Thomas, Johann Gerhard Christian
* 05.02.1785 in Frankfurt am Main
† 01.11.1838 in Frankfurt am Main

Johann Gerhard Christian Thomas wurde am 05.02.1785 in Frankfurt-Sachsenhausen als Sohn des Kaufmanns Johann Hartmann Thomas, der noch vor seiner Geburt verstarb, und seiner Frau Anna Margaretha, geb. Eyßen, in der Freien Reichsstadt Frankfurt am Main geboren. Die Mutter heiratete Johann Hartmann Lindheimer und starb bereits 1794. Der Juwelier und Politiker Georg Streitz ist sein Onkel.
Thomas besuchte zwischen 1794 und 1798 das Gymnasium in Frankfurt und im Anschluss besuchte er die Augustinerschule in Friedberg, wo Christian Theodor Roth sein Lehrer war. 1802 begann er ein sein rechtswissenschaftliches und philosophisches Studium an der Universität Gießen und wechselte 1805 nach Würzburg, wo er seine rechtswissenschaftlichen Studien zum Abschluss brachte. Hier hörte er Schelling.
Schließlich begab er sich als Rechtsanwalt in seine Geburtsstadt Frankfurt a.M., wo er vor allem als Rechtsbeistand für wohltätige Stiftungen tätig wurde. Durch die Vermittlung seines Onkels Georg Streitz wurde ihm die Möglichkeit eröffnet im Juni 1808 beim städtischen Archiv eine Stelle anzutreten und so in den Frankfurter Staatsdienst einzutreten. Im Jahre 1809 ernannte ihn Carl Theodor von Dalberg zum Archivar und übernahm Aufgaben in der Finanzverwaltung des Großherzogtums Frankfurt wahr.
Zusammen mit Kloß und Römer-Büchner begannen die drei Freunde in und um Frankfurt mittelalterliche Handschriften und Drucken aufzufinden. So retteten sie zum Beispiel die »Schwanritter-Handschrift«, die heute im Bestand der Universitätsbibliothek Frankfurt unter der Signatur Ms. germ. qu. 2 verwahrt wird, oder dass »Manuskript der sieben weisen Meister« (Ms. praed. 91), dessen Publikation er ab 1812 vorbereitete. Auf Grund seiner zahlreichen politischen Aufgaben stellte er das Publikationsvorhaben im Jahre 1820 jedoch ein.
Nachdem durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses die Freie Reichsstadt Frankfurt a.M. wieder errichtet wurde, wurde er Senator und stand dem Polizeiamt vor. Zwischen 1818 und 1831 war der Jurist Mitglied der gesetzgebenden Versammlung.
Von 1816 bis 1820 übernahm er die Verantwortung für das Polizeiamt und das Polizeigericht. Von 1821 bis 1823 war er Senatsdeputierter für das evangelisch-lutherische Konsistorium. Und von 1825 bis 1833 war Thomas in gleicher Funktion für die Stadtkämmerei zuständig und zwischen 1831 und 1833 verantwortete er noch die Geschäfte des Rechtsamts.
Während der Verhandlungen zum Mitteldeutschen Handelsverein vertrat er die Interessen der Feien Reichsstadt Frankfurt. Der Mitteldeutsche Handelsverein war die Reaktion auf die Gründung des Preußisch-Hessischen Zollvereins, dem sich Sachsen, Hannover, das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach-Sachsen-Coburg, das Kurfürstentum Hessen, die Feie Reichsstadt Frankfurt sowie Braunschweig, Oldenburg, Bremen und Hessen-Darmstadtzusammenschlossen und würden hierbei von Österreich und Großbritannien unterstützt. 1834 wurde das Bündnis durch den Beitritt der meisten Vertragspartner zum Deutschen Zollverein gegenstandslos. Hannover und Braunschweig bildeten den Steuerverein. 1836 vertrat er die Freie Stadt Frankfurt bei den Verhandlungen zur Aufnahme in den Deutschen Zollverein.
Von 1821 bis 1826 war er Stadtgerichtsrat. Am 26.11.1821 entging er einem politischen Attentatsversuch von Carl Ludwig Hahn. Er übernahm 1833 für drei Jahre die Aufgabe eines Syndikus. In diese Zeit fielen auch die Ermittlungen zum Frankfurter Wachensturm vom 03.04.1833, bei dem etwa 100 Aufständische versuchten die Frankfurter Hauptwache und Konstablerwache zu erstürmen um eine Revolution in ganz Deutschland auslösen.
