George Gordon Noel Byron, 6. Baron Byron of Rochdale

* 22.01.1788 in London
† 19.04.1824 in Messolongi/Griechenland

Der Vater des späteren Literaten, der britische Offizier und Abenteurer John »Mad Jack« Byron lebte mit seiner zweiten Ehefrau Catherine Gordon Byron in Frankreich. Da seine Gattin hatte den Wunsch, das Kind in England zur Welt zu bringen, reiste sie nach London. Dort wurde ihr am 22.01.1788 der Sohn George Gordon Noel geboren.

Da der Vater, hoch verschuldet, weiterhin auf der Flucht vor seinen Gläubigern war, blieb er in Frankreich. Dort starb er vermutlich im Jahre 1791 an den Folgen einer Tuberkulose. Sein Sohn kolportierte später die Geschichte, dass sich der Vater selbst den Hals durchschnitten haben sollte.

Schon in früher Kindheit wurde eine Fehlbildung des rechten Fußes des Knaben erkennbar. Diese erbte er von seinem Vater »Mad Jack« Byron. Die engagierte Mutter Catherine Gordon Byron bemühte sich mit der Hilfe aller möglichen Ärzte und Spezialisten aber auch Quacksalbern, diese Deformierung zu behandeln. Um sich von den schmerzhaften und erfolglosen Behandlungen zu erholen, las der Knabe bereits in der Jugend viel. Er litt jedoch zeitlebens unter seiner Behinderung, da sie ihn auch gesellschaftlich stark einschränkte. So war ihm das Tanzen beispielsweise unmöglich.

Im Alter von 10 Jahren erbte er am 19-05.1798 den Titel des Baron Byron of Rochdale sowie das heruntergewirtschaftete Anwesen Newstead Abey von seinem Großonkel William Byron (1722-1798). Trotz der Erbschaft konnte die Familie keine großen Reichtümer erwerben. Ein kleines Vermögen wurde treuhänderisch verwaltet um den jungen Baron eine angemessene Bildung zu ermöglichen.

So besuchte er zunächst in die Grammar School in Aberdeen in Schottland. Ab dem Jahre 1801 besuchte er die Harrow School in London.

Während der Schulferien kehrte er in das Herrenhaus Newstead Abbey zurück und verliebte sich dort in seine Cousine Mary Chaworth, die das Werben des Jungen nicht ernst nahm und sich vielmehr über ihn amüsierte. Im Jahre 1805 heiratete sie einen anderen Mann und für Byron war es der Auslöser für ein zügelloses Auftreten als Lebemann.

Während seiner Studienzeit in Cambridge war er kaum in den eingeschriebenen Vorlesungen zu finden weil er viel lieber Verse schrieb oder sich verschuldete. Im Jahre 1808 schloss er jedoch seine Studien mit dem Master of Arts erfolgreich ab.Bereits im Jahre 1805 lernte er seine Halbschwester Augusta Leigh kennen, die aus der ersten Ehe des Vaters  John Byron stammte, und beide begannen einen intensiven Briefwechsel. Heute noch erhaltene Briefe der beiden sind voller Wortwitz und bissiger Ironie seinerseits während sie gewandt und schlagfertig antwortete.

1806 veröffentlichte Lord Byron seinen ersten Gedichtband der sich im Großen und Ganzen gut verkaufte. Den wenigen schlechten Kritiken begegnete er öffentlich mit beißendem Spott. Im Jahre 1809 machte er, wie es damals für junge Männer aus gutem Hause üblich war, eine Europareise. Zusammen mit seinen Freunden Hobhouse und Fletcher besuchte er Europa, Albanien und den Mittleren Osten. Gleichzeitig begann er die Arbeit zu »Childe Harold´s Pilgnimage«.

Im Jahre 1808 nahm der junge Lord Byron, er war nun volljährig, seinen Sitz im House of Lords ein.

Nach der Rückkehr nach England im Jahre 1812 erwarteten ihm zunächst viele schlechte Nachrichten. So war nicht nur die Mutter Catherine Gordon Byron bereits am 01.08.1811 gestorben sondern ebenfalls ein sehr guter Freund, aber auch die Ehe seiner Halbschwester Augusta Leigh war zerrüttet und er schrieb zunächst keine Zeile mehr.

Sehr zögerlich und mit viel Überredungskraft, durch seine Freunde, veröffentlichte Byron im Jahre 1812 die ersten zwei Gesänge des »Childe Harold´s Pilgrimage«. Byron avancierte mit dieser Veröffentlichung zum Liebling der insbesondere weiblichen Gesellschaft.

