An meine Leyer
Du, die mit holdem Spiele
Mich zu ergötzen liebt;
Die innigsten Gefühle
Des Herzens wiedergiebt,
Belebt von deinem Feuer,
Das in den Adern glüht,
Sing' ich, geliebte Leyer,
Dir heut ein kleines Lied.
Vor allem, was mir Gutes
Der Himmel je beschert;
Ich sag' es freyen Muthes,
Bist du mir lieb und werth.
Als noch in meinem Busen
Der Dichterfunke schlief,
Und noch nicht zu den Musen
Mein Führer Kleist mich rief,
Als ich noch gern im Kreise
Mit kleinen Bübchen sprang,
Und nach der Kinder Weise
Manch lustig Liedchen sang.
Schon da fühlt' ich im Blute,
Ich wußte selbst nicht was?
Daß ich vor frohem Muthe
Oft all mein Spiel vergaß.
Oft schlich ich in den Garten,
Und wußte nicht warum?
Als wollt' ich wen erwarten,
Dann kehrt' ich traurig um;
Ich fühlte, daß mir's fehlte,
Und wußte doch nicht, wo?
Und welches Spiel ich wählte,
Ich ward nicht wieder froh.
Auch hab' ich oft im Haine
Dem Monde nachgeschaut;
Oft lauscht' ich da alleine
Mit jedem Baum vertraut.
Oft in dem frühsten Lenze
Flog ich hinaus ins Thal,
Und wand die ersten Kränze
Und macht' ein kleines Mahl,
Und lud zum kleinen Mahle
Amynt und Galathee,
Zu tanzen in dem Thale
Mit ihrer Lalage.
Und dann, beym Fest der Trauben,
Dann war ich froh bemüht,
Zu flechten kleine Lauben,
Und sann auf Spiel und Lied.
Doch Spiel und Lied und Tänze,
Und alles schwand mir bald;
Ich hieng die besten Kränze
Am Eichbaum in den Wald;
Da hört' ich, wenn die Schwüle
Des Tages sich verlor,
Mit Flöt' und Saitenspiele
Der deutschen Barden Chor.
Des Frühlings Rückkehr feyern,
Der Liebe Lust und Schmerz;
Doch eine von den Leyern
Gewann mein ganzes Herz.
Oft lockte mich die Schöne
Des Abends in den Wald;
Da hab' ich ihre Töne
Ganze leise nachgelallt,
Bis einst im stillen Thale,
Da schon die Schöpfung schwieg,
Gehüllt im Abendstrale,
Die Muse niederstieg,
Und in dem Rosenschleyer
Vertraulich zu mir kam,
Und ich dich, liebe Leyer,
Aus ihren Händen nahm.
Vor allem, was mir Gutes
Der Himmel je gewährt,
Ich sag' es freyen Muthes,
Bist du mir lieb und werth.
Seit ich den Strom der Wonne
Dir wiedergeben kann,
Seitdem lacht mich die Sonne
Noch eins so golden an;
Seitdem schleich' ich verschwiegen
Auf meine stille Flur,
Und trink' in vollen Zügen
Den Becher der Natur.
Seitdem reizt mich nicht Kaiser
Und König nicht zum Neid. - -
Den neid' ich nur, der weiser
Sich seines Lebens freut.
Was sollt' ich mit viel Schätzen,
Sollt' ich ihr Hüter seyn? - -
Ist nicht, mich zu ergötzen,
Die ganze Schöpfung mein?