1834 wurde er zum Appellationsrat bestellt und gehörte der Archiv- und Bibliotheksinspektion an.
Johann Gerhard Christian Thomas vertrat die Freie Reichsstadt Frankfurt als Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Durch den Wachensturm und daraufhin folgende Bundesexekution gegen Frankfurt erforderte dieses Amt großes diplomatisches Geschick.
In den Jahren 1824 und 1829 wurde er mittels Kugelung zum Jüngeren Bürgermeister gewählt und in den Jahren 1832, 1835 und 1838 erfolgte die Wahl zum Älteren Bürgermeister.
Neben Thomas Engagement war der Jurist auch wissenschaftliche tätig. Schwerpunkte seines Schaffens waren die Frankfurter Regionalgeschichte sowie deutsche Rechtsgeschichte. So veröffentlichte er mit einem Freund 1826 eine Ausgabe des Taulers. Zwei Jahre später erschien in Fichards »Wetteravia« ein Aufsatz unter dem Titel »Älteste Frankfurter Stadtrecht von 1297«. Eine große Abhandlung über das deutsche Strafrecht erschien 1831 im »Archiv für Geschichte und Literatur« von Friedrich Christoph Schlosser und Gottlob Friedrich August Bercht.
Nach seinem Tode erschienen im 2. Heft des Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst, die der Gesellschaft von Freunden der vaterstädtischen Geschichte die „Frankfurter Annalen 793—1300“. Aus seinen nachgelassenen Unterlagen veröffentlichte L. H. Euler die Arbeit »Der Oberhof zu Frankfurt am Main und das fränkische Recht in Bezug auf denselben«, zu dem Jakob Grimm ein Vorwort verfasste.
Schon seit Jugendtagen war Thomas mit dem Frühgermanisten und Bücherfreund Georg Kloß und dem späteren Frankfurter Lokalhistoriker Benedict Römer-Büchner. Langjährige Freundschaften verbanden ihn mit dem Kaufmann und Stadtpolitiker Gottfried Scharff und dem Pelzhändler Leopold Stein, die sich in einem Dreierportrait von Emil Ludwig Grimm aus dem Jahre 1815 widerspiegelt. Auch verband ihm auch eine Freundschaft mit dem Historiker Johann Friedrich Böhmer, der nach dem Tod seines Freundes an den Wiener Historiker Joseph Cheml folgende Zeilen schrieb:
An unserem Bürgermeister Thomas habe ich hier meinen besten Freund verloren. Wir bewohnten beide benachbarte Gärten, kamen fast täglich zusammen, stimmten in religiösen und politischen Ansicht durchaus überein, hatten in geschichtswissenschaftlicher Hinsicht dieselben Liebhabereien. Er war einer der wohlwollendsten und liebenswürdigsten Menschen.
Weiterhin war er mit den bedeutendsten Frankfurter Familien, wie den Guaita, Leonhardi, Schlosser und Brentano befreundet. Auch mit Anna Charlotte, gen. Lotte, Servière und der Erzieherin der Brentano-Kinder, Claudine Piautaz, wie sich aus den Briefen Thomas an die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm zeigte. Der Briefwechsel mit den Grimms begann auf Vermittlung Achim von Arnims 1812 eine Freundschaft, der von Thomas Witwe noch einige Jahre fortgesetzt wurde. Weitere freundschaftliche Beziehungen pflegte der Frankfurter Senator auch zu Friedrich Carl von Savigny, Joseph Görres, Johann Nepomuk von Ringseis und den Brüdern Sulpiz und Melchior Boisserée.
Bekanntschaften pflegte er mit den Frühgermanisten Friedrich Heinrich von der Hagen, Johann Gustav Gottlieb Büsching, Bernhard Joseph Docen, Franz Joseph Mone und Helfrich Bernhard Hundeshagen sowie mit dem Arzt und Historiker Karl Joseph Hieronymus Windischmann und dem Arzt Nikolaus Heinrich Julius.
