Ausstellung: »Aus einer fremden Region. Kleists Penthesilea und die DDR-Kunst der achtziger Jahre«

»Aus einer fremden Region. Kleists Penthesilea und die DDR-Kunst der achtziger Jahre« widmet sich vom 07.04. bis 28.06.2009 die Ausstellung der DDR-Kunst in den 80er Jahren.

Anlässlich des Gedenkjahres zu 20 Jahren friedlicher Revolution zeigt das Kleist-Museum in seiner neuen Ausstellung "Aus einer fremden Region. Kleists Penthesilea und die DDR-Kunst der achtziger Jahre" Kunstwerke zu Heinrich von Kleist aus den letzten Jahren der DDR.

In den 1980er Jahren gehörte Heinrich von Kleist trotz der Franz Mehring und Georg Lukacs geschuldeten Verzögerung längst in die Riege der Dichter, die zum klassischen Erbe der DDR zählten. Und doch blieb er, zwiespältig, nicht einzuordnen und gescheitert, im Schatten der Weimarer und wurde zum Inbegriff des an der Gesellschaft Leidenden, dessen Werk Dissonanzen erzeugt. So nimmt es nicht Wunder, dass ostdeutsche bildende Künstlerinnen und Künstler gerade in den letzten Jahren der DDR die Auseinandersetzung mit Kleist wählten, sich zu identifizieren suchten oder sich an seiner Sperrigkeit rieben. Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler inspirierte insbesondere die zwischen den Extremen taumelnde Figur Penthesilea in Kleists gleichnamigem Drama von 1808. "Mit der Penthesilea kann ich mich noch nicht befreunden. Sie ist aus einem so wunderbaren Geschlecht und bewegt sich in einer so fremden Region, daß ich mir Zeit nehmen muß mich in beide zu finden." (Goethe an Kleist am 1. Februar 1808).

Die Ausstellung zeigt Werke von Gabriele Koerbl, Steffen Fischer, Joachim John und anderen aus den Sammlungen des Kleist-Museums.

Am Sonntag, den 05.04.2009 wird die Ausstellung durch Armin Hauer, stellvertretender Direktor des Museums Junge Kunst, Frankfurt (Oder) eröffnet. Zur Eröffnung ist der Eintritt zur Ausstellung frei. Danach ist die Ausstellung täglich, außer Montags bis zum 28.06.2009 zu besichtigen.


Über Heinrich von Kleists Drama »Penthesilea«:
Penthesilea ist die Königin der Amazonen. Dieses Volk, das aufgrund seiner grausamen Vorgeschichte keine Männer unter sich duldet, erhält sich durch einen ungewöhnlichen Brauch am Leben: Sobald Nachwuchs benötigt wird, überfällt der kriegerische Stamm ein beliebiges Volk. Die Amazonen führen die gefangen genommenen Männer nur zur Kinderzeugung mit zu sich. Der männliche Nachwuchs wird getötet oder fortgegeben, die Väter werden wieder in die Freiheit geschickt. Eine individuelle Partnerwahl ist nicht gestattet. Ein ehernes Gesetz sieht vor, dass eine Amazone ihren »Bräutigam« im Kampf bezwingen muss. Das Gesetz, dessen Entstehungsgrund unbekannt bleibt, wird von Penthesilea in seiner Beschaffenheit nicht hinterfragt.

»Der ersten Mütter Wort entschied es«, heißt es. Penthesilea jedoch hat entgegen dem Gesetz eine Wahl getroffen: Sie hat sich, wie ihre Mutter Otrere ihr auf dem Totenbett voraussagte, in Achill verliebt, der ihr auf dem Schlachtfeld begegnete. Ihre unbezwingbare Liebe zu dem großen Helden der Griechen im Kampf um Troja lässt sie in immer neuer Kraft gegen diesen zu Felde ziehen, denn das Gesetz der Mütter ist ihr heilig und sie will es um keinen Preis brechen. Ihre Liebe führt sie bei wiederholter Niederlage gegen Achill in die Raserei, so dass sie den Geliebten, als dieser sich ihr eigentlich stellen möchte, schließlich in tierischer Wildheit zusammen mit ihren Hunden zerreißt.

Nach der Tat erwacht Penthesilea wie aus einem Traum. Zuerst will sie nicht glauben, dass sie selbst diese Gräueltat begangen haben soll. Sie sagt, sie wolle denjenigen, der Achill dies angetan habe, ihrer Rache opfern. Als ihre Freundin Prothoe ihr erläutert, wer den Geliebten getötet hat, will Penthesilea es nicht glauben. Doch als sie die Wahrheit begreift, erteilt sie die Anweisung, den Leichnam Achills vor die Oberpriesterin der Diana zu legen, die sie moralisch für die Entwicklung des Geschehens verantwortlich macht. »Ich sage vom Gesetz der Fraun mich los«, entschließt sie, nachdem ihr klar wird, dass sie einem ihrer Natur widerstrebenden Gesetz gefolgt ist. »Der Tanais Asche, streut sie in die Luft.« Die Asche der Uramazone Tanais ist Synonym für das eherne Gesetz, das »fern aus der Urne alles Heiligen« kommt und auf dem der Amazonenstaat aufbaut.

Penthesilea erkennt zu spät, dass das Gesetz über die Jahre hinweg seinen Sinn nicht mehr erfüllt. Den Amazonen ist kaum mehr bekannt gewesen, weshalb es geschaffen wurde. Der Schmerz über den Tod des Geliebten dient der Amazonenkönigin als Waffe, die sie gegen sich selbst richtet, um dem Geliebten in den Tod zu folgen. In Reaktion auf den Tod Penthesileas verweist die Oberpriesterin auf die Gebrechlichkeit des Menschen. Prothoe, die engste und treueste Freundin Penthesileas, erwidert hingegen: „Sie sank, weil sie zu stolz und kräftig blühte." Dem Vorwurf der Schwäche hält sie entgegen, dass nur die abgestorbene Eiche dem Sturm standhalte, die gesunde jedoch falle leicht, „weil er in ihre Krone greifen" könne. Penthesilea habe gerade aufgrund ihrer Fähigkeit, zu lieben und dem natürlichen Gefühl zu folgen, Stärke bewiesen. Sie musste sterben, weil ihre Gefühle mit dem starren Buchstaben des Gesetzes nicht zu vereinen waren.

Veranstaltungsinformation:
»Aus einer fremden Region. Kleists Penthesilea und die DDR-Kunst der achtziger Jahre«
vom 07.04. bis 28.06.2009, Di.-So. 10-18 Uhr, Mo. geschlossen
Eröffnung: Sonntag, 5. April, 11 Uhr
Kleist-Museum
Faberstraße 7
15230 Frankfurt (Oder)






Letzte Änderung der Seite: 16. 09. 2023 - 23:09