An einen schlechten Patrioten.
Länger halt ich den Zorn nicht in der Brust zurück!
Theilnahm' wäre Verzeihn, wäre Verheelen nur
Deines schändlichen Undanks,
Kalter Sohn meines Vaterlands!
Unwerth bist du des Lichts, das dich zuerst entzückt,
Unwehrt bist du der Flur, welche dir Nahrung gab,
Bist unwürdig des Schutzes
Den Gesetz Dir und Fürst verleihn.
Mit Verachtung nur blickst du auf das Land herab,
Das dich mütterlich trägt, höhnisch aufs Brudervolk,
Dessen Pflege und Bildung
Dich zum denkenden Wesen hob.
Patriot, dieser Nam' zwingt dir ein Lächeln ab;
Thorheit voriger Zeit, arme Beschränktheit der Deciusse und Cato's
Wars, zu lieben ein Vaterland.
In die Fremde hinaus starrt nur dein Sehnsuchts-Blick,
An den Feinden des Reichs siehst du nur Tugenden,
Wünschest Sieg nur dem Heere,
Das im Vaterland wüthen will.
Horch , wie nennest du dich? Kosmopolit! Ha, dies
Tönet höher! zu klein ist dir Ein Volk, Ein Land,
Deiner Liebe gedehnter
Arm umspannet den Erdenkreis.
Mag dein Bruder am Rhein Galliens Sclave seyn',
Wird der Cophte nur frey von der Osmanen Druck!
Werd' Europa verheeret,
Hat der Nil doch ein Zeitungsblatt.
Arge Krankheit der Zeit! Traurige Maske, die
Herzens-Trägheit und Kalt' fruchtlos zu bergen strebt!
Ob dem Neger Guinea's,
Welchem nie deine Thrä'ne nützt,
Gehst du fühllos und kalt vor des unglücklichen
Nachbars Haus, den dein Arm leicht auf Fortunens Rad
Wieder hübe; Tiraden
Sind ja leichter als Thaten dir ! —
Aus der Höhle des Bergs, unter des Eichbaums Dach
Aus dem Dickicht hervor, rief die Geselligkeit
In der Jugend der Menschheit,
Pyrrha's halb noch versteinten Sohn.
In den Mauern der Stadt, unter dem Scepter des
Fürsten, von dem Gesetz heilsam ins Joch gebeugt,
In dem Kreise der Nachbarn,
Ward zum Menschen das rohe Thier.
Und das erste Gefühl, welches ihn edler hob.
War die Dankbarkeit, war Liebe für Haus und Feld'
Nachbarn, Fürst und Gesetze,
War der mildere Bürgersinn.
Und dir ist es ein Spott, dieses so menschliche
Beßre Erstlingsgefühl, welches des Wilden Brust
Allen Tugenden aufschloß,
Ohne dem du selbst Wilder wärst?
Höher trägt dich dein Flug? O, auch erweiterter
Sind die Gränzen des Staats, welchem du angehörst!
Wagst du's, ernstlich zu wähnen,
Allzuklein sey er deiner Kraft?
Ziehe enge den Kreis, wenn du ihn füllen willst!
Von dem Mittelpunkt nur rings um vergrößer' ihn,
Wie der Steinwurf die Cirkel
Auf der Fläche des Spiegelsee's.
O, gedenke des Bachs, der, in sein Bett beschränkt,
Segen spendet im Lauf, rauschende Mühlen trieb,
Aber stolz, nun des Stromes
Breit hinwallende Majestät
Nachzuahmen, sich weit über die Flur ergoß,
Wo sein Wasser in Dunst nichtig gen Himmel dampft,
Und die Aura den Goldsand
Seines Grundes, als Staub entführt. —
Ha, wer bist du, o Weib, rufst du mir staunend zu,
Das den männlichen Stoff kühn zu besprechen wagt?
O, wohl weiß ichs,
ihr Männer Neidet jedes erhabnere
Allgemeinre Gefühl, welches die Brust uns hebt.
Streitet Vaterlands Lieb' etwa mit Weiblichkeit?
Könnt' ich nur, gleich Veturen,
Rühren, Coriolanus, dich!
Wer soll lieben die Flur, welche dem Kinde schon
Blumen spendet'zum Spiel, Hütte und Vaterheerd,
(Ihre Welt!) und des Hauses
Götter, wenn sie das Weib nicht liebt ?
Und mich leitete früh schon zu des Vaterlands
Weihaltare, wie einst Hamilkar Hannibal,
Mein Erzeuger, und hob des
Kindes Händchen zum Liebesschwur,
Ja, mein zahllos Geschlecht liebe ich; heilig schallt
Immerdar mir der Nam': Mensch! in der Brust zurück;
Aber näher und süsser
Tönet Freund mich, und Bruder an.
Schaudernd kehrt sich mein Blick auch vom eroberten
Schlachtfeld ab, und mein Herz fühlt mit der Mutter, die
An den Ufern der Seine
Weinen wird ihrer Söhne Fall.
Aber soll ich dem Pfeil, der nach des Vaters Brust,
Nach dem Herzen des Freunds, glücklich wie Teucer, zielt,
In dem Leben der Theuren
Lieber wünschen, vom Flug zu ruhn? —
O, daß wieder der Fried' kehrte von lichten Höhn!
Um die Völker ihr Band wieder die Eintracht schlang'!
Dann, wie gern ohne, Undank!
Bin ich Kosmopolit, wie du.