Pfarrer Schäffer war ein Doppelmörder

Ein schon bei Zeitgenossen für Entsetzen sorgendes Verbrechen ereignete sich im September 1803 in Köln.

Am Nachmittage des 07.09.1803 fand man in den Rheinwiesen zwischen Deutz und Poll die Leichen zweiter Frauen mit »durchgeschnittenen Hälsen«. Der Fundort befand sich an der heutigen Adresse Alfred-Schütte-Allee 20A in 50679 Köln.

Da man die Identität beider Opfer nicht ermitteln konnte, wurde im »Beobachter« Nr. 855 und der »Kölnischen Zeitung« Nr. 178 am 14.09.1803 über den Leichenfund informiert. So konnte sich der Kaufmann und Schwiegersohn des späteren Präsidenten des Appelationsgerichts Köln, C. an eine Begebenheit vom 06.09.1803 erinnern. So konnte er sich erinnern, dass er mit den beiden beschriebenen Frauen im Postwagen von Köln nach Bonn gesessen habe. Er konnte sich auch noch daran erinnern, dass sie in Begleitung eines unbekannten Mannes waren. Der Zeuge erinnerte sich noch daran, dass der unbekannte Mann wohl in der Kleidung eines Geistlichen unterwegs war. Sie verließen den Postwagen bei Wesseling. In Wesseling setzte der Pfarrer in Begleitung der beiden Frauen mit der Fähre über den Rhein nach Lülsdorf über

Wie die Polizei weiter ermitteln konnte, handelte es sich bei dem Geistlichen um den Kölner Pfarrer Peter Joseph Schäffer, der seit kurzen Pfarrer an der St. Marienkirche in der Kölner Kupfergasse war

Peter Joseph Schäffer wurde am 25.07.1766 in Ahrweiler als Sohn von Matthias, einem früh verstorbenen Gerichtsschreiber, und Christine Schäffer, geborene Krichels, geboren. Nach seiner Schulzeit in Ahrweiler wurde er bei den Minoriten in Sinzig auf sein späteres Studium vorbereitet. Er studierte in Köln und Bonn Theologie und Philosophie. Am 03.03.1792 in Straßburger Priesterseminar die kirchlichen Weihen, Es folgte eine Stelle als Kaplan in der Kirche St. Magdalena in Straßburg. Er wurde schließlich Pfarrer in Uffholz und Sennheim bei Colmar. Im Zuge der Französischen Revolution wurde er, wie viele seiner Amtsbrüder ins Gefängnis von Besancom gesteckt, In der Gefangenschaft lernte er den späteren Aachener Bischof Marcus Antonius Berdelot kennen.
Als Berdelot Bischof in Aachen wurde, nahm er Schäffer mit und berief ihn im Sommer 1803 als Sukkursalpfarrer an die Kirche St. Marien in Köln.

Schäffer wurde erstmals am 16.09.1803 über die Tatvorwürfe vernommen. So gab er zunächst an, dass er die beiden Frauen aus der Postkutsche gar nicht gekannt habe und unmittelbar nach seiner Ankunft in Wesseling die Rückreise nach Köln angetreten habe.

Nachdem man ihn mit der Aussage des Wesselinger Fährmanns konfrontierte änderte er seine Aussage. So wolle er die beiden Frauen auf ihrer Wallfahrt nach Pützchen begleitet haben. Dort wären sie dann von Räubern in den Weiden überfallen wurden. Er selbst habe fliehen können während die Frauen von den Räubern ermordet wurden. Auf die Frage, warum er den Überfall nicht bei den Behörden angezeigt hatte, blieb er jedoch eine Antwort schuldig.

Am folgenden Morgen schreckte die Nachricht über die Verhaftung und den Tatvorwurf gegen den Pfarrer aus der Kupfergasse ganz Köln auf. Doch versammelten sich Tausende, als der vermeintliche Doppelmörder in den Justizpalast geführt wurde. Man sah zahlreiche bleiche Gesichter und Tränen fließen.

In der folgenden Nacht gestand der Theologe unter "entsetzlichsten Seelen-Bewegung" und langen Ringen mit sich selbst den Doppelmord.

