Eulogius Schneider's ehemaligen Professors in Bonn etc. Schicksale in Frankreich.
von Christoph Friedrich Cotta
22.
Was Schneider oben öffentlich versprochen hatte, seine beiden Gegner, Ungerer und Studer, den Musikhändler vor Gerichte zu nehmen. Ich will ihm die Sache abermal selbst erzählen lassen.
Am verflossenen Donnerstag (vor dem 25sten Junius 1793) erschienen die Mitglieder des Ausschusses der achten Sektion, welche den Schluß unterzeichnet hatten, vor dem Friedensrichter Schöll. Ich beschränkte mich in meinem Vortrage darauf, zu begehren, daß die Unterschriebene vor Gerichte erklären möchten, daß sie sich geirrt haben, daß sie mich für einen guten Bürger und rechtschaffenen Volksbeamten ansehen, und daß sie diese Erklärung den übrigen Sektionen mittheilen wollten. »Meine Absicht, sagte ich, ist nicht Rache, ich will gern Alles vergessen, und dann meinen Mitbürgern brüderlich die Hand reichen. Mein Betragen wird sie überzeugen, daß sie mir Unrecht thaten.« Zwei von dem Ausschusse, die Bürger J. H. Lange und Reichard nahmen den Antrag brüderlich an, und bewiesen dadurch ihre Liebe zur Eintracht und zum Frieden. Ihr Zeugnis ist mir um so theurer, weil ich nie Ursache hatte, sie für bösartige Männer zu halten, und weil sie offenbar nur die Werkzeuge der Intriguanten waren. Die Uebrigen, besonders Wehrlen, der Präsident krümmten sich, und gaben zur Antwort, sie haben den Schluß nicht allein gefaßt, sie haben ihn nur im Namen der achten Sektion unterschrieben. Wenn die Sektion ihn zurücknehmen würde, so wäre es ihnen auch recht. Da ich ihnen bemerkte, daß sie mit ihrem eignen Kopfe und nicht mit dem Kopfe der achten Sektion dächten, so brachten sie allerhand Vorwürfe, vor, die weder Hände noch Füße hatten. Einer sagte, ich hätte über die Municipalität gescholten, und das beweise, daß ich von den Feinden bezahlt sey. Ein andrer bemerkte, ich sey bei einem Friedensrichter angeklagt, ich soll mich erst rechtfertigen. Ein paar Jünglinge wollten mit einem Eide betheuren, ich hätte im Monate September hier im Klubb gesagt, in Strasburg würde keine Ruhe werden, wenn nicht ein 2ter Septembertag dazu käme. – Was war da zu machen? Ich erbot mich vergeblich, auf jeden Punkt zu antworten, sobald nur ein Kläger wider mich auftreten würde. Was den 2ten September betrift, so wissen meine Leser und Zuhörer, wie ich von diesem unglücklichen Vorfall dachte. Man lese meinen Argos vom September[1].
Man fragte alle meine Zuhörer im Klubb und in der Volksvorlesung. Wen je ein Mensch ein Feind von Thätlichkeiten und Blutvergießen ist, so bin ichs gewiß. Man sagte darüber Aristokraten und Patrioten. Man beobachte mich in meinen Amtsgeschäften. Allein was nützen Gründe, wo man keine hören will? – Ich habe meine Pflicht getan; ich habe die Versöhnung angeboten; man schlug sie aus. Meine Zeit gehört dem Vaterlande; ich will sie nicht mit Processen verschwenden. Die achte Sektion mag beschließen, was sie für gut findet. Ich werde meinen geraden Weg geh´n, und durch Handlungen zeigen, daß ich ihr Zutraue verdiene, wenn ich es auch nicht erhalte. Die Nachwelt und das Publikum werden mich richten.
Sie werden dich richten? – Sie haben dich schon gerichtet, und zwar alle, aus dem Munde derer, mit denen du so eben einen Vergleich vor Gerichte zu veranstalten trachtestest. Eben diese haben nach deinen Tode, wie kurz zuvor, wo du schon ganz ausser Stand gesetzt warest, zu antworten, dich als das größte Ungeheuer ausgerufen, und zwar darum, weil sie dich immer haßten, dich also unmöglich lobenswürdig finden konnten. – Ich will aber nicht an ihnen zum Ritter werden, und dich gegen sie zu vertheidigen suchen. Ich erzähle dein Leben, aus deinen eigenen Schriften das meiste schöpfend, und überlasse es dem lesenden, nicht schon für eine Parthei vergebenen Manne, über dich selbst zu urtheilen, und entweder dich als ein abscheuliches Ungeheuer zu verdammen, oder in dir nur ein eitles Menschenwesen zu finden, das, u.s.w. – Uebrigens aber mochten seine Vorwürfe, was ihren Inhalt insgemein betraf, nicht immer ganz unrichtig seyn.
Bei einer solchen Gelegenheit, in dem er nämlich abermal gegen die Strasburger, die nicht häufig genug aus freiem Willen die Waffen ergreifen und gegen den Feind marschieren wollten, recht leidenschaftlich loszog, gerieth er, Jung und noch Einige so sehr in Lebensgefahr, daß seine Freunde ihn schon für verlohren gaben. Wütend und mit schäumenden Munde, und mit blosen Säbeln in den Händen, drang man auf sie ein; und nur das Ohngefähr rettete sie.
Ein andermal, nämlich als er sich hatte bereden lassen, die Guillotine in Strasburg herumzuführen, giengs ihm nicht viel besser. Wir wollen ihm die ganze Sache selbst erzählen lassen:
[1] Er sagt: hätte man die Verbrecher ernstlich zu strafen, und sie nicht zu Tausenden in Gefängnisse, wie in Sicherheit zu bringen gesucht, so würde kein 2ter September erfolgt seyn. Das Volk richtete, weil seine Beamten und Richter daran wollten, die Verbrecher am Volke zu richten und zu strafen. – Zum Theile ist dies Urtheil wahr; aber auf der andern Seite waren auch eine Menge Gründe nch, welche die Septembersezen veranlaßten.
Der. Herausg.