Friederike Elisabeth Brion

* 19.04.1752 in Niederrödern/Elsass
† 03.04.1813 in Meißenheim/Lahr

Friederike Elisabeth Brion war das dritte von fünf überlebenden Kindern des Pfarrers Jakob Brion. Das genaue Geburtsdatum lässt sich nicht mehr nachvollziehen, da die Kirchenbücher in den Wirren der französischen Revolution verloren gegangen sind. Im Jahre 1760 nahm der Vater eine Pfarrstelle in Sesenheim an. Dort wuchs das lebensfrohe, aber etwas kränkliche Mädchen heran.

Das elterliche Gasthaus wurde immer wieder von Studenten aus Straßburg besucht. So besuchte im Herbst 1770 auch der Student der Rechte Johann Wolfgang Goethe aus Frankfurt zusammen mit seinem Freund Friedrich Leopold Weyland (1750-1785) das Pfarrhaus von Sesenheim. Dieser Ausflug sollte der Literaturgeschichte eine der bekanntesten Liebesabenteuer des großen Poeten bringen.

Später berichtete Goethe in seiner »Dichtung und Wahrheit« über die erste Begegnung mit Friederike Brion:

In diesem Augenblick trat sie wirklich in die Türe; und da ging fürwahr an diesem ländlichen Himmel ein allerliebster Stern auf. […] Schlank und leicht, als wenn sie nichts an sich zu tragen hätte, schritt sie, und beinahe schien für die gewaltigen blonden Zöpfe des niedlichen Köpfchens der Hals zu zart. Aus heiteren blauen Augen blickte sie sehr deutlich umher, und das artige Stumpfnäschen forschte so frei in die Luft, als wenn es in der Welt keine Sorge geben könnte; der Strohhut hing am Arm, und so hatte ich das Vergnügen, sie beim ersten Blick auf einmal in ihrer ganzen Anmut und Lieblichkeit zu sehn und zu erkennen.

Goethe besuchte in dieser Zeit mehrmals das Pfarrhaus und es folgten noch mehrere »folles chevauchées« bei denen sich der Student auch für längere Zeit im Hause der Familie Brion aufhielt. So wurde der Ort Sesenheim und auch Friederike Brion wurde für die nächsten Monate für ihn der »Mittelpunkt der Welt«. In jener Zeit unternahmen die beiden ausgedehnte Spaziergänge und Kahnfahrten in den Rheinauen und besuchten auch Freunde und Bekannte der jungen Frau.

So entstand im Frühjahr 1771 eine Reihe von Gedichten und Liedern, die manchmal mit bemalten Bändern an die Geliebte gesandt wurden. Dieser Liederzyklus - in die Literaturgeschichte als »Sessenheimer Lieder« eingegangen - waren der Beginn des Sturm und Drang und zugleich legten dieselben den Grundstein für Goethes Ruf als Lyriker.

Die Beziehung zwischen Johann Wolfgang Goethe und Friederike Brion dauerte nur knapp ein halbes Jahr. Schon im Frühsommer 1771 dachte der Student daran, die Beziehung zu beenden und am 07.08.1771 - auf dem Weg zurück nach Frankfurt - sah er Friederike Brion zum letzten Mal. Von Frankfurt aus schrieb er ihr noch einen Brief, dass er nun das Verhältnis endgültig löste. Anlässlich eines Schweiz-Aufenthalts kehrte Goethe nochmals im Jahre 1779 in das Pfarrhaus nach Sesenheim zurück. Ungesichert ist, ob er auch drei Jahre später, anlässlich der Hochzeit von Friederikes Schwester Marie nichmals in das Pfarrhaus zurückkehrte.

Im Sommer 1772 bemühte sich der Dichter Jacob Michael Reinhold Lenz um die an großem Liebeskummer leidende Friederike. Ihr widmete er folgende Verse:

Wo bist du itzt, mein unvergeßlich Mädchen,
Wo singst du itzt?
Wo lacht die Flur? Wo triumfirt das Städtchen
Das dich besitzt?

Sie blieb jedoch bis an ihr Lebensende unverheiratet und wohnte noch bis zum Tod ihres Vaters im Jahre 1787 in ihrem Elternhaus. Die Mutter verstarb im Jahre 1786. Nach dem Tod der Eltern zog Friederike mit ihrer jüngeren Schwester Sofie zu ihrem Bruder Christian Brion auf die Pfarrei Rothau im Steintal. Dort blieben die beiden auch nach der Versetzung des Bruders. Die Schwestern verdienten sich mit dem Verkauf von Web- Steingut- und Töpfereiwaren und Handarbeiten ihren Lebensunterhalt. Zeitweise unterhielten die Schwestern in Sesenheim eine Pension für Mädchen, die in einer Rothauer Schule Französisch lernen sollten.

Ab 1801 siedelte Friederike Brion zur Unterstützung der kränkelnden Schwester Marie ins Pfarrhaus nach Diersburg und blieb mit einigen Unterbrechungen dort. 1805 zog die Familie nach Meißenheim und Friederike folgte ihr nach. Dort verstarb 1807 die ältere Schwester und Friederike blieb bis zu ihrem Tode am 03.04.1813 bei ihren Schwager. Zwei Tage später wurde die Brion auf dem Kirchhof von Meißenheim beigesetzt und schnell von den Zeitgenossen vergessen.

Sie selbst erlebte das nach ihren Tod einsetzende schwärmerische Interesse an ihrer Person nicht mehr. Hatte doch Goethe in seinem zweiten und dritten Band der »Dichtung und Wahrheit« über diese Liebesromanze ausführlich berichtet. So machte sich im Jahre 1822 der Bonner Professor August Ferdinand Naeke anlässlich einer Reise nach Sesenheim auf, Spuren der Pfarrerstochter zu finden. Goethe ging in seinem Aufsatz »Wiederholte Spiegelungen« im Jahre 1823 auf den ihm zugesandten Reisebericht des Bonner Professors auf diese Beziehung ein.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entstand ein wahrer Friederikenkult, der jedoch durch Gerüchte gestört wurde, dass sie mehreren unehelichen Kindern das Leben schenkte. Hier wurde auch spekuliert, dass die Liassion zwischen Friederike Brion und Goethe nicht folgenlos geblieben sein solle. Diese setzten sich jedoch nicht durch, selbst als der Straßburger Goetheforscher Johann Froitzheim dies mit historischen Quellen zu belegen versuchte.

Heute erinnert ein im Jahre 1866 durch den Bildhauer Wilhelm Hornberger gefertigt. Anlässlich der Aufstellung des Grabmals auf dem bis dahin total verwitterten Grab hielt Friedrich Geßler. Die Inschrift ist einem Vers von Ludwig Eckhardt entlehnt worden und lautete:

Ein Stral der Dichtersonne fiel auf sie,
so reich, daß er Unsterblichkeit ihr lieh!

Der Komponist Franz Lehár widmete ihr die Oper »Friederike«, die auf der Liebebeziehung zwischen ihr und Goethe beruhte.


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