Karoline von Günderrode

* 11.02.1780 in Karlsruhe
† 26.07.1806 in Winkel am Rhein

Karoline von Günderrode wurde am 11.02.1780 in Karlsruhe geboren. Ihr Vater war der Regierungsrat und Schriftsteller Hector Wilhelm von Günderrode (1755-1786). Die Mutter Luise Sophie Victorie Auguste Henriette Friederike von Günderode (1759-1819). Die Familie von Günderrode gehörte zu den führenden Patrizierfamilien der Freien Reichsstadt Frankfurt.

Karoline hatte noch vier Schwestern und einen Bruder, Friedrich Carl Hector Wilhelm von Günderrode (1786-1862) , der später Senator und Ältester Bürgermeister in Frankfurt wurde.

Nach dem Tod des Vaters zog die Familie im Jahre 1786 von Karlsruhe nach Hanau, wo sie in bescheidenen Verhältnissen lebte. Die Mutter erhielt nur eine kleine Witwenpension. Im Jahre 1797 wurde die junge Frau auf das Cronstetten-Hynspergische Adelige Damenstift geschickt. Das dortige Stiftsleben war nicht nach ihrem Geschmack. Die Stiftsdamen waren zu einem »sittsamen Lebenswandel« verpflichtet worden. Im Gegenzug sicherte das Kloster mittellosen Damen den materiellen Lebensunterhalt.

Während ihrer Klosterzeit befasste sich die junge Frau mit Philosophie, Literatur, Geschichte und Mythologie. In jener Zeit wurde auch ihre Sehnsucht nach einem erfüllten selbstbestimmten Leben geweckt. Schon in jenen Tagen wurden die Themen Gefangenschaft und Freiheit, Liebe und Tod für sie bedeutend und blieben es bis zu ihrem Tode. Sie entwickelte sich zu einer Anhängerin des Freiheitsideals der Französischen Revolution. Dies war bis zu ihrem Tode ein großer Konflikt, da die Dichterin nicht in das typische Rollenverständnis der Frau passte. Auch passte sie nicht in die Vorstellungen, wie eine Frau zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu dichten habe. Die junge Dichterin schrieb im Jahre 1801 an Gunda Brentano:

Ich habe keinen Sinn für weibliche Tugenden, für Weiberglückseligkeit. Nur das Wilde, Große, Glänzende gefällt mir . Es ist ein unseeliges, aber unverbesserliches Mißverhältnis in meiner Seele; und es wird und muß so bleiben, denn ich bin ein Weib und habe Begierden wie ein Mann, ohne Männerkraft. Darum bin ich so wechselnd, und so uneins mit mir.

Im Jahre 1799 lernte Karoline von Günderrode Carl von Savigny kennen, der sie in den Kreis der Romantiker um Bettina und Gunda Brentano einführte. Sie stand auch im regen Briefkontakt mit Clemens Brentano, dem Bruder Bettines.

Savigny, später der bedeutendste Jurist seiner Zeit, war auch die erste große Liebe der neunzehnjährigen Karoline. Er selbst erfuhr jedoch nichts von den Liebesbekundungen der jungen Frau. Später schrieb Bettina Brentano über jene Zeit:

Das Reich, in dem wir zusammentrafen, senkte sich herab wie eine Wolke, die sich öffnete um uns in ein verborgenes Paradies aufzunehmen

Im Jahre 1804 veröffentlichte Karoline von Günderrode unter dem Pseudonym Tiam erste Gedichte in ihrem Buch »Gedichte und Phantasien«. Johann Wolfgang von Goethe und Clemens Brentano wurden vom Talent der jungen Dichterin überrascht. So schrieb der kurz vor seinem Durchbruch stehende Dichter über die Günderrode:

Ich kann es immer noch nicht verstehen, wie sie Ihr ernsthaftes poetisches Talent vor mir verbergen konnte.