Im Jahre 1812 entwarf er für Jacob Grimm ein Schriftstück, dass ihm vom Kriegsdienst befreien sollte und 1814 trat er als Vermittler zwischen Jacob und Wilhelm Grimm und deren Frankfurter Verleger Bernhard Körner auf. Ende 1814 war er auch Redakteur des »Armen Heinrich« oder dem 2. und 3. Band der »Altdeutschen Wälder«, dessen Druckbögen er Korrektur las.
Seit den 1820er Jahren fanden im Hause Thomas regelmäßige Salonabende am Freitag statt. Böhmer schrieb über diese Abende:
(...) jeder Abend war bei Thomas reich und gehaltvoll. Wir lasen gemeinsam alte und neue Werke über die Kunst, besahen Kupferwerke und Jeder gab sei Urtheil ab; wir trugen kleinere Aufsätze vor, verhandelten über die Gründung eines Kunstvereins u. s. w. und beriethen reiflich, in welcher Weise und mit welchen Mitteln die Kunst und der Kunstsinn in der Kaufmannstadt zu befördern sei.
Während eines Aufenthalts in Berlin knüpfte er auch Dank der Vermittlung Bettina von Arnims viele neue Kontakte, wie mit Karl Lachmann. In einen Brief an die Grimms schrieb er über die Hilfe Arnims:
Bettina hat mir unendlich genützt in Berlin, sie machte mich nämlich mit Vielen und bald bekannt, was ich ihr sehr danke.
Thomas gründete zusammen mit seinem Freund Böhmer und dem Maler Joseph David Passavant den Frankfurter Kunstverein. Im Jahre 1837 gründete er die »Gesellschaft für Frankfurts Geschichte und Kunst«, die seit 2003 »Gesellschaft für Frankfurter Geschichte« heißt.
Im Jahre 1812 heiratete er Marie Anna, gen. Nanny. Sie war die Tochter des aus Würzburg stammenden Arztes Feurer. Die Ehe, die durch den Tod der Gattin im Jahre 1815 endete, blieb kinderlos.
Er war in zweiter Ehe mit Rosette Willemer verheiratet, die im Jahre 1799 den Frankfurter Kaufmann J. M. Staedel und war bereits 1802 Witwe. Im Jahre 1819 schloss sie die Ehe mit Thomas. Mit ihrer Freundin und Stiefmutter Marianne Willemer verband sie auch eine Freundschaft mit Johann Wolfgang von Goethe. Aus der Ehe stammten fünf Kinder
Am 01.11.1838, noch vor Ablauf seiner letzten Amtszeit als Ältester Bürgermeister, starb er an den Folgen eines Schlaganfalls. Er fand seine letzte Ruhestätte zunächst auf dem Sachsenhausen Friedhof und nach der Translozierung im Jahre 1898 wurde er auf dem Südfriedhof (Gewann A/adM 57-59) überführt.
Sein Nachlass wurde 1886 von der Frankfurter Stadtbibliothek und Stadtarchiv erworben, jedoch in den Bombennächten des Zweiten Weltkrieges ist dieser verloren gegangen.
Werke:
- Rede zur Gedächtnißfeier des verewigten Herrn Johann Carl Brönner, Senators in Frankfurt am Mayn (…). Vorgetragen im Museum zu Frankfurt am 22. Januar 1813, 1813
- Der adelichen Gesellschaft Alt-Limpurg angesprochenes Recht auf eine bestimmte Zahl von Stellen in dem Senate der freien Stadt Frankfurt, 1817
- Johann Tauler’s Predigten. Nach den besten Ausgaben und in unverändertem Text in die jetzige Schriftsprache übertragen, 1826
- Ältestes Frankfurter Stadtrecht von 1297 in: Wetteravia, 1828
- Verzeichnis der nach Frankfurter Recht erteilten Stadt- und Marktrechte. Verzeichnis der Städte und Dörfer, welche ihren Oberhof zu Frankfurt hatten. Verzeichnis der Orte, welche Burgrecht oder Burglehen zu Frankfurt hatten in: Wetteravia, 1828
- Ueber die Entstehung des Strafrechts in Deutschland (anonym) in: Archiv für Geschichte und Literatur, 1831)
- Frankfurter Annalen, vom Jahr 793 bis zum Jahr 1300. Aus Quellenschriftstellern und Urkunden, 1838
- Der Oberhof zu Frankfurt am Main und das fränkische Recht in Bezug auf denselben (posthum hg. v. Euler Ludwig Heinrich) 1841