Johann Karl Wezel

* 31.10.1747 in Sondershausen
† 28.01.1819 in Sonderhausen

Geboren wurde Johann Karl Wezel als Sohn eines Kochs am Hofe zu Sondershausen. Die Familie entstammte ursprünglich einem bäuerlichen Umfeld.

Schon früh zeigte der junge Wezel sowohl musikalisches – er beherrschte die Geige - als auch dichterisches Talent. Zwischen 1755 und 1764 besuchte er das Lyzeum in Sondershausen, wo Nikolaus Dietrich Giseke (1724-1765) der Schule als Superintendent und Konsistorialassessor vorstand. Der Schulleiter gehörte zum Freundeskreis um Klopstock und schrieb selbst lyrische und didaktische Gedichte in den »Bremer Beyträgen«, einer wichtigen Literaturzeitung des 18. Jahrhunderts. Sprachen lernte er bei Gottfried Konrad Böttger (1731-1794) und kurz vor Ende seiner Schulzeit begann er eine Übersetzung der »Illias« in deutsche Hexameter.

Ab 1764 begann Wezel an der Universität zu Leipzig zunächst ein Theologiestudium und belegte noch Vorlesungen der Rechte, Philosophie und Philologie. Einen Abschluss erwarb er jedoch nicht. Durch Christian Fürchtegott Gellert, mit dem er zusammen in einem Hause wohnte, erhielt er eine Anstellung als Hofmeister beim Freiherrn von Schönburg in Bautzen vermittelt, die er im Jahre 1774 ausübte.

Seit dem Jahre 1776 beteiligte sich Wezel als Kritiker an der »Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und freien Künste«. In jener Zeit fand er in Christian Martin Wieland einen Förderer. Dieser schrieb am 22.04.1811 über das Verhältnis beider Männer, nachdem man sich schon Jahrzehnte zuvor zerstritten hatte, folgendes in einem Brief:

Ich muß gestehen, daß dieses sonderbare Meteor an unserm litterarischen Lufthimmel, seitdem es im Jahr 1776 so unvermutheter Weise mit Dampf und Knall für mich verschwand, nach und nach sich auch aus dem ziemlich großen Kreise meiner Erinnerungen so gänzlich verlor, daß mir von dem [...] bestandenen Verhältniß [...] sonst nichts übrig geblieben war, als ein dunkles Bewußtseyn, daß ich es redlich mit ihm meynte […].«

Aufenthalte in der russischen Hauptstadt St. Petersburg, in Paris sowie London und ein Aufenthalt in Wien, wo er sich seinen Lebensunterhalt zwischen 1782 und 1784 als Theaterdichter verdiente waren seine nächsten Stationen. Kaiser Joseph II., dessen Gunst der Schriftsteller errang, forderte ihn auf in Wien zu bleiben. Als Zeichen der besonderen Wertschätzung schenkte der Kaiser ihm eine große goldene Medaille.

Seine Zeitgenossen empfanden Wezel als einen produktiven, streitbaren und zugleich auch vielseitig engagierten Intelektuellen. Zwischen 1772 und 1785 publizierte er Romane, Erzählungen und Schauspiele. Aber auch Opern und eine Vielzahl von Rezensionen und Streitschriften aber auch pädagogischen Abhandlungen und eine philosophische Grundlagenschrift.

Seine Werke, anfangs verfasste er im Mehrheit Gedichte, waren durch die englischen Schriftsteller Henry Fielding (1707-1754), Tobias George Smollett (1721-1771) und Laurent Sterne (1713-1768) beeinflusst. Der satirische Roman »Belphegor« galt den Zeitgenossen als Gegenstück zu Voltaires »Candide« und Jonathan Swifts Jugendbuch »Gullivers Reisen«. Belephor, der Held der Geschichte, reist zusammen mit seinen Freunden Medardus und Fromal sowie Akanthe, einem Mädchen, um die Welt und die Freunde müssen zahlreiche Abenteuer – wie Gulliver – bestehen. Diese Abenteuer sind jedoch überwiegend von Schrecken und Grausamkeiten geprägt.

