Maria Clementine Martin
* 05.05.1775 in Brüssel
† 09.08.1843 in Köln

Am 05.05.1775 wurde Maria Clementine Martin als Tochter des kaiserlichen Hauptmanns Johan Heinrich de Martin und dessen Frau Christine von Mergenthal in Brüssel geboren. Sie wurde auf den Namen Wilhelmine getauft. Ihr Vater nahm ab dem Jahre 1778 im Dienst des Herzogs von Anhalt-Zerbst am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf englischer Seite teil.
Im Jahre 1783 zog die Familie nach Jever in Ostfriesland. Dort fand der Vater eine Anstellung am Hofe von Friedrich August von Anhalt-Zerbst. Sie gehörten der 1779 gegründeten katholischen Gemeinde an. Die Familie gehörte, bis sie in finanzielle Schwierigkeiten geriet, zur Oberschicht der Garnisonsstadt.
Im Alter von 16 Jahren trat sie im Jahre 1792 in das Kloster St. Anna der Annunziatinnen in Coesfeld ein. Im Rahmen des Reichsdeputationshauptschlusses des Jahres 1803 wurde das Kloster jedoch aufgehoben. Von der Fürstin Salm-Gumbach zu Coesfeld, in deren Besitz das Kloster überging, erhielt die Ordensfrau eine kleine Pension.
Der gesamte Konvent musste in das Kloster Marienflucht in Glane an der holländischen Grenze übersiedeln. Dort blieb sie bis zur Aufhebung des Konvents im Jahre 1811.
Während ihrer Zeit im Kloster erlernte die junge Nonne die Krankenpflege und sammelte nützliche Kenntnisse zur Herstellung von Arzneimitteln.
Von nun an war sie auf sich selbst gestellt und musste sich auf behördliche Anweisung in ihre Geburtsstadt Brüssel begeben, wo sie sich nach kurzem Aufenthalt in der Stadt Tierlemont niederließ. Über die nächsten Jahre ihres Lebens ist nichts überliefert worden.
So kümmerte sich Martin schon während der Entscheidungsschlacht von Waterloo hingebungsvoll um die verwundeten preußischen Soldaten. Feldmarschall Blücher setzte sich für die junge Frau ein, die schließlich eine Leibrente von König Friedrich Wilhelm III. in Höhe von 160 Goldtalern erhielt.
Sie kehrte schließlich, um auch in den Genuss der Rente zu kommen nach Preußen zurück, und siedelte sich in Münster an. Hier fiel sie jedoch 1821 der Obrigkeit auf und es wurde ein Verfahren wegen Quacksalberei gegen sie eingeleitet. Sie hatte eine Art Paste, Salbe, Tinktur entwickelt, um damit Kranke an Fistel- und Krebsschäden heilen zu wollen. Dies verstieß jedoch eindeutig gegen die preußische Medizinalordnung, sodass ihr dieses Vorhabe schließlich untersagt wurde.
Am 25.04.1825 zog sie nach Köln, wo sie zunächst beim 86 Jahre alten Domvikar Johann Gumpertz, den sie in der Folge wohl pflegte, Unterkunft fand. Bereits am 06.11.1825 erschien eine Anzeige, in der sie für ein von ihr hergestelltes Kölnisch-Wasser für 6 Silbergroschen und 3 Pfennige die Große Flasche, warb.
Im Jahre 1827 stellte sie erstmals in ihrem kleinen Destillationsbetrieb einen »Melissen- oder Klostergeist“ her, der nach einer Rezeptur aus ihrem ursprünglichen Kloster in Coesfeld hergestellt worden sei. Ihre Destilliere wurde in einem Gebäude am Domhof 19, direkt an der Südseite des noch unvollendet Kölner Doms, eingerichtet. Hierbei unterstützte ihre Magd Margaretha Graß die angehende Unternehmerin.
Es scheint so, als hätte Martin nach all den Jahren weltlichen Lebens kein großes Interesse gezeigt, einem der neu gegründeten Orden beizutreten. Die Stadt Köln bot für die Herstellung von Duft und Heilwassern ideale Bedingungen, gleichzeitig bestanden bereits 64 Herstellungsbetriebe in der Stadt. Die meisten dieser Betriebe waren handwerkliche Familienbetriebe, die oft nach wenigen Jahren wieder schlossen. Einzig die Echt Kölnisch-Wasserproduzenten Farina und Mühlens, der die Marke 4711 schuf, waren seit vielen Jahren weit über die Grenzen Kölns bekannt.