Seine Affäre mit Caroline Lamb wurde zum Skandal der Saison. Beide lebten ihr Verhältnis in aller Öffentlichkeit aus. Sie beschrieb ihn als »verrückt, schlecht und gefährlich ihn zu kennen« und ihn ging nun der Ruf als »Mann von zweifelhafter Moral« voraus. Während für ihn dieses Verhältnis eine Affäre war, glaubte Lady Caroline von dem Dichter geliebt zu werden. Während sie an Depressionen litt, verfasste er das Gedicht »Rember Thee«. Er ironisierte ihr Verhalten als Melodramatik.

Nach Ende der Beziehung mit Lady Caroline bekamen auch erste Gerüchte über eine inzestuöse Beziehung zu seiner Halbschwester Augusta Nahrung. U.a. wurde dieses Gerücht durch die geschämte Geliebte Caroline Lamb mit in die Welt gesetzt um den Poeten an sich zu binden.

Um seinen guten Ruf und vor allem den von Augusta Leigh wieder herzustellen, heiratete Byron Annabella Milbanke, die als Verkörperung des Begriffs »ehrbar« in der Gesellschaft angesehen wurde. So wurde sie als prüde und gottesfürchtige Frau beschrieben und Byron nannte sie liebevoll »Prinzessin der Parallelogramme«. Milbanke beschäftigte sich, zur damaligen Zeit, was für eine Frau eher ungewöhnlich war, mit Mathematik. Da sie sein Werben zunächst ablehnte, begann Byron in aller Öffentlichkeit eine weitere Affäre mit Lady Oxford. Eine Beziehung mit Augusta hielt weiter an und im Jahre 1814 gebar sie ein Kind, Elisabeth Medora, die wohl Byron zugerechnet werden dürfte.

Byron, der sich all die Jahre weiter um Annabella bemühte, konnte diese im Januar 1815 heiraten und im Dezember wurde seine erste eheliche Tochter Augusta Ada geboren. Sie erbte das Interesse an Mathematik von ihrer Mutter und entwickelte unter anderem ein Binärsystem, das heute noch zur Steuerung von modernen Rechnern die Grundlage bildet Nach einen heftigen Streit verließ Annabella Byron of Rochdale, die als ernst und rational veranlagt galt, den Dichter, der als fantasiereich und zu Scherzen aufgelegt galt, und beauftragte den Arzt Dr. Francis Le Mann den Geisteszustand ihres Ehemannes zu überprüfen.

Da der Arzt den Schriftsteller für geistig gesund erklärte konnte Annabella die dauerhafte Trennung von ihrem Mann durchsetzen. Sie lebte zukünftig mit der gemeinsamen Tochter bei ihren Eltern.

Durch die anhaltenden Gerüchte über eine inzestuöse Beziehung mit seiner Halbschwester Augusta und der spektakulären Trennung von seiner Frau Annabella verließ er am 23.04.1816 England.

Zusammen mit den alten Reisegefährten Hobhouse und Fletcher sowie in Begleitung des Arztes Dr. John Polidori reiste er im April 1816 auf den europäischen Kontinent. Diese Gruppe wurde im Mai noch größer, da sich Claire Clairmont, Percey Shelley und dessen spätere Ehefrau Mary Wollstonecraft Godwin, welche ebenfalls von der Gesellschaft gemieden wurden, anschlossen. George Byron und Claire Clairmont hatten ebenfalls eine Liebesbeziehung, der die Tochter Allegra entstammte, die jedoch schon im Kindesalter verstarb.

Die Shelleys und Byron verstanden sich gut und ließen sich am Genfer See in der Villa Diodati nieder. Hier entstand nach einem Abend voller Gespenstergeschichten, die sich die Freunde erzählten. Es lieferte die Idee für Mary Shelleys bedeutenden Werk »Frankenstein«" und John Polidori veröffentlichte seinen aus Fragmenten von Byron entwickelten Roman »Vampyr«. Da der Bucherfolg Polidori zu sehr zu Kopf stieg, trennten sich die Freunde von ihm. Byron vollendete »Childe Harold« und »Manfred« und begann sein Werk »Don Juan«. Zu dieser Zeit ging es ihm gesundheitlich nicht so gut. Die Shelleys und Claire gingen nach England zurück, doch besuchten sie Byron, den es inzwischen nach Italien gezogen hatte, immer wieder. Bereits im Oktober verließ auch Byron die Villa Diodati in Richtung Italien.

