Auszug aus einem Schreiben von Colberg vom 20.Juuy 1807.

Zur Erläuterung des vorstehenden Tagebuchs.

Unsere brave Besatzung hat wieder mehrere Vortheile über den weit stärkern Gegner erlangt.

Zweitausend fünfhundert Schritte vom Mündner Thor entfernt, liegt die unter dem Namen Wolfsberg bekannte Höhe, ein leicht aufgeführtes Werk, das 250 Mann Grenadier und 9 eiserne Kanonen, 25 Tage gegen eine vollständige Belagerung vertheidigte und dadurch von der Stadt über 7000 Schüsse abgeleitet haben.

Der Feind schonte keine Leute, um sich in den Besitz dieser Höhe zu setzen. Am 11. dieses machten seine 10 Batterieen ein lebhaftes Feuer, die Schießscharten verbreiteten einen heftigen Kugelregen und 5000 Franzosen versammelten sich zum Sturme. Unsere Grenadiere standen wie die Mauren, der Commandant, Major von Gneisenau forderte ihren Rückzug, allein der Lohn einer über alles Lob erhabenen Standhaftigkeit blieb nicht aus. Der Feind bot in dem nämlichen Augenblick eine ehrenvolle Kapitulation an, die Grenadiere willigten ein, weil die Uebermacht zu groß war und zogen mit ihren Kanonen zu neuen Thaten ab, wozu die vierte Nacht darauf sich die schönste Gelegenheit darbot.

Um die Auslegung einer von England mit 40 Kanonen und vieler Munition angekommenen Brigg und eines mit Getreide beladenen Schiffes zu verhindern, wollte sich der Feind der rückwärts liegenden Redouten bemächtigen. Unser einsichtsvolle Commandant errieth die Absicht, und befahl einen Ausfall unter Führung des Hauptmanns von Waldenfels. In der Nacht vom 14. auf den 15. d. M. marschirten die Grenadier und Füselier aus, der Wolfsberg wurde in wenigen Minuten mit dem Bajonett wieder genommen, und die anrückende Verstärkung des Feindes mit dem Heftigsien Kugelregen zweimal zurückgeworfen. Die tapfern Inhaber des Wolfsberges hatten sich verschossen, als die dritte weit ansehnlichere Verstärkung anrückte. Der Commandant schickte daher der Höhe 200 Mann zu Hülfe, mit dem Befehl, ihre Munition mit der ihrer fechtenden Kammeraden zu theilen. Dies geschah pünktlich, die dritte Verstärkung wurde ebenfalls geworfen, und der Feind nach allen Seiten verfolgt. So endigte sich gegen Morgen einer der glänzendsten Ausfälle, der Kampfplatz war mit Leichen angefüllt, in den Laufgraben lagen die Todten stellenweise drei Mann hoch, das vierte Italienische Linien-Regiment war fast vernichtet. Ein Obrist, 1 Oberst-Lieutenant, 2 Capitains, 6 Lieutenants und 180 Gemeine wurden zu Gefangenen gemacht und eine Haubitze erbeutet. Man berechnet den feindlichen Verlust auf mehr als 1000 Mann. Wir bedauren den braven Unter-Commandanten, Hauptmann von Waldenfels, den eine feindliche Kugel niederstreckte, so wie zwei der tapfersten Offiziere, welche an der Spitze ihrer Untergebenen fielen, und zählte überhaupt 180 Todte und Verwundete. Ein fast eben so bedeutendes Unternehmen wurde auf das stark befestigte Dorf Sellnow gemacht. Unter der Führung des Lieutenants von Gruben, überfielen 500 Mann diesen Ort, jagten .die 1600 Mann starke Besatzung heraus, und richteten großen Schaden an. Vier Compagnien Infanterie eilten nach der Malschanze, eroberten in einem Augenblick die vorliegende Flesche, griffen die Schanze selbst an der Kehle an, und wie die Offiziers mit der ausgezeichensten Bravour selbst die Pallisaden eingerissen hatten, drang die Mannschaft ein, hieb den größten Theil der Besatzung nieder, vernagelte drei 12pfündige und eine 6pfündige Kanone, nahm 1 Capitain, 1 Lieutenant und 120 Mann gefangen, und ließ keinen entkommen. Eben so rühmich that sich ein kleines Detaschement von 1 Offizier und 30 Mann hervor. Ihm war der Lauenburger Damm zu einer falschen Attaque angewiesen worden, es rückte vor, stieg in den ersten Einschnitt, tödtete die darin befindliche Mannschaft, und kehrte mit vollkommener Erreichung seines Zwecks und begleitet von 23 Gefangenen zurück.

Die Grenadier und Füselier haben sich die Zufriedenheit und das Vertrauen des Commandanten in einem hohen Grade erworben, mit ihnen wetteiferten die übrigen Truppen nicht ohne den erwünschten Erfolg um gleiche Achtung. Die ganze Besatzung hatte nur einen Gedanken: zu siegen, oder zu sterben.

Es ist erfreuend und herzerhebend für den Preußen, solche Beispiele voll Muth und Tapferkeit aufzeichnen zu können, die dem Unpartheiischen überzeugen müssen, daß der alte Geist unter den preußischen Kriegern noch nicht gestorben ist.


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