des französischen Kaisers auch dort nicht entgehen kann, sondern wohl noch mehr, als in Salzburg auf dessen Wink achten und den neuangetretenen Staat für großmütige Wohltat Napoleons erkennen muss. - Östreichs Hoheit tief gebeugt, zwei Könige auf dem Thron gesetzt, einen Bruder Franz II. versorgt, vierhunderttausend Streiter auf fremdes Gut und sauren Schweiß lange genährt, zwei Drittteile von Deutschland fast an den Bettelstab gebracht, Deutsche durch Deutsche gewürgt, welche Resultate eines Feldzuges von drei Monaten! Setze man alles dieses auf Rechnung der Weisheit und tiefen Einsicht, des französischen Imperators, oder auf die Tapferkeit seiner Krieger, oder auf Fügung eines unvermeidlichen Schicksals, genug allethalben erscheint das deutsche Reich in dürftiger Blöße, die es nur so weniger bedecken kann, je mehr Könige und Kurfürsten es in seinem Umfange zählt. Da ein großer Teil der letzten sich um Frankreichs Freundschaft bewirbt, so geben sie der französischen Überlegenheit das feierlichste Zeugnis, sich selbst und ihren Ländern zur wahren Demütigung. Jeder patriotische Deutsche wird also dermaligen Zustand seines Vaterlandes aus einem Gesichtspunkt ansehen, wobei er sich dessen Verfall und tiefe Erniedrigung nicht länger verschweigen kann. Legt er sich die Frage vor: Ist´s Ohmacht der Deutschen, die verheerende feindliche Durchzüge und Angriffe nicht abwehren können, so fällt die Antwort allerdings verneinend aus. Denn, noch heute hat dr deutsche Staatskörper kraftvolle Glieder, die jedem feindlichen Angriff gewachsen und Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, in Stand sind. Woher aber diese Lähmung und Untätigkeit? Ach! Hier steht mir das Bild einer Armee vor den Augen, deren Anführer unter sich selbst nicht einig sind, die dadurch dem Feind die Blöße zeigen und durch die Verstimmung ihrer Gesinnungen sich Tod oder Gefangenschaft zuziehen. Diesen Umstand wusste Frankreichs Herrscher mit dem glücklichen Erfolg zu benützen. Daher seine Siege, sein ganzes Übergewicht auf dem besten LAnde. Hätten die größten Höfe in Deutschland nur seit dem Lumeviller Frieden ihr wechselseitiges Interesse einer näheren Verbindung aufgeopfert, und die Sicherheit des deutschen Staats durch unaufhörliche Spannungen dem Feind nicht selbst verraten, so würde er weder die ihm gelungenen raschen Angriffe gewagt, noch seine Absichten so geschwinde erreicht und in dem erniedrigten Deutschland so festen Fuß gefasst haben. Wie ferne dieses in der Wahrheit gegründet sei, wird sich aus dem Verfolg unserer Abhandlung entnehmen lassen.


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