Hohe Ansichten der Liebe

Holde Zauberinn der Freude,
Fantasie, Dein Göttertraum
Schlimmer mir im Feuerkleide
Mit der Hoffnung Glanzgeschmeide
An des Aethers goldnen Saum!
Schwinde, süße Augenweide,
Schwinde nicht wie Wogenschaum -
Denn von Himmelsglut durchwallt,
Seh´ ich Deine Lichtgestalt!

Herrlich wie die Morgenfeyer,
Wann der Thau die Halme näßt,
Hios aus der Dämm´rung Schleyer
Sich mit samften Purpurfeuer
Auf die Hügel niederläßt;
Lieblich wie der Ton der Leyer,
Wenn ein duftgetränkter West
Säuselnd durch die Saiten bebt, -
Ist das Bild, daß mich umschwebt! -

Wie ein Mädchen im Gefühle
Göttlicher Berauschung sinkt,
Wenn von hohen Freudenziele
In des Abends stille Kühle,
Wo die Flur Erquickung trinkt,
Mit der Wollust Harfenspiele
Treue Liebe lächelnd winkt; -
So durchströmt der Mime Lust
Wonnewallend meine Brust.

Auf schon glüht Empfindungsflamme
In der Seele tiefsten Schooß,
Hoch entkeimt aus Götterstamme
Reifst sie von dem Erdenbaume
Der Verbindungen sich los, -
Fliehet vor des Lasters Schlamme,
Kühn beflügelt, hehr und groß,
Im ätherischen Gewand
Zu des Geistes Feenhand.

Hier im Reich der Fantasien,
Wo die Nacht dem Lichte gleicht,
Wo der Hoffnung Sonnen glühen,
Ewig die Naturen blühen,
Uns die Thräne nie beschleicht;
Wo des Kummers Schatten fliehen,
Ihren Nektar Liebe reicht, -
Hier in diesem Lustgefühl,
Glänze mir der Zukunft Bild.

Schwinge Dich auf Adlerflügeln,
Du. mein göttlichster Gesang,
Nach des Himmels Sternenhügeln,
In der Gottheit Dich zu spiegeln,
Und bey hohen Spährenklang,
Kühn die Zukunft zu entriegeln,
Die kein Erdenblick durchdrang;
Schwinge über Hain und Flur
Dich zur Werkstatt der Natur!

Öffne hier der Gräber Hülle,
Blicke zur Vollendung hin,
Ob in freudenreicher Fülle,
Wie des Schöpfers Geist und Wille,
Ich unsterblich ewig bin;
Ob ich - lohnt in süßer Stille
Einst der Tugend Hochgewinn -
Mich mit hoher Schwärmerey
Ewig meiner Liebe weih´!

Schweb, o Lied! von Glanz durchdrungen
Göttlicher Erhabenheit,
Von der Liebe Kranz umschlungen,
Und mit Geist und Herz gesungen,
Schimmernd hin den Strom der Zeit!
Denn ich habe sie errungen,
Dieser Erde Seeligkeit,
In Minnona´s Zauberblick
Strahlt mir Gott und Welt zurück!

Ehr und Ruhm sind Gaukeleyen,
Die der Thorheit Wahn uns giebt;
Eitle, eitle Schmeicheleyen,
Die - gleich allen Zaubereyen -
Schnell der Wahrheit hauch zersiebt;
Keiner kann sich Gottes freuen,
Wer nicht innig fühlt und liebt, -
Ja! beym Ew´gen! Liebe nur
Ist die Seele der Natur!

Ha! wer kennt nicht ihre Mächte,
Sinke nicht vor ihrem Thron?
Wer vom menschlichen geschlechte
Trotzte wohl der Liebe Rechte,
Spräch´ der Liebe Herrschaft Hohn,
Daß Er nicht auch Opfer brächte
Zu erringen Minnenlohn? -
Jeder küßt die Schwanenhand,
Die ihm Rosenfesseln band.

