Das Nixchen

Ein armes Nixchen taucht' empor,
Ihr war das Herz so wund,
Und ängstlich lauschte sie hervor,
Nichts Liebes that sich kund.
Sie sieht und seufzt und forscht und singt,
Es ward ihr gar zu weh;
So munter drein das Vöglein klingt,
Will sterben in dem See.

Und sieh, beim frohen Lerchensang,
Wie Morgenrosen schön,
Der Jüngling durch die Blüthen drang,
Gar wonnig anzusehn.
Das bleiche Nixchen wurde roth
Und bald dann wieder bleich,
Und weint' in ihrer Liebesnoth,
Und lächelte zugleich.

Doch bald erhob sie schön und hell
Den starken Zaubersang,
Die Wellen kamen leicht und schnell
Und tanzten nach dem Klang.
Es hatte sich der Sang so mild
An Alles angeschmiegt,
Und ruhig lag das schöne Bild
In Schlummer eingewiegt.

Und sachte aus der blauen Bahn
Wundherzchen pochte laut,
Schlich zum Geliebten sich heran,
Versunken ihn beschaut;
Und seltsam wunderlich ihr ward,
Als sei's ein schöner Traum,
Es lockt das Kinn, so weiß und zart,
Der Lippen Rosensaum.

Und auf des Jünglings Lippen zog
Ein lieblich Lächeln her,
Und lauter ward der Brust Gewog,
Wie wenn's ein Seufzer wär'.
Es lächelte so trüblich hold
Die Maid in seinen Traum,
Das Auge bald sie küssen wollt',
Und bald der Lippen Saum.

Doch wie sie hingebeugt noch zagt,
Des Träumers Odem trinkt,
Die Lippen nicht zu rühren wagt,
Im Blicke ganz versinkt,
Ein Mädchen durch die Blüthen dringt,
Die Zither lieblich stimmt,
Und munter zu dem Jüngling springt.
In'n schönen Arm ihn nimmt.

Das arme Nixchen sehen muß
In ihres Seees Grab,
Wie einen kühnen lauten Kuß
Die Braut dem Träumer gab,
Wie er sie dann so süß umschlang,
An ihren Blicken hing,
Und bei der Zither munterm Klang
Mit ihr von dannen ging.

Das Nixchen ward nun wieder bleich,
Ihr Weinen lange währt,
Ihr schönes stilles Freudenreich
War ihr so schnell zerstört.
Die Blumen standen noch am Strand
Und sahn so munter her,
Doch sie, die ganz verarmte, fand
Den Jüngling nimmer mehr.

Und in den Berg sie scheidend geht,
Verstopft des Seees Quell,
Und trüb begrünt das Wasser steht,
Voreinst so blau und hell.
Und See und Nixchen war nun todt,
Der Ort blieb leer und wüst,
Nur blühten Blumen rosenroth,
Wo Blumen sich geküßt.


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03