Johann Wilhelm
* 30.03.1772 in Witzhelden
† 19.07.1847 in Amsterdam

Johann Wilhelm Wilms, dessen genaues Geburtsdatum unbekannt ist, wurde am 30.01.1772 in Witzhelden getauft. Das Dorf mit damals rund 1.000 Einwohnern liegt etwa 25km nordöstlich von Köln. Er war der Sohn von Johann Wilms und seiner Gattin Christine Wilms, eine geborene Braches, die im Jahre 1775 bereits verstarb. Der Musiker Peter Johann Wilms war sein älterer Bruder.
Seinen ersten Musikunterricht erhielt er von seinem Vater Johann, der als Lehrer, Küster und Organist in Witzhelden tätig war, sowie durch seinen älteren Bruder Peter Johann Wilms und dem Dorfpfarrer Johann Gerhard Stolle. Er erlernt sowohl das Klavier- und Flötenspiel und vertrat gelegentlich den Vater an der Kirchenorgel. Frühzeitig lernte er auch das Komponieren.
Im Jahre 1785 wechselte Pfarrer Stolle in die Nachbargemeinde Lüttinghausen. Sein Schüler folgte ihm und versuchte sich als Musiklehrer. Als sein Bruder Peter Johann im Jahre 1789 eine Anstellung als Lehrer an der lutherischen Pfarrschule in Elberfeld eine Anstellung fand, verließ er Lüttinghausen und zog nach Elberfeld, wo er weiterhin seinen Lebensunterhalt als Musiklehrer verdiente.
Im Sommer 1791 zog es ihm nach Amsterdam, wo er zunächst Unterricht bei Georg Caspar Hodermann zunächst weiteren Unterricht nahm. Er fand auch schnell verschiedene Anstellungen als 2. Flötist in mehreren Amsterdamer Konzertorchestern. Er erarbeitete sich in jener Zeit auch einen Ruf als Musikpädagoge und Klaviervirtuose. 1793 erschien unter dem Titel »Grande Sonate pour Pianoforte«.
Im Jahre 1796 gehörte er zu den sechs Gründern des »Collêge Eruditio Musica«, ein sich selbst verwaltendes Instrumentalensemble von Berufsmusikern. Ursache war die Unzufriedenheit mit den herrschenden Arbeitsbedingungen in den bestehenden Orchestern Amsterdams. Schnell erwarb man sich den Ruf, das beste Orchester Amsterdams zu sein.
Auch über die Grenzen Hollands hinaus konnte Wilms mit seinen Kompositionen Aufmerksamkeit erlangen. Seine Variationen für Flöte und Klavier über »Mich fliehen alle Freuden [Nel cor più non mi sento]«, die in der »Allgemeinen musikalischen Zeitung« I (1798/99), Spalte 106–107 zur Erörterung. In der Folge druckten mehr als zehn Verleger in Deutschland und England das Werk.
Der Leipziger Verleger Ambrosius Kühnel zeigte Interesse an Wilms' Simfonien und Konzerten. Sowohl im Leipziger Gewandhaus als auch am Schweriner Hof und in Breslau oder Prag fand seine Musik ab 1806 ein stetig wachsendes Publikum. Hierzu gehörten insbesondere seine Sinfonie op. 9, dem Klavierkonzert op. 12 und der Violinsonate op. 11.
Im Jahre 1807 lobte die »Allgemeine musikalische Zeitung« den Amsterdamer Komponisten nochmals als »geistreichsten, lebhaftesten und ausgebildetsten Künstler« seiner Zeit. Hierbei sollte man jedoch bedenken, dass zu jener Zeit nur ein kleiner Teil seines Werkes außerhalb der Niederlande bekannt war.
Im Jahre 1808 wurde er in die vierte Klasse des niederländischen Königlichen Instituts für Wissenschaft, Literatur und Schöne Künste (Koninklijk Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en Schoone Kunsten,) berufen, das gerade durch König Louis Napoleon gegründet wurde. Durch seine Hochzeit mit Nicoletta Theodora Versteegh, Tochter eines wohlhabenden Kunstsammlers, im Jahre 1805 öffneten sich ihn die Türen des Amsterdamer Patriziats. Seiner Frau widmete er Zwölf Variationen zu »Je suis encore dans mon Printemps De L‘opera d’une Folie«.
Bis zum Jahre 1813 sind große Teile seines bisherigen Oeuvres auch im Druck erschienen. In den kommenden Jahren wuchs sein Anteil am Amsterdamer Konzertleben, da er über die Fähigkeit verfügte, auf die veränderte politische Lage zu reagieren. So machen Variationen über die ehemalige vorrevolutionäre Nationalhymne der Niederlande.
Um das Jahr 1814 begann er eine »geheime« eine über Jahre andauernde Berichterstattertätigkeit für die »Allgemeine musikalische Zeitung«. Mit kritischen Anmerkungen, so war er der Ansicht »Nutzen zu stiften« für seine niederländische Wahlheimat.
Nach der Schlacht von Waterloo verfasste er »Die Schlacht von Waterloo oder La Belle-Alliance«, die ihm auch bis ins 20. Jahrhundert Bekanntheit sicherte. Im folgenden Jahr komponierte er die Melodie für »Wien Neérlands Bloed« aus dem Jahre 1816 für das niederländische Königshaus. Der Text stammte von Hendrik Tollens und wurde von 1815 bis 1932 zur Nationalhymne der Niederlande.
