Die Geschehnisse im Rheinbogen bei Ehingen 1794 - 1817

Geschichtliche Erinnerung und Notizen des Heern Karl Baasel

1812

Der Früchtepreis stieg und fiel abwechselnd. Das Malter Korn galt auf dem höchsten Preis 16 Reichstaler (alles nach Mörscher Maß gerechnet), 14 Pfund Brot = 37 Stuber. Dies war im Monat Mai, nach diesem fing der Preis bis zur Ernte um ein Merkliches an zu fallen.

Den 27. Juli 1812 abends zwischen 6 und 7 Uhr ist hier ein so entsetzliches Ungewitter gewesen, daß kein Mensch noch Vieh eine Minute des Lebens sicher war, es fielen Hagelsteine wie Hühnereier, der Sturmwind wütete, so daß in einer halben Stunde 19 Scheunen und 17 Hauser in Serm und hier in Mündelheim 6 Hauser und 17 Scheunen eingestürzt und verdorben sind. 

Unsere Scheuer, welche kaum 10 Jahre gestanden, ist auch zusammengestürzt, so daß wir den 10. Teil Holz kaum davon gebrauchen konnten.

Die Fruchte in den Feldern waren zu zerschlagen, daß man nicht sehen konnte, was auf den einzelnen Stücken gestanden hatte. Sie war so kurz zerschlagen wie Hecksel.

Am 6. Tage nachher waren noch die Hagelstein zu sehen. Die Felder und Gärten sahen aus wie in der Mitte des Winters. Es war kein grüner Zweig auf den Bäumen noch Hecken zu sehen. Die Bäume und Hecken waren alle abgeschält und die meisten für immer verdorben. Kurz, es war ein Zustand, welche Leute von 80 und mehr Jahre noch nicht erlebt hatten. In Serm ist eine Frau bei Einstürzung einer Eiche tot geblieben. Hier in unserer Scheuer haben sich 3 Leute unter einem beladenen Fruchtwagen Gerste das Leben gerettet, als sie zusammenfiel.

Zu Winkelhausen ist ein Mann bei Einstürzung eines Hauses tot geblieben. Bei all diesem Unglück können wir Gott nicht genug danken, daß er Menschen und Vieh das Leben gerettet hat.

In Huckingen, Großenbaum, Rahm und Angermund sind auch einige Scheunen eingestürzt und die Feldfrüchte größtenteils zerschlagen. Es sind auch wunderbare Ereignisse bei diesem Unwetter vorgegangen, welche nicht zu glauben waren, wenn man sie nicht mit Augen gesehen hatte. Einige Pflüge im Felde waren so auseinander geschlagen, daß man sie nicht mehr zusammenbringen konnte.

Am Rhein, beim Dammhaus, hat der Hagel die Räder an einer Karre ganz zerschlagen. Hier im Hofe (auf dem Heisterhof) hat der Sturmwind einen ledigen Wagen und Karre von unten bis an den Garten getrieben. Nun wurde auf Befehl des Präfekten im ganzen Herzogtum Berg eine Kollekte angestellt, für die vom Hagel und Sturmwind getroffene Gemeinden. Jeder Pfarrer mußte in seinem Bezirk von allen Gattungen Früchten und Geld kollektieren, welches vom hiesigen Maire verhältnismäßig an die armen Tagelöhner verteilt wurde. Es wurde im Herbst von dem Maire 140 Malter Saatkorn aufgekauft, wovon hiesiges Dorf 25 Malter bekommen hat.

Kaiser Napoleon schenkte für die Wiederherstellung der eingestürzten Gebäude 33.333 Reichstaler, wovon einige die Hälfte ihres Schadens im Anfang des neuen Jahres ausbezahlt bekamen.