Neben Echt Kölnisch Wasser produzierte sie auch Melissen- und Karmelitergeist, nach Geheimrezepten aus den Klöstern in Coesfeld und Brüssel. So äußerte Sie sich in einem Brief über die Herkunft ihres Rezeptes:
An den Klöstern zu Coesfeld und Brüssel erlernte ich die Kunst, das Ächtung Carmeliter- oder Melissenwasser zu verfertigen, uns später erhielt ich durch die Vermittlung guter Menschen ein Rezept zur Bereitung des besten Kölnisch Wassers.
Zunächst begann sie ihren Vertrieb über Anzeigen in der örtlichen Presse. Schnell wurden ihre Produkte jedoch kopiert. Da es zu jener Zeit jedoch noch keine Schutzrechte auf Ideen und Imageschäden gab, konnten sich solche Auseinandersetzungen oft viele Jahre hinziehen. So erinnerte die findige Unternehmerin den preußischen König Friedrich Wilhelm III. an ihre Verdienste während der Schlacht bei Waterloo und erbat die Gunst des Monarchen zukünftig den preußischen Adler auf ihren Produkten führen zu dürfen. Schon sechs Wochen später erhielt sie eine entsprechend wohlwollend Antwort des Königs.
In der Folge wuchs ihr Unternehmen ständig an und schon 1832 gründete sie in Berlin ein Depot, um ganz Preußen zügig beliefern zu können. Es erfolgten erste Versuche zum Export ihrer Produkte nach Belgien und die Niederlande.
Gleichzeitig erweiterte Martin auch ihre Produktpalette um Räucherbalsam, Schnupfpulver oder die Heiltinktur »Vier-Räuber-Essig«.
Das Ziel für Ihren Melissengeist ein exklusives Privileg zu erhalten, wurde jedoch vom preußischen Staat verweigert, da ein solches Monopol nicht mit der allgemeinen Gewerbefreiheit des Rheinlandes vereinbar war.
Stattdessen setzte die tüchtige Kölner Unternehmerin auf Empfehlungen und Bewertungen von Ärzten. Sie holte Gutachten über die medizinische Wirksamkeit ihres Melissengeistes ein und bewarb diese Untersuchungsergebnisse über die Wirksamkeit in ihren Werbeprospekten.
Am 20.11.1837 ließ die preußische Regierung den Kölner Erzbischof Clemens August Droste zu Vischering in Folge der Kölner Wirren verhaften. Sie trat als glühende Verteidigerin des Katholizismus auf, wie sie in den Jahren 1839 und 1840 in Briefen an Joseph Görres schrieb. Der preußischen Regierung zu Köln blieb dieses Engagement jedoch nicht verborgen. So bezichtigte der Kölner Polizeipräsident Urheber von antipreußischen Schmähschriften zu sein, ohne jedoch hierfür Beweise vorlegen zu können.
Maria Clementine Martin starb am 09.08.1843 in ihrer Wahlheimat Köln. Eine große Trauergemeinde begleitete den Leichenzug zum Melatenfriedhof, wo die zeitlebens fromme Frau, ihre letzte Ruhestätte neben der Kapelle fand. Der Grabstein trägt die Inschrift:
Hier
ruht die ehrwürdige
Jubilar-Klosterfrau
MARIA CLEMENTINE
MARTIN
Geboren zu Brüssel
den 05.05.1775
Eingetreten in den hl. Orden
den 2. Oct. 1792
gest. den 9. Aug. 1843
R.I.P.
Maria Clementine Martin vererbte ihr florierendes Unternehmen nicht an ihre langjährige Gehilfin Margaretha Graß sondern an ihren Gehilfen Peter Gustav Schaeben. So gründete Graß bereits ein Jahr nach dem Tode Martins unter der Firmierung »Magarethe Graß, Gehilfen der seligen Klosterfrau« und machte Schaeben große Konkurrenz. Erst im Jahre 1926 wurden beide Unternehmen wieder zusammengeführt.
Die Künstlerin Elisabeth Perger formte 1989 eine der rund 120 Figuren für das neue Kölner Rathaus nach ihr. Im Rheinauhafen wurde ein Platz nach ihr benannt.
Aus der »Maria Clementina Martin Klosterfrau«, wie es 1826 im Kölner Handelsregister eingetragen wurde, entstand in fast 200 Jahre die Klosterfrau Helthcare Group, die heute mit über 1700 Mitarbeitern und mehr als 220 Produkten am Markt etabliert ist. Aktuell ist die Firmengründer mit 17 Standorten in Deutschland vertreten.
Normdaten
VIAF: 815631640
GND: 1373621020
LCCN: Kein Eintrag