Albrecht Ludwig Berblinger

* 24.06.1770 in Ulm
† 28.01.1829 in Ulm

Albrecht Ludwig Berblinger wurde am 24.06.1770 in der Freien Reichsstadt Ulm geboren. Er ist das siebente Kind eines Amtsknechts im städtischen Zeughaus Albrecht Ludwig Berblinger d.Ä.. und seiner Ehefrau Anna Dorothea Fink. Die Waffen und das Gerät ließen schon im Knaben das Interesse für die Mechanik entstehen.

Nach dem Tode des Vaters kam er im Jahre 1783 in ein Waisenhaus wo man ihm zwang eine Schneiderausbildung zu machen. Er wäre jedoch viel lieber Uhrmacher geworden. Bereits im Alter von 21 Jahren - normalerweise erst nach 8 Jahren Gesellenzeit - wurde er Schneidermeister. Die Geschäfte laufen gut, zeitweise beschäftigte Meister Berblinger bis zu vier Gesellen, und schon im Jahre 1793 konnte er ein Häuschen erwerben.

Im Jahre 1794 war die Bürgerschaft der hoch verschuldeten Stadt, inspiriert durch die Ereignisse der Französischen Revolution, unruhig geworden. Am 09.08.1794 entlud sich der Unmut im »Kanonenarrest«. Eine aufgebrachte Menschenmenge verhinderte den Abtransport städtischer Kanonen zur kaiserlichen Armee an den Rhein um gegen die französischen Revolutionstruppen eingesetzt zu werden.

Sein eigentliches Interesse galt jedoch der Mechanik und so versuchte er sein kärgliches Gehalt als Schneider durch zahlreiche Erfindungen aufzubessern.

So entwickelte er im Jahre 1808 eine Fußmaschine -die erste Beinprothese mit eingebautem Gelenk - um Patienten nach einer Fußamputation helfen zu können. So wollte er das »grause Ansehen der Stelzen und Krücken, welches besonders bei schwangeren Personen Abscheu verursacht« durch »eine Maschine zu verfertigen, welche dem Unglücklichen wie mit einem natürlichen Fuß zu gehen gestattet« verbessern. Die erste Prothese wurde für den Ulmer Stadtsoldaten Elias Schlumperger angefertigt. Die Beinprothese konnte durch Gelenke und Stahlfedern aufgezogen und wieder entspannt werden. So bat das Ulmer Spital, das die Konstruktion begeistert aufnahm, in einer Eingabe an den bayerischen König Maxilian I. Joseph um einen Kostenersatz von 44 Gulden. Man betonte in der Eingabe, dass das Kunstglied bequem zu tragen sei und »durch seine Proportion den Anblick des Publicums keinen widrigen Eindruck« vermittelt würde. Noch heute liegt das von Berblinger entworfene Konstruktionskonzept heutigen Prothesen zugrunde.

In den nächsten Monaten fertigte Albrecht Ludwig Berblinger weitere Prothesen an, die auch alle bei den Ulmer Ärzten große Aufmerksamkeit erfuhren. Ermutigt und ein neues Standbein gefunden zu haben, wandte er sich an den bayerischen Monarchen in München und bat um die Erlaubnis öffentlich für seine »Fußmaschine« werben zu dürfen. Doch der bayerische König, zu dessen Herrschaftsgebiet zwischen 1802 und 1810 die Stadt gehörte, zeigte sich wenig interessiert. Offensichtlich durch das monarchische Desinteresse verärgert stellte er seine Arbeit an den Prothesen ein.

Inspiriert durch Flugversuche des Schweizer Uhrmachers Jakob Degen, der im Jahre 1808 in Wien und anderen Städten seine Flugkünste vorführte, strebte er nun danach den alten Menschheitstraum vom Fliegen zu vollenden.

Berblinger entschloss sich mit seinem Fluggerät nicht vom Boden aufzusteigen sondern von einer Erhöhung herabzugleiten. So baute er aus Seide, Schnüren und Fischbein ein Fluggerät mit einer Tragfläche von 12 m2. Er konstruierte einen halbstarren Hängegleiter und gab somit die Idee des Schwingenfluges, wie sie vor ihm noch Degen favorisierte, auf.

Berblinger hatte inzwischen den Traum vom Fliegen für sich entdeckt und konnte inzwischen auch erste Erfolge im Gleitfliegen aufweisen. Flugversuche am Michelsberg hatten durch günstige Aufwinde erste Erfolge gezeigt.

Anlässlich des Besuches König Friedrich I. , der seine neu erworbene Stadt im Mai in Augenschein nehmen wollte, sollte der erste öffentliche Flugversuch stattfinden. So versuchte Albrecht Ludwig Berblinger in Anwesenheit des Königs einen weiteren Flugversuch. Von der Adlerbastei aus wollte er die Donau überfliegen. Auf der 13 Meter über der Donau gelegenen Punkt erbaute der Flugpionier ein sieben Meter hohes Holzgerüst. Doch da ein Flügel brach konnte der Flugversuch nicht stattfinden und der König reiste noch am selben Tage ab.

Schon am nächsten Tag fand der nächste Flugversuch statt. Da jedoch über der Donau die notwendige Thermik, um für Auftrieb zu sorgen, fehlte stürzte der Schneider von Ulm zur Belustigung seiner Mitbürger in die kalte Donau.

In Spottgedichten, wie dem nachfolgenden, machte man sich über den Misserfolg Berblingers lustig:

Der Schneider von Ulm
hat's Fliega probiert
No hot'n der Deifel
en d' Donau nei g'führt

Für Berblinger hatte dieser Misserfolg jedoch große wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachteile. Ein Versuch im Jahre 1812 als Regimentsschneider wieder Fuß zu fassen scheiterte.

Berblinger heiratete im Jahre 1792 die Anna Scheiffelin, Tochter einer alten Donauschifferfamilie, mit der er insgesamt 6 Kinder hatte.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen wieder als Schneider Fuß zu fassen, starb er am 28.01.1829 ab Auszehrung. Seine letzte Ruhestätte - ein Armengrab - ist bis heute nicht bekannt.


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