Marie Anne Du Titre
* 27.01.1748 in Berlin
† 22.07.1827 in Berlin

Am 27.01.1748 wurde dem Ehepaar Benjamin George, ein Brauereibesitzer, und seiner Gattin Sara, geborene Robert, die Tochter Marie Anne geboren. Sie wurde als 9. Von 10 Kindern geboren. Ursprünglich stammte die Familie aus der Nähe von Metz und war auf Grund der französischen Religionspolitik nach Preußen übersiedelt. Die Familie erlangte einigen Wohlstand und so gehörten ihr auch einige Ländereien an der Weidedammer Brücke, die im heutigen Berliner Bezirk Mitte über die Spree führt. Die heutige Georgenstraße am Bahnhof Friedrichstraße in Berliner Stadtteil Mitte wurde im Jahre 1798 nach ihrem Vetter Benjamin George benannt.
Am 25.03.1781 heiratete Marie Anne den Baumwoll-, Seiden- und Kattunhändler Etienne Du Titre. Ihr 14 Jahre älterer Ehemann war geschäftlich erfolgreich. So betrieb er eine Baumwollmanufaktur, die mit 108 Webstühlen, zu den größten Berlins gehörte. Ebenso besaß er eine Fabrik mit 70 Arbeiten, wo er Stoffe bedrucken ließ.
Das Paar besaß ein Grundstück in der Poststraße 26, das nahe der Nikolai-Kirche gelegen war. Das Paar pflegte einen aufwendigen Lebensstil. Während der Sommermonate hielt sich das Paar in einem Haus in Charlottenburg auf. Du Titre war stets elegant gekleidet und über alle Neuigkeiten der Stadt Berlin gut informiert.
Maria Anne Du Titre galt als Paradiesvogel der Berliner Gesellschaft. So sprach sie ungeniert den Berliner Dialekt und fiel durch Mutterwitz, Schlagfertigkeit und einer gewissen Nonchalance stets aus dem Rahmen. Sie galt auf Grund Ihrer Art als Berliner Original. Darüber hinaus beherrschte sie trotz Assimilierung die französische Sprache. So bezeichnete sie E.T.A. Hoffmann als einzige Berlinerin, »die, das Berlinische mit Grazie« sprechen könne.
Es ranken sich zahlreiche Anekdoten um Du Titre, die es zum Teil in mehreren Varianten gibt. Andere sind nicht glaubwürdig belegt oder manche auch frei erfunden. Willibald Alexis zeichnete in »Drei Blätter aus meiner Erinnerung« aus dem Jahre 1839 – allerdings ohne ihren Namen zu nennen – ihre Begegnung mit Goethe auf:
In jener Zeit [1819] gehört auch die berühmte Anekdote von der ältlichen Berlinerin, die in stummer Bewunderung seine Bekanntschaft suchte, und die Goethen selbst so ungemeines Vergnügen gemacht. Sie ist, soviel mir bekannt, noch nicht gedruckt. Der Heros trat auf sie unerwartet zu und fragte napoleonisch rasch, wohl in der Absicht, sie zu verwirren: Kennen Sie mich? Und die Dame entgegnete mit ehrfürchtigen Knix: Großer Mann! Wer sollte ihnen nicht kennen: Fest gemauert in der Erde steht die Form aus Lehm gebrannt!
Marie Anna hatte aus der Ehe mit Etienne Du Titre einen Sohn und zwei Töchter. Der Sohn starb bereits, als 3jähriger Knabe während die Töchter Sara Augustine den Seidenproduzenten Beyrich ehelichte und Marie Louise den Bankier Wilhelm Christian Benecke heiratete. Dieser wurde später als Baron Benecke von Gröditzberg in den preußischen Adelsstand erhoben. Beide Töchter erhielten eine gute Ausbildung, so war ein Bruder des Dichters Adalbert von Chamisso als Hauslehrer für die Familie tätig.
Marie Anne Du Titre starb am 22.07.1827 an der Wassersucht in Berlin. Ihre letzte Ruhestätte war der Französische Friedhof. Das Grab wurde mit einem gusseisernen Kreuz aus der Königlichen Eisengießerei geschmückt. Bis zum Jahre 2015 gehörte es zu den rund 800 Berliner Ehrengräbern.
Der »Berliner Lokalanzeiger« eröffnete im Jahre 1897 mit ihr eine Serie über Berliner Originale und der Autor wünschte sich, dass jemand den Stoff auf die Bühne bringen würde. So verfasste Ludwig Makowski daraufhin »Madame Dutitre -Lustspiel in einem Aufzug«, das in Reclams Universalbibliothek als Nr. 3849 gedruckt wurde. Im Jahre 1898 erfolgte die Uraufführung des Lustspiels in der Neuen Königlichen Opernhaus zu Berlin. Da die Familie mit den Veröffentlichungen nicht einverstanden war, schrieb eine Enkelin in der Nationalzeitung einige Richtigstellungen und interessante Richtigstellung aus dem Leben ihrer Großmutter.
Normdaten
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