Pierre Charles Jean-Baptiste Silvestre de Villeneuve

* 31.12.1763 in Valensole
† 22.04.1806 in Rennes

Pierre Charles Jean-Baptiste Silvestre de Villeneuve wurde am Silvestertage 1763 in Valensoles geboren.

Er trat im Jahre 1778 in die französische Marine ein und nahm auf Seiten Frankreichs am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zwischen 1778 und 1783 teil. So nahm der junge Offizier unter de Guichen an den Seegefecht vor Domenica und unter de Grasse an der Seeblockade vor Yorktown teil. Er kämpfte auch unter dem Befehl Bouilles vor Tobago und unter Suffren in Indien. Aus jener Zeit gründete auch die Freundschaft zwischen Decrés (1761-1820), dem späteren Marineminister, und ihm. Im Jahre 1780 erhielt Villeneuve sein Leutnantspatent.

Während der Französischen Revolution sympathisierte Villeneuve mit den Anhängern der Revolution. Als äußeres Zeichen seiner neuen politischen Einstellung verzichtete der Seeoffizier auf seine bisherigen Privilegien, die er auf Grund seiner adeligen Abstammung genossen hatte. Nachdem er, wie alle adeligen Offiziere im Jahre 1793 aus dem Dienst entfernt wurde, nach kurzer Zeit schon wieder in der französischen Marine Dienst tun.

Noch im Jahre 1793 wurde er zum Kapitän befördert. Im gleichen Jahr traf er bei der Belagerung des Hafens von Toulon erstmals mit dem jungen General Napoléon Bonaparte zusammen. Im Jahre 1796 erfolgte seine Ernennung zum Konteradmiral.

Als sich im Jahre 1798 General Bonaparte auf den Weg nach Ägypten machte, kommandierte Villeneuve die Nachhut unter Admiral Brueys (1753-1798). In der Seeschlacht von Abukir am 01. und 02. August 1798 wurde die französische Flotte von einem englischen Geschwader unter dem Befehl Admiral Nelsons vernichtend geschlagen. Die »GUILLAUME TELL«, das Schiff Villeneuves, entschloss sich zur Flucht in Richtung Korfu. Ihm schlossen sich die »GÉNÉREUX« und den Fregatten »JUSTICE« und »DIANE« an. Nelson verzichtete jedoch, auf Grund der schweren Beschädigungen seiner eigenen Flotte den flüchtenden Verband zu verfolgen.

Während seiner Rückreise nach Frankreich landete Villeneuve auch im Hafen der Insel Malta, die von französischen Truppen besetzt war. Im Folge der britischen Belagerung Maltas und der Kapitulation der Festung geriet auch der französische Konteradmiral im September 1800 in englische Kriegsgefangenschaft. Durch einen Gefangenenaustausch dauerte die Gefangenschaft nicht sehr lange und er konnte bereits im folgenden Jahr in die französische Heimat zurückkehren.

In Frankreich stand Konteradmiral Villeneuve in der öffentlichen Kritik wegen seines Verhaltens während der Seeschlacht von Abukir. So erhob der Zweitkommandierende der Flotte Blanquet de Chayla (1756-1826) schwere Vorwürfe an die Adresse Villeneuves und Decrés. So griff Villeneuve während des Gefechts als Befehlshaber der Nachhut lange Zeit nicht in die Kampfhandlungen ein sondern entfernte sich vielmehr vom Ort des Geschehens. Durch die Fürsprache des Ersten Konsuls Napoléon Bonaparte hatte diese öffentliche Diskussion keine Auswirkungen auf seine weitere Karriere.

Villeneuve wurde im Jahr seiner Rückkehr zum Befehlshaber des Geschwaders von Rochefort berufen. Im Jahre 1804 wurde er in das Mittelmeergeschwader des Admirals Latouche-Tréville nach Toulon versetzt. Nach dem Tode des Admirals am 14.08.1804 übertrug ihn Napoléon - auf Vorschlag des Marineministers Decrés - das Kommando unter zeitgleicher Beförderung zum Vizeadmiral - über den Schiffsverband.

Sein Auftrag lautete, die Blockade von Toulon zu durchbrechen und sich mit dem spanischen Geschwader unter Admiral Gravina zu vereinigen. In einem groß angelegten Ablenkungsmanöver sollte dieser gemeinsame Flottenverband dann die britische Flotte in die Karibik locken um sofort wieder kehrt zu machen um in den englischen Kanal einzulaufen. Zusammen mit der Flotte in Brest, wo die französische Atlantikflotte stationiert war, sollte dann die französische Invasion auf den britischen Inseln gedeckt werden. Somit erhoffte sich Napoléon zumindest für ein paar Tage die Seeherrschaft im Kanal zu besitzen, ehe die britischen Schiffe aus der Karibik zurückbeordert würden.