Insgesamt kann man das Werk von Lord Byron der englischen Spätromantik oder auch Schwarzromantik zuordnen. Es ist durch die Ablehnung althergebrachter Strukturen und Normen geprägt, die Hauptcharaktere sind, vermutlich nach seinem eigenen Bild geschaffen, intelligent, mutig, leidenschaftlich aber zugleich auch rastlos, verletzlich und einsam. Letztlich bleibt ihnen - wie auch ihm im Leben - das Glück versagt. In der Literatur schuf der Schriftsteller den Byronischen Held, der die Leidenschaft der romantischen Künstlerpersönlichkeit mit einem auf sich bezogenen Einzelgänger miteinander verbindet. Obwohl sein Byronischer Held einen revolutionären Charakter hat, strebt er die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse an.

Byron gehörte auch zu den ersten Künstlern, die bewusst ihr öffentliches Image pflegten. Dies tat er indem er um seine Helden einen Mythos schuf der auch auf seine Persönlichkeit abfärbte.

Der englische Schriftsteller Byron stand auch mit anderen europäischen Schriftstellern, wie zum Beispiel Goethe in Verbindung. Seinem Dichterfreund widmete er »Manfred« als Antwort auf »Faust I«. In »Faust II« setzte Goethe dem früh verstorbenen Poeten ein Denkmal als Euphorion. Auch Heinrich Heine setzte ihm in seinem Gedicht »Eine starke schwarze Barke« ein Denkmal. Aber auch Edgar Allen Poe und Alexander Puschkin. Auch der Maler William Turner wurden durch ihn beeinflusst.

Byron ließ sich für längere Zeit in Venedig nieder und begann mit der Contessa Guicioli ein weiteres Verhältnis, das einen weiteren Skandal um seine Person auslöste. Es war zwar in Italien durchaus statthaft, das man als Frau einen Liebhaber hatte, jedoch war es unüblich, das er im gleichen Haus der Eheleute wohnte.

In jener Zeit wurde der Schriftsteller Byron auch politisch aktiv. Er schloss sich der italienischen Unabhängigkeitsbewegung an. Seine Geliebte Teresa Guicioli gehörte der Separatistenorganisation der Carbonari an. Dies war der einflussreichste Verband in der italienischen Einigungsbewegung des 19. Jahrhunderts. Er zog den Zorn der italienischen Fürsten auf sich und wurde zusammen mit seiner Geliebten nach Pisa verbannt.

Zu Beginn des Jahres 1823 übernahm Byron das ihn angebotene Kommando über die freien griechischen Streitkräfte an. In jener Zeit wurde der Philhellenismus als Gegenbewegung zur europäischen Restauration gesehen. Die meisten Philhellenen der 1820er Jahre waren junge Männer aus adeligen Kreisen die sich durch ihre klassische Bildung als Bewahrer und Verteidiger einer großen antiken Zivilisation sahen. Sie unterstützten die Nachkommen der antiken Hellenen im Kampf um ihre Unabhängigkeit gegen das osmanische Reich. Viele Philhellenen, wie auch Lord Byron schlossen sich den griechischen Truppen an und zogen auch in den Kampf.

George Gordon Noel 6th Baron Byron of Rochdale starb am 19.04.1824 im griechischen Messolongi an den Folgen einer Unterkühlung. Durch einen medizinischen Aderlass wurde der britische Schriftsteller Byron so weit geschwächt, dass der Tod eintrat. Noch heute ist Lord George Noel Byron in Griechenland für seine Teilnahme am Unabhängigkeitskrieg eine geachtete Persönlichkeit. Sein Leichnam wurde einbalsamiert und mit dem Schiff nach England überführt. Er fand seine letzte Ruhestätte in der Church of St. Mary Magdalene in Huckhall in der Nähe seines Landsitzes Newstead Abbey.

Werke:

  • Fugitive Pieces, 1806
  • Poems on Various Occasions, Hours of Idleness, 1807
  • English Bards and Scotch Reviewers, 1809
  • Childe Harold's Pilgrimage, Cantos 1–2, 1812
  • The Giaour; The Bride of Abydos, 1813
  • The Corsair; Lara; Ode to Napoléon Buonaparte, 1814
  • Hebrew Melodies, 1815
  • When in pain, 1816
  • The Siege of Corinth; Parisina; Childe Harold's Pilgrimage, Canto 3; The Prisoner of Chillon, 1816
  • Manfred, 1817
  • Beppo; Childe Harold's Pilgrimage, Canto 4, 1818
  • Mazeppa, Don Juan, Cantos 1–2, 1819
  • Marino Faliero, Don Juan, Cantos 3–5; Cain; The Two Foscari; Sardanapalus, 1821
  • Vision of Judgement, 1822
  • Don Juan, Cantos 6-14, 1823

Letzte Änderung der Seite: 04. 06. 2023 - 17:06