Des Knaben Wunderhorn

Eine Liedersammlung von Joachim von Armin und Clemens von Brentano

Nächtliche Jagd

Mündlich


            Mit Lust thät ich ausreiten
            Durch einen grünen Wald,
            Darin da hört ich singen,
            Drey Vöglein wohlgestalt.
            Und sind es nicht drey Vögelein,
            So sind's drey Fräulein fein;
            Soll mir das ein nicht werden,
            So gilts das Leben mein.

            Die Abendstrahlen breiten
            Das Goldnetz übern Wald,
            Und ihm entgegen streiten
            Die Vöglein, daß es schallt;
            Ich stehe auf der Lauer,
            Ich harr auf dunkle Nacht,
            Es hat der Abendschauer
            Ihr Herz wohl weich gemacht.

            Ins Jubelhorn ich stosse,
            Das Firmament wird klar,
            Ich steige von dem Rosse
            Und zähl die Vögelschaar.
            Die ein ist schwarzbraun Anne,
            Die andre Bärbelein,
            Die dritt hat keinen Namen,
            Die soll des Jägers seyn.

            Da drüben auf jenem Berge,
            Da steht der rothe Mond,
            Hier hüben in diesem Thale,
            Mein feines Liebchen wohnt.
            Kehr dich Feinslieb herumme,
            Beu ihm den rothen Mund,
            Sonst ist die Nacht schon umme,
            Es schlägt schon an der Hund.


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03