Fliehe von des Nordmeers Strande
Zu Arcadiens Gefild,
Von dem schneebedeckten Lande
Zu des Frühlings Lichtgewande,
Wo der bach durch Blumen quillt;
Reizend scheint in jedem Stande
Dir der Liebe Zauberbild,
Reitzend wie im Wiederhall
Ein Gesang der Nachtigall.

Lockend wie der Hoffnung Blüthe
Zu dem Thal der Ewigkeit,
Winkt der Liebe Schmeichelgüte
Lächelnd uns zu dem Gebiethe,
Wo Sie zaubernd uns erfreut;
Liebe - die das Herz durchglühte,
Der sich Greis und Jüngling weiht,
Ist des Himmels schönstes Gut,
Unsers Lebens Licht und Glut!

Schön bekränzt mit Myrthenzweigen
Einverstandner Harmonie
Lächelt sie im Wonneschweigen,
Engelblicke nur zu Zeugen,
Edler Seelenympathie!
Kühner Herzen Stolz zu beugen
Zürnen ihre Blicke nie,
Ach! der Thränen samfter Schmerz
Fesselt auch Alcidens Herz.

Mit des Reitzes Demantketten
Hilft sie Männer Kraft und Geist
In der Wollust Schwanenbetten,
Schlau bedient von Amoretten,
Durch das Glück, das sie verheißt;
Und wenn alle Weise hätten,
Was ihr stolzer Irrthum preis´t,
Dennoch - dennoch siegten sie
Über Amors Waffen nie.

Leicht zu Rosenglut gesponnen
In der Liebe Morgenkleid,
Aus des Schöpfers Hand entnomen,
Und von Grazien ersonnen
Zu des Lebens Seligkeit!
Gleich dem Glanze zweyer Sonnen,
Strahlet flimmernd, hehr und weit,
In des Lebens düstern Hain
Reiner Liebe Flammenschein.

Auch auf meines Lebens Stunden
Streut sie nun ihr schimmernd Licht;
Heilend meiner Schwermuth Wunden,
Hab´ ich endlich sie gefunden,
Schön auf rosigen Gesicht;
Habe diesen Kranz gebunden,
Den des Geistes Zauber flicht,
Dir, Minnona, bin zu weihn,
Deines Kusses werth zu seyn.

Könnt ich laut wie Donner sprechen,
Wenn der Herr im Blitze schwebt,
Und der Sünder vor Verbrechen,
Die nicht Weltgesetze rächen,
Reuevoll im Staube bebt;
Kommt ich Hella´s Lorber brechen,
Der Hermes Staub belebt,
Und ihn, Trotz des Todes Macht,
Zur Unsterblichkeit gebracht:

Ha! so rief ich, daß es schallte
Mächtig wie Posaunenton,
Daß es ewig wiederhalte,
Durch die Fluth der Zeiten wallte
Zu des einzgen Gottes Thron;
Riefe laut: "Die Schöpfung zahlte
"Mir des Lebens schönsten Lohn!
"Denn Minnona, Sie ist mein -
"Hört es, Welten! - Sie ist mein !! -"

O ihr kalten Männerseelen,
Die der Liebe Macht verkannt,
Schleicht aus Euren düstern Höhlen,
Wo Euch Neid und Sorgen quälen,
Zu der Minne Blumenland,
Neue Kraft wird Euch beseelen,
Wie nach heißen Sonnenbrand,
Wenn ein Regen sich ergießt,
Labung auf die Fluren fließt.

Auch ich hatt es einst geschworen
Aller Minne feind zu seyn,
Lieblich tönt´ es meinem Ohren,
Mit der Stimme stolzer Thoren
Ihren Zauber zu verschreyn;
Doch auf ewig nicht verloren
War für mich ihr Götterwein;
In Minnona´s Liebe fand
Ich der Freude Rosenband.

Süß berauscht im Labeweine,
Der von Ihren Lippen quoll,
Ruh ich jetzt im Freudenhaine
Bey der Liebe Fackelscheine
Tiefgerührt, empfindungsvoll;
Bring in Thränen, die ich weine,
Ihr des Hochgefühles Zoll;
Fühle mich bey Ihrem Kuß
in Elisiums Genuß.

