Die Schwester und die Nymphe der Garonne

      Die Schwester.[1]

     Nymphe des goldenen Stroms[2] verlasse die schäumende Urne,
Heb’, o Göttliche, hoch über die Wogen dein Haupt!
Höre die Stimme der Schwester, die laut den Jüngling verlanget,
Den dein mächtiger Arm tief im Abgrund verbarg.
Nymphe, pflegest du sein in wogenumdonnerter Halle?
Theilt der Holde mit dir deiner Unsterblichkeit Glück?

     Die Nymphe.

     Nicht die Nymphe des Stroms entführte den Kühnen, den Schönen;
Hoch zum Olympus hinauf trug ihn ein stärkerer Gott!
Heimlich blühet er dort, umkränzt von ewiger Jugend.
Trockne die Thräne des Harms! weine den Seligen nicht!

Die Schwester und die Nymphe der Garonne

Die Schwester und die Nymphe der Garonne


[1] Ich verlor vor fünf Jahren einen sehr geliebten Bruder, der hier beim Baden ertrank. Indem ich bei meiner Ankunft in Bordeaux über den Fluß setzte, entstanden diese Zeilen.
[2] Die Garonne zeichnet sich unter den gelben Strömen Frankreichs durch eine reinere tiefere Goldfarbe aus.


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03