Vor knapp 80 Zuschauern wurde am Freitagabend die deutsche Erstausgabe von Olympe de Gouges’ »Der philosophische Prinz« in der Wiener Galerie »ZS art Kunstraum« vorgestellt.
Nach einer kurzen Vorstellung der Referenten stellte Corinne Walter, Mitherausgeberin der Publikation, in einem Kurzreferat Leben und Werk von Olympe de Gouges dar. Der Schwerpunkt des Vortrags lag auf den letzten 10 Jahren des Lebens der Vorkämpferin der Frauenrechte, in denen sie ihre gesamte schriftliche Hinterlassenschaft verfasste. Ihr politisches Engagement, das sich aus den Ideen der philosophischen Aufklärung und der politischen Theorie
Rousseaus speist, wurde zusammenfassend dargestellt und aufgezeigt, wie dieses Denken ihr politisches und literarisches Werk beeinflusst.
Darüber hinaus spielt in ihren Schriften auch der humanistische Geist eine wichtige Rolle, den de Gouges 1790 so formulierte: »Es liegt in meinem Charakter, mich auf die Seite der Schwächeren und Unterdrückten zu stellen«. Im November 1793 wurde Olympe de Gouges vom Reavolutionstribunal zu Tode verurteilt und sämtliche Manuskripte und Schriften verbrannt. Nur die von
de Gouges zu Lebzeiten selbst publizierten Schriften sind dem Feuer nicht zum Opfer gefallen und lagern unerforscht in französischen Archiven und Bibliotheken.
Es folgte eine 25-minütige Lesung aus dem Romans »Der philosophische Prinz« von der österreichischen Schauspielerin und Regisseurin Kathrin Resetarits. Almoladin, philosophischer Prinz und Protagonist der Geschichte, war »mehr Philosoph als König [und es] korrumpierten seinen Lebenswandel weder das Streben, Seinesgleichen auszuplündern und in ihre Rechte einzugreifen, noch die große Macht, die er über seine Untertanen hatte«. Seine Abenteuer in fremden Landen, aus denen er für seine eigene politische Aufgabe lernte, sowie die Probleme einer guten und gerechten Staatsführung, nachdem er selbst König geworden war, waren Teil der Lesung. Auch de Gouges’ Anliegen der Gleichberechtigung der Frauen kam nicht zu kurz. Im Roman fordert Idamée, die Gattin Almoladins, politische Mitsprache ein. Um die Fähigkeiten der Frauen unter Beweis zu stellen, kommt es zu einem öffentlichen Wettkampf.
Im Anschluss an die Lesung referierte die Herausgeberin der deutschen Fassung Viktoria Frysak zum politischen und historischen Kontext des Romans. »Der philosophische Prinz« wurde von
Olympe de Gouges im Jahre 1792 als Roman in zwei Teilen publiziert. Bereits 1789 wies sie auf die in Kürze bevorstehende Veröffentlichung hin. Es ist überaus wahrscheinlich, dass zu diesem Zeitpunkt der erste Teil fertig war und als Roman publiziert werden sollte. In der Folge dürften die politischen Ereignisse, der Beginn der Revolution in Frankreich, die Publikation verzögert haben. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte sie den Roman unter Aufgreifen einer weiteren Vielzahl von gesellschafts- und staatspolitischen Themen mit dem zweiten Teil fortgesetzt haben. Insbesondere die Szenen, die die Gleichberechtigung der Frauen behandeln, legen dies nahe.
De Gouges’ »Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin« datiert auf das Jahr 1791. Im Roman zeichnet sie vor einer anderen Kulisse das Geschehen um diese Forderungen nach.
Der Anspruch an »philosophische« Herrschaft (Platon, Diderot,
Kant) war Thema des Kommentars wie auch die in verschiedenen Szenen wiederkehrende Forderung nach der Verwirklichung des Gemeinwohls.
Olympe de Gouges als profunde Kennerin der Schriften
Rousseaus brach (unter anderem) in diesem Roman die Theorie auf praktische Beispiele herunter.
Im nachfolgenden Publikumsgespräch wurden Fragen nach der ausständigen Rehabilitierung de Gouges’ erörtert, ihre politische Meinung versucht zu skizzieren und über die Fülle ihrer schriftlichen Hinterlassenschaft gesprochen.
Publikationsinformationen:
»Der philosophische Prinz. Erzählung aus dem Osten«
von Olympe de Gouges (Hg.: Viktoria Frysak, Corinne Walter)
200 Seiten, Hardcover, 5 Abbildungen (s/w)
ISBN: 978-3-902591-03-6
Preis: 23,50 EUR