Wenn in heißen Liebeswogen
Von der Seele Himmelsdrang
An des Busens Schwanenbogen
Sympathetisch angezogen
Meine glühe Wange sank -
Hab´ ich Wonne eingesogen,
Wonne, wie kein Gott sie trank,
Wie sie nie vom Himmel rann
Und kein Cherub sie ersann.

Wollust schwebt von Ihrem Munde,
Den die Rosenlippe kränzt,
Wollust athmet jede Stunde,
Wenn in süßem Zauberbunde
Lieb´ in Ihrem Auge glänzt;
Auf dem ganzen Erdenrunde
Fühlet dann so unbegränzt
Keiner von den Sterblichen
Das Gefühl der Seligen.

Wie im hohen Sternensaale,
Den des Jubels Ruf durchdringt,
Zeus beym Hohen Göttermahle
Aus der goldnen Freudenschale
Wonniges Entzücken trinkt;
So genieß ich in dem Thale,
Wo mir Veilchenbalsam winkt
Ruhend an Minnona´s Brust
Süß bezaubert Himmelslust.

MEinen Glück muß jedes weichen,
Welches Menschen schon gekannt,
Unter Armen, unter Reichen
Ist mir keiner zu vergleichen,
Keiner fühlt, was ich empfand;
Kann es nimmermehr erreichen,
Denn Sie schuf des Schöpfers Hand
In entzückenden Gefühl,
Als der Schönheit höchstes Ziel.

Wer sie sieht, sinkt betend nieder
Vor der himmlischen Gestalt,
Denn das Ebenmals der Glieder,
Ihres Busens Schwanenfeder,
Denn ein edles Herz durchwallt,
Ihrer Stimme sanfte Lieder
Haben zaubernde Gewalt;
Jeder der Ihr Lächeln sieht,
Wird von Sympathie durchglüht.

Ja! es strahlt aus Ihren Zügen
Freundlich sanft ein schönes Herz,
Das, mit heiligem Vergnügen
Andrer Kummer einzuwiegen
Nimmer fürchtet eignen Schmerz;
Das der Tugend Thron erstiegen,
Stets mit seelenvollem Scherz
Himmelsfrohe Heiterkeit
Auf die ganze Schöpfung streut!

Und dieß Mädchen mein zu nennen,
Die kein Erdensohn erblickt,
Ohn´ in Minnegluth zu brennen; -
Sie als Gattin lieben können,
Die mich jezt schon so entzückt;
Nimmer mich von Ihr zu trennen,
Stets durch Ihren Kuß beglückt,
Heiter, fern von stolzen Wahn
Zu durchwandeln meine Bahn? -

Komm, o seliger Gedanke!
Feßle mich mit Deiner Hand,
Wie den Stab des Weinstocks Ranke,
Daß ich nicht im Sturme wanke,
Scheitre an des Stolzes Strand!
Denn ach! sieh, wie meine kranke
Seele in dem Flammenbrand
Der Gefühle sich empört,
Und nur Deine Stimme hört!

Ja, ich höre sie und fühle
Schon der Freude Gottes Kuß,
Nahe an mich im Geist dem Ziele,
Wo bey süßem Lautenspiele
Thront der Ehe Genius;
Sehe, wie beym Lustgewühle,
Wie im festlichen Genuß
Schon des Tages Purpur bleicht,
Und die Nacht sich näher schleicht.

Naht euch, süße Augenblicke,
Eh des Lebens May entrauscht,
Wo ich an die Brust Sie drückte,
Und die schönste Blüthe pflückte,
Nicht vom Neide mehr belauscht;
Wo ich jedes Ach! ersticke,
Und von Amor´s Wein berauscht
Göttern gleich an Freude bin,
Gleich an liebevollem Sinn!

Wonne wird mein Leben krönen,
Wenn sie mich als Gattin küßt,
Und mit holden, samften, schönen,
Liebevollen Herzenstönen
Mir ein Trost im Kummer ist;
Froh werd´ ich den Stolz verhöhnen,
Der ein solches Glück vermißt,
Und von eitlem Wahn entfalmmt
Jeden Fühlenden verdammt.