Über seine Arbeit in Amsterdam schrieb Wilms folgendes:
Hätten Haydn, Mozart u.a. hier gelebt, sie würden das wol nicht geworden seyn, was sie waren; sie hätten hier den lieben langen Tag Unterricht geben müssen, wodurch ihr Genius, wo nicht erstickt worden, wenigstens abgemagert wäre.
Durch seine nun neu entstandene Popularität um den Gewinn des Wettbewerbs für die niederländische Nationalhymne blieb ihm noch weniger Zeit übrig. So erwartete die breite Öffentlichkeit von ihm weitere populäre und nationalistische Arbeiten, aber auch (unentgeltlichen) Beistand und Rat bei allen Fragen des musikalischen Lebens.
1820 könnte er mit seiner Symphonie Nr. 6 d-Moll op. 58 noch den ersten Preis der Akademie im Kompositionswettbewerb »Pour une Symphonie à grand orchestre« gewinnen.
Im Jahre 1821 traf ihn ein erster Schicksalsschlag. Seine Frau erlitt eine Totgeburt, an deren Folgen sie wenige Wochen später im Alter von nur 35 Jahren verstarb.
In seinem Vortrag »Over de Toonkunst en derzelver uitwerking« fasste er vor der Königlichen Akademie seine die Summe seiner bisherigen Arbeit und seines künstlerischen Denkens zusammen. Im gleichem Jahr starb seine zweieinhalbjährige Tochter Maria Hermina. Auch seinen Schwiegervater trug er kurz danach zu Grabe.
Nach diesen Schicksalsschlägen zog sich Wilms aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. So gab er seine Stelle als Solist mit Klavierkonzerten im Orchester Felix Meritis und dem Collegium Fruditio Musica auf. Das Collegium Eruditio Musica löst sich am Ende der Spielzeit schließlich auf. Er nimmt stattdessen eine Stelle als Organist in der Mennonitischen Gemeinde Bij’t Lam an, die er bis zu seiner offiziellen Pensionierung im Jahre 1846 innehatte. Von nun an verfasste er jährlich eine größere weltliche Kantate, die überwiegend durch die Maatschappij tot Nut van’t Algemeen in Aufreag gegeben wird.
1826 bot man ihm einen Lehrauftrag an der Königlichen Musikschule in Amsterdam ab. Er fürchtete, dass seine Privatschule durch diesen Lehrauftrag zu kurz kommen würden.
Im Jahre 1830 ernannte die Maatschappij tot Bevordering der Toonkunst den Komponisten zu einem Ihrer Verdienstmitglieder und 1835 ernannte sie ihn, der nicht immer ein bequemes Mitglied war, zu ihrem Ehrenmitglied. Er beurteilte für die Gesellschaft eingesandte Kompositionen. Im Jahre 1838 kommt es schließlich zum endgültigen Bruch zwischen Wilms und der Maatschappij tot Bevordering der Toonkunst wegen der Bezuahlung seiner jährlichen Kantate. Schließlich kündigte er im Jahre 1841 seine Mitarbeit in der Gesellschaft auf.
Erfolglos war sein Protest als sich der Musiker bei der Verleihug des Ordens Van den Nederlandschen Leeuw an einen holländischen Musiker erfolgte. Z_wei jahre später wurde nachweislich das letzte Mail eines seiner Stücke zu seinen Lebzeiten in Amsterdam aufgeführt.
Zu seinem Lebenswerk gehören sieben Symphonien, mindestens fünf Klavierkonzerte sowie mehrere Solokonzerte für verschiedene Orchesterinstrumente und eine Fülle von anderen Orchesterwerken unterschiedlichster Art. Auch schuf er für die Kammermusik zwei Klaviertrios, Klavier- und Streichquartette sowie einige Violin- und Flötensonaten sowie Klaviermusik für zwei und vier Hände. Viele Seiner Werke sind gedruckt oder als Manuskript erhalten geblieben.
Als sich im Jahre 1845 vermehrt Ausfälle aus gesundheitlichen Gründen bei seiner Anstellung als Organist in der Kirche Bij’t Lam abzeichneten, reichter er im folgendem Jahr seinen Abschied ein und ging in Pension.
Am 19.07.1847 starb Johann Wilhelm Wilms in seiner Wahlheimat Amsterdam. Auf seinem letzten Weg begleiteten ihn Verwandte und Kollegen der Genossenschaft Caecilia in die Amsterdamer Zuiderkerk, ein Gedenken von offizieller Stelle erfolgte nicht für den Mann, der mehr als 30 Jahre das Musikleben der Stadt und der Niederlande bestimmte.
Der Zeitgenosse Beethovens geriet nach seinem Tode lange Zeit in Vergessenheit und erst die im Jahre 2002 gegründete Johann Wilhelm Wilms-Gesellschaft hat sich das ZIel gesetzt, den deutsch-niederländischen Komponisten wieder ins Bewusstsein der Zeitgenosse zu rücken. Hierzu führt die Gesellschaft seit vielen Jahren regelmäßig Konzerte in Witzhausen durch.
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