Dorothea Viehmann
* 08.11.1755 in Rengershausen
† 17.11.1815 in Niederzwehren
Geboren wurde Dorothea Viehmann am 08.11.1755 in Rengershausen, das heute ein Stadtteil von Baunathal ist, als Tochter des Gastwirtes Johann Friedrich Pierson und seiner Ehefrau Martha Gertrud Spangenberg . Ihre Vorfahren väterlicherseits stammten aus Frankreich und flüchteten nach der Aufhebung des Edikts von Nantes nach Hessen-Kassel, wo die Familie seit 1686 lebte. Über einen Vorfahren 5. Grades war sie mit Johann Wolfgang von Goethe verwandt.
In der Gaststube ihres Vaters hörte Viehmann zahlreiche Geschichten, Sagen oder Märchen von reisenden Kaufleuten, Handwerkern oder Fuhrleuten. Ein anderer Teil entstammten französischen Märchenvariationen.
Im Jahre 1777 schloss sie die Ehe mit dem Schneidermeister Nikolaus Viehmann und zog im Jahre 1787 nach Niederzwehren vor die Tore Kassels. Sie kümmerte sich liebevoll um ihre Kinder und Enkel. Aus Ihrer Ehe stammten mindestens 7 Kinder, von denen jedoch zwei schon im Kindesalter verstarben.
Als sie im Jahre 1813 die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm kennenlernte erzählte sie ihnen die Märchen aus ihrer Jugend. Sie lernte die Brüder über Julia und Charlotte Ramus kennen, die ebenfalls Erzählungen zu den Kinder- und Hausmärchen beisteuerten. Mehr als 40 Märchen und Märchenvariationen, die in überwiegend in den zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen im Jahre 1815 aufgenommen wurden.
Wilhelm Grimm würdigte sie in der zweiten Auflage der Kinder- und Hausmärchen im Jahre 1819 mit den Worten:
Einer jener guten Zufälle aber war es, daß wir aus dem bei Cassel gelegenen Dorfe Nieder-Zwehrn eine Bäuerin kennen lernten, die uns die meisten und schönsten Märchen des zweiten Bandes erzählte. Diese Frau, Namens Viehmännin, war noch rüstig, und nicht viel über fünfzig Jahre alt. […] Sie bewahrte die alten Sagen fest im Gedächtniß.
Sie war in der Lage die Märchen immer wieder mit der gleichen und unveränderten Wortwahl wiederzugeben.
Sie war in der Lage die Märchen immer wieder mit der gleichen und unveränderten Wortwahl wiederzugeben.Von ihr stammen die Märchen »Der arme Müllerbursch und das Kätzchen«, »Der treue Johannes«, »Die zwölf Brüder«, »Die kluge Else«, »Das Bürle«, »Die drei Federn«, »Sechse kommen durch die ganze Welt«, »Die Nelke«, »Die Gänsemagd«, »Die kluge Bauerstochter«, »Doktor Allwissend«, »Des Teufels rußiger Bruder«, »Der Zaunkönig und der Bär«, »Hans mein Igel«, »Der gelernte Jäger«, »Die klare Sonne bringt’s an den Tag«, »Die drei Feldscherer«, »Der Teufel und seine Großmutter«, »Der Eisenofen« und »Die faule Spinnerin«. »Der Teufel mit den drei goldenen Haaren«, das die Märchensammler bereits im Jahre 1812 veröffentlicht hatten, ging in der Endfassung 1819 auf Viehmann zurück. In den Anmerkungen sind ihre Beiträge in der Regel mit dem Hinweis »aus Zwehrn« gekennzeichnet.
Dorothea Viehmann starb am 08.11.1815 in Niederzehren. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Kirchhof am Wehrturm.
Emil Ludwig Grimm, der Bruder von Jakob und Wilhelm Grimm, schuf von ihr ein Portrait, das auch Verwendung in den seit 1819 veröffentlichten »Kinder- und Hausmärchen« Verwendung fand. und sie als »stockhessische Märchenfrau« zeigte.
An ihren ehemaligen Wohnungen im heutigen Märchenweg, wo sie zwischen 1787 und 1798 lebte, und in der Brüder-Grimm-Straße erinnern zwei Plaketten mit einem eine Büste an die ehemalige Bewohnerin der Häuser. Die Straßen in diesem heute zu Kassel gehörenden Stadtteil tragen überwiegend Bezüge zu den Märchen der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm. Auch im Berliner Stadtteil Altglienicke erinnert seit dem 01.12.1996 die Dorothea-Viehmann-Straße an die Märchenerzählerin.
Bildnachweis:
- Viehmann Dorothea (© gemeinfrei Emil Ludwig Grimm)