Mein Ideal
Du, deutscher Mann, mit edler, grosser Seele,
Der bieder ist und kühn, doch menschlich fühlt,
Den ich zum Stoff für meine Muse wähle,
Weil er nicht frech mit Schwur und Treue spielt;
Weil er mit einem seiner Feuerblicke
Bis in des Herzens kleinste Falte dringt,
Und selbst bey kargem wandelbarem Glücke –
Den dummen Stolz zu stiller Ehrfurcht zwingt.
Du buhlest nicht mit geckenhaften Mienen
Um schaler Schönen launenvolle Gunst:
Die edelste der Weiber zu verdienen,
Entbehrest du den Firniss feiler Kunst;
Und fühlst den Werth des Mannes, fühlst die Würde,
Des Weibes Haupt, ihr Alles ihr zu seyn;
Trägst nervenstark des Lebens schwerste Bürde,
Und Gallentrank scheint dir ein Nektarwein.
Dir kann kein Feind, kein König dies entreissen:
Du bleibst dir gleich an eignem Seelenwerth.
Wie soll ich dich, du Stolz der Männer heissen? –
Ein Ideal, das ganz mein Herz verehrt.