Die Günderrode verfasste einige der schönsten Gedichte der Romantik. So gehörte ihr Gedicht »Hochroth«. das ihre Todessehnsucht vorwegnimmt. zu diesen. Insgesamt war ihre Dichtung schwermütig und kühn. Trotzdem blieb sie eingängig. Bereits im 19. Jahrhundert wurde ihr der der Titel »Sappho der Romantik« gegeben.

Bei einem Ausflug zur Abtei Neuburg bei Heidelberg lernt die Günderrode im Jahre 1804 den Altphilosophen Friedrich Creuzer (1771-1853) und seine dreizehn Jahre jüngere Frau kennen. Creuzer und die Günderrode interessierten sich für Mythologie und frühgeschichtliche und matriachale Gesellschaftsformen. Für beide war diese Bekanntschaft eine geistig anregende Zeit. Professor Creuzer unterstützte die junge Literatin und half ihr beim Verlegen ihrer Werke.

Mit Creuzer verband sie bald eine enge Liebesbeziehung, beide schworen sich einander bis in den Tod zu lieben. »Den Verlust Deiner Liebe könnte ich nicht ertragen« schrieb sie in einem Brief an ihn. Ihre Liebesbriefe gelten vielen als das schönste, was es an deutschen Liebesbriefen gibt. Ihre Liebe zu Friedrich Creuzer entfremdete sie von der Alltagsrealität und flüchtete in eine Phantasiewelt, die sie in ihren Gedichten und Werken erschuf. In ihrer Liebe besuchte die Günderrode die Vorlesungen ihres Geliebten in Männerkleidern.

Friedrich Carl Savigny heiratete Gunda Brentano, ihr Bruder Clemens führte Sophie Mereau vor den Altar. Zur gleichen Zeit überlegte Friedrich Creuzer, der über eine ménage à trois nachdachte. »Meine Frau sollte bei uns zu bleiben wünschen – als Mutter, als Führerin unseres Hauswesens. Frei und poetisch sollte ihr [Karolines] Leben sein«. Creuzers Utopie entsprang einem Zeitgeist, neue gesellschaftliche Lebensformen zu finden.

Doch die Liebe zwischen Friedrich Creuzer und Karoline von Günderrode war zum Scheitern verurteilt. Als der Professor während einer schweren Krankheit durch seine Gattin gepflegt wurde, schwor er dieser, die Beziehung zu Karoline aufzugeben. Im Juli 1806 erfuhr sie von der Entscheidung Creuzers.

Karoline von Günderrode führte schon lange Zeit einen silbernen Dolch mit sich herum, auch hatte sie sich bei einem Chirugen Rat eingeholt, wie er am besten und sicherste gegen sich selbst zu führen sei. Aus enttäuschter Liebe und aus dem Konflikt zwischen ihrem Freiheitsideal und der damaligen Frauenrolle erdolchte sie sich am 26.07.1806 am Rheinufer in Winkel am Rhein. Ihren Leichnam fand man am folgenden Tage im Wasser. »Eine tiefe Wunde, nicht ganz ein Zoll lang; der Stich zwischen 4. und 5. Rippe in die linke Herzkammer eingedrungen« konnte man im ärztlichen Protokoll der Leichenschau lesen. Sie wurde auf dem Friedhof St. Walburga in Winkel beigesetzt.

Nach ihrem Tode war Professor Friedrich Creuzer sehr daran interessiert, dass Karolines postumes Werk »Melete« nicht publiziert wurde. Bei diesem Versuch, indem er als Eusebio in dem Buch vorkam und nicht erkannt werden wollte, war er sehr erfolgreich. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es »Melate« zu publizieren.

Ihr schriftstellerisches Werk hat sie unter den Pseudonym Tian veröffentlicht.

Werke:

  • Gedichte und Phantasien, 1804
  • Poetische Fragmente, 1805
  • Udohla, Drama 1805
  • Melete, Berlin 1906
  • Der Dom zu Cölln (Aus dem Nachlaß)

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