Eine besondere Beachtung verdient Wezel mit einem eigenständigen Beitrag zur Begründung der Anthropologie. Mit den Lehren des Mediziners Ernst Platner setzte er sich in einem öffentlichen Diskurs im Jahre 1781 auseinander. Es fehlte ihm noch die metaphysische Aspekte, so setzte er sich für eine empirisch-psychologisches Verständnis der Seele ein. In Anlehnung an Johann Gottlob Krügers (1715-1759) »Experimentalseelenlehre« beschrieb er Affekte und Leidenschaften. So sei der »Nervensaft« das Mittelglied zwischen Seele und Leib. In seinen pädagogischen Werken ist zu erkennen, dass er den Dessauer Philanthropin nahestand, das 1774 von Johann Bernhard Basedow (1724-1790) und Christian Heinrich Wolke (1741-1825) gegründet wurde. An dieser Einrichtung wurden Söhne des Adels und reicher Kaufleute nach neuen, in ganz Europa beachteten Lehrmethoden, erzogen. So verstand der Schriftsteller den Erziehungsauftrag dahingehend, dass die Kinder zu individuellen Persönlichkeiten mittels pragmatischer Gesichtspunkte ausgebildet werden.

Er geißelte in seinen Werken menschliche Torheiten und philosophische Absurditäten und spürte zugleich auch den Möglichkeiten einer positiven Lebenshaltung nach. Er entwickelte Vorschläge für den Umgang mit Ungewissheit, Leiden und dem destruktiven Potenzial der menschlichen Seele. Nach Wezel kann nur jemand, der die große Vielfalt menschlicher Lebensformen und die unhintergehbare Perspektive aller Positionen anerkennt, einen illusionslosen Blick auf das Leben werfen und dabei sogar Vergnügen haben statt zu verzweifeln.

Gesundheitlich angeschlagen, verbittert und verunsichert von den finanziellen Risiken einer freien Autorenexistenz. Kehrte er vermutlich im Jahre 1786 in seine Geburtsstadt Sondershausen zurück.

Er zog sich, von finanziellen Sorgen, gesellschaftlicher Isolierung und schriftstellerischen Kontroversen verursachten Lebenskrise aus der Öffentlichkeit zurück. So unterzog er sich mehrmals psychiatrischen Behandlungen. Im Jahre 1800 gehörte auch Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, zu seinen behandelnden Ärzten. Dieser erklärte ihn jedoch für unheilbar und schickte ihn von Altona nach Sondershausen zurück.

Über sein Schaffen in jener Zeit ist nichts mehr bekannt, seine Manuskripte wurden mehrfach gestohlen und manch publiziertes Buch unter seinem Namen erschienen, stammte nicht aus seiner Feder. So erschien 1804/05 drei Bände unter dem Titel »Gott Wezels Zuchtruthe des Menschengeschlechts«, dessen Urheberschaft er jedoch zeitlebens leugnete und auch die Zeitgenossen hielten seine Urheberschaft für unmöglich. Ob ein gewisser Gustav Teubner der Urheber war und einige Fragmente aus seiner Feder stammten könnten, ist bis heute ungeklärt.

Johann Karl Wezel war ein Autor, der wegen seiner Beliebtheit beim Publikum in der Lage war, aus dem Schreiben seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Sein wohl bekanntestes Werk war der Roman »Hermann und Ulrike«, doch noch zu Lebzeiten geriet er in Vergessenheit.

Karl Johann Wezel starb 28.01.1819 in Sondershausen nach einer kurzen Krankheit. Seine letzte Ruhestätte fand er auf den Sondershausener Gottesacker, wo heute noch eine Stele an den Schriftsteller erinnert.

Erst der Schriftsteller Arno Schmidt brachte ihn 1959 mit einem Funkessay wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit.

Bis zum Jahre 1986 existierte noch das »Wezel-Haus«, in dem der Schriftsteller seine letzten acht Lebensjahre verbrachte. Heute erinnert an der Stelle dieses Hauses eine Metall-Stele sowie eine Straße in Sondershausen.

Seit 1990 gibt es auch die Wezel-Gesellschaft in Sondershausen, die aus dem im Jahre 1973 gegründeten Wezel-Arbeitskreis hervorging. Satzungsgemäß möchte die Gesellschaft mit Mitgliedern im In- und Ausland, das Werk des Dichters und Philosophen als bedeutenden Teil des deutschen Kulturerbes erschließen, zu fördern und einer breiten Öffentlichkeit bekanntzumachen.


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