Reiner wie die Silberquelle,
Die vom Felsen sich ergießt,
Strömt in ungetrübter Helle
Meines Lebens Freudenwelle,
Die der Tugend Schlooß entfließt,
Zu des Oceanes Stelle,
Wo der Tod die Gränze schließt,
Licht und Schatten vereint,
Und die Ewigkeit erscheint.

Glänzend in dem Lichtgewande
Der Vollendung strahlt Ihr Haupt,
Winkt mich an desGrabes Rande
Zu dem blumenreichen Lande,
Das ein ewger May belaubt;
Wo der Leib in Sclavenbande
Nicht dem Geist die Stärke raubt
Aufzugehn wie Lichtgeschoß
Zu der Wahrheit Sonnenschloß.

Hier, wo Wahrheit, Macht und Leben
Sich in einen Strom verliert,
um von hier aus Kraft zu geben,
Und das Weltall zu umschweben,
Dessen Wirkung es regiert;
Hier, wo Gottes Geistesstreben
Aller Welten Ruder führt;
Wo des Wissens Nacht entflieht,
Und der Geist Erleuchtung sieht!

Hier wo Chnibinne walten,

Neue Weltsysteme blühn,
Tausend fremde Lichtgestalten
Unserm Auge vorgehalten
Uns mit Zauberreiz umglühn,
Die Naturen sich entfalten,
Alle Zweifel uns entfliehn,
Sich der Durst nach Weisheit stillt,
Gott sich unserm Blick enthüllt!

Wo im lichten Himmelsglanze
Die Vergelt´rinn unser denkt,
Bey der Geister Zaubertanze
Mit dem edle Palmenkranze
Der Belohnung uns empfängt,
Und der Strafe Schreckenslanze
Sanft von unserm Busen lenkt;
Hier - am göttlichen Altar
Huldigt uns der Engel Schar.

Ja! Minnona, unsre Liebe
Schlummert nicht mit diesem Staub,
Denn zu hehr sind unsre Triebe,
Als daß sie ein Grab begrübe,
Daß sie würden Todesraub;
Nein! kein düstrer Kummer trübe,
Mache mich für Freuden taub,
Denn der Zukunft Morgen glänzt
Lächelnd mir, mit Ruhm bekränzt.

Prachtvoll, - Wie zum ersten Mahle
Da aus der Entwicklung Schooß,
In des Chaos todtem Thale
Aus des Schöpfers Wunderschale
Lebensodem sich ergoß,
Und in Gottes Sommensaale
Geisterstoff zusammenfloß, -
So wird einst der Morgen seyn,
Da wir uns als Engel freun.

Bey erlaubten Götter Chören
Reiner Engelmelodie
Werden wir die ewgen Lehren,
Hoher Wesen Bildung hören,
Der Naturen Harmonie;
Werden nimmer wiederkehren
Zu des Wahnes Fantasie,
Werden ohne falschen Schein,
Schluß auf Schluß zu Folgen reihn!

Rosen werden uns umschatten,
Palmen kühlend uns umwehn,
Wonnen sich zu Wonnen gatten,
Unsre Freude nie ermatten,
Düster uns kein Morgen sehn;
Jeden Kummer zu erstatten,
Das Vergnügen zu erhöhn
Blicken wir mit Spärensinn
Auch auf das Vergangne hin!

Unsres Kusses reines Feuer
Bleibt dann ewig stark und gleich;
Nicht des Neides Ungeheuer,
Nicht des Irrthums dunkler Schleyer
Herrschen noch im Aetherreich;
Unverstellt, erhabner, freyer,
Ohne Wermuth, sanft und weich,
Wie des Mayes Morgenblick
Ist dann unsrer Liebe Glück.

Kommen wird im Zeitenflusse
Endlich diese Wonnezeit,
Wo im ewigen Genusse
Unserm seelenvollen Kusse
Weder Sturm noch Donner dräut;
Wo beym ersten Engelgruße
Unsre Liebe sich erneut,
Wonne unsre Treue krönt,
Und die Hochzeitsharfe tönt!! -


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