Erst am 29.03.1805 gelang es Vizeadmiral Villeneuve mit seinem Verband, bestehend aus 11 Linienschiffen, aus dem belagerten französischen Hafen Toulon auszubrechen. Die Straße von Gibraltar passierte er am 08.04.1805 und segelte zusammen mit der spanischen Armada dann in die Karibik um sich mit Admiral Gantenaume, dem Befehlshaber der aus Brest ausgebrochenen Flotte zu vereinigen. Doch wartete er erfolglos bei Martinique auf den Flottenverband aus Brest.

Er erhielt am 07.06.1805 die Nachricht, dass der britische Admiral Lord Nelson, sein ehemaliger Gegner von Abukir, auf Antigua eingetroffen sei. Vier Tage später setzte Villeneuve überhastet Kurs in Richtung Europa. Auf seiner Rückreise wurde er am 22.07.1806 jedoch etwa 200 Seemeilen vor der spanischen Küste in ein Gefecht mit Admiral Calder verwickelt. Nun entschloss sich der französische Vizeadmiral den spanischen Hafen Cadiz anzulaufen und nicht, wie es die Befehle Napoléons vorsahen, in den Ärmelkanal zu segeln. Hier blieb er zunächst über Wochen tatenlos zurück. Erst nachdem der Kaiser ihm als Kommandanten des Flottenverbandes abgesetzt hatte und sein Nachfolger Rosily-Mesros auf dem Weg war, entschied er sich den schützenden Hafen von Cadiz am 18.10.1805 zu verlassen.

Zuvor hatte Napoléon auf sein Vorhaben, die britischen Inseln zu besetzen, verzichtet. Nun sollte der französisch-spanische Flottenverband eine französische Invasion in Italien decken. Am 21.10.1805 wurde der französische Seeverband von einem zahlenmäßig unterlegenen englischen Flottenverband unter Befehl Admiral Nelsons entdeckt. Es kam zum Seegefecht bei Trafalger, das für die französisch-spanischen Armada in einer katastrophalen Niederlage endete.

Lord Nelsons ist während des Gefechts von einer Kanonenkugel tödlich getroffen worden. Vizeadmiral Vielleneuve überlebte die Niederlage seines Flottenverbandes und geriet in englische Kriegsgefangenschaft.

Am Bord der Fregatte »EURYALUS« wurde er nach Großbritannien gebracht wo er am 29.11.1805 eintraf. Kurz nach der Landung wurde er von Krämpfen geplagt und musste seine Reise nach London unterbrechen und einen Arzt konsultieren. Schon in der britischen Kriegsgefangenschaft wirkte der französische Admiral melancholisch. Er lebte zurückgezogen und nahm nur an der Trauerfeier für seinen Gegner Nelson teil.

Die Kriegsgefangenschaft von Villeneuve dauerte nur wenige Monate. Bereits im April 1806 wurde er im Austausch für vier britische Marineoffiziere zusammen mit den Kapitänen Magendie, Lucas und Infernet ausgetauscht.

Am 09.04.1805 landete er bei Morlaix in der Bretagne. Er beabsichtige nach Paris zu gehen um sich vor Kaiser Napoléon für sein Handeln bei Trafalgar zu rechtfertigen. Nachdem er den Marineminister Decrés geschrieben hatte, bat er um weitere Instruktionen. Zugleich schrieb er auch seinen bereits früher nach Frankreich gelangten Mitgefangenen Lucas an und bat dem frisch beförderten Konteradmiral bis zu seiner Ankunft in Paris zu weilen, um in einer von ihm geforderten Untersuchung der Ereignisse bei Trafalgar als Zeuge auszusagen.

Doch bevor er Paris erreichen konnte, wurde er am 22.04.1806 in einem kleinen Gasthaus in Rennes tot aufgefunden. Seine Brust wies mehrere Stichwunden auf.

Nach offiziellen Aussagen habe sich Vizeadmiral Pierre Charles Jean Baptiste Silvestre de Vielleneuve selbst getötet. Doch lassen sechs Messerstiche einen Suizid diese These sehr zweifelhaft erscheinen. Vielmehr scheint hier ein Auftragsmord – vielleicht durch Kaiser Napoléon oder seinem Polizei- und Innenminister Fouché oder durch seinen alten Freund Decrés in Auftrag gegeben - viel wahrscheinlicher.

Der Name des französischen Marineoffiziers ist in der 13. Spalte des Triumphbogens in Pairs wiederzufinden.


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