Bei den beiden ermordeten Frauen handelte es sich um Barbara und Katharina Ritter aus dem Elsass. Beide Frauen hatten jahrelang im Hause Schäffers gewohnt, als er Pfarrer un Sennheim und Uffholz war. Sie besorgten unter "Aufopferung ihres bescheidenen Vermögens" seinen Haushalt. Barbara Ritter, die ältere der beiden Opfer, kümmerte sich bereits während seiner Inhaftierung Bersacom um ihn. Er nahm seine etwa 20 Jahre ältere Wohltäterin bei sich auf und schloss in Jahre 1796 mit ihr einen »"Privat-Contract eine heimliche Ehe, weder vor Priester noch vor Muncipalität". Man nahm ihre jüngere Schwester, die etwas älter als Schäffer war, ebenfalls im Haushalt auf.

Einige Zeit nach seinem Wegzug aus dem Elsass verkauften die Schwestern ihren ganzen Besitz und folgten ihn. Sowohl in Aachen als auch in Köln sorgte der Theologe dafür, dass niemand etwas über die beiden Frauen erfuhr. Er fürchtete Konsequenzen für seine Stellung als Pfarrer. Er vermied es sich mit ihnen in der Gesellschaft zu zeigen. In Köln versteckte er die beiden Frauen in einem Gasthaus bei seiner Schwester und später in einer geräumigen Pastorei.

Die beiden Frauen wurden jedoch mit der Zeit immer unzufriedener mit der Situation. Und sie forderten eindringlich die Erfüllung des Privat-Contracts, der sowohl ihre Versorgung, Unterbringung und Auskommen regelte. Sie drohten damit ihre Rechte gerichtlich einzufordern und den Aachener Bischof Marcus Antonius Berdelot über die Vereinbarung zu informieren. Inn ihm stieg die Angst über seinesozaiale Situation auf.

So kam es am 06.09.1803 unter dem Vorwand Möbel in Bonn zu kaufen zu der verhängnisvollen Kutschfahrt. Getrennt voneinander bestiegen sie die Kutsche nach Bonn. Er bemühte sich, den Eindruck zu erwecken, als ob er die beiden Frauen nicht kannte. Auf Grund ihres isolierten Lebens waren beide Frauen ortsunkundig und wunderten sich nicht, als man bei Weseling die Postkutsche verließ und mit der Fähre über den Rhein setzte. Auch dass man von Lühsdorf wieder in Richtung Deutz wanderte war ihnen unbekannt.

Sie waren rund 3 Stunden von Lühsdorf in Richtung Poll marschiert, als sie gegen 11 Uhr die dichten  Weidej bei Poll gelangten. Bei einer kleinen Pause entfernte sich der Pfarrer heimlich und suchte einen Weidenknüppel. Nach der Rückkehr gab er vor, dass ihm eine kostbare Uhr abhanden gekommen sei und so fing er einen Streit mit beiden Schwestern an. Unter dem Vorwand, dass seine vermeitliche Frau Barbara ihm beim Suchen helfen sollte führte er sie ein Stücck weg und schlug sie mit zwei Knüppelschlägen auf dem Kopf zu Boden. Er schnitt ihr mit einem Messer "durch den Hals, dass Blut aus allen Venen aus allen Aterien quillt, und sie auf der Stelle verscheidet", Auch die jüngere Schwester, die vergeblich zu fliehen suchte, streckte er mit den Knüppel nieder und tötete sie auf die gleiche Weise. Nach der Tat schmiß er ddas blutige Messer in den Rhein und wusch seine Hände. Sein Vorhaben, die Leichen ebenfalls im Rhein zu entsorgen unterließ er, da er sich "kraftlos" fühlte. So begnügte er sich damit, die beiden Leichen etwa 100 Schritt von Rhein notdürftig unter Weidengeäst zu verstecken.

Während seiner letzten Tage in Köln verfasste Peter Joseph Schäffer seine Biographie, da es beim Publikum reges Interesse gab. Sowohl in Köln als auch in Aachen, wo vor dem Kriminalgericht seine Verhandlung stattfinden sollte, war man an allem, was den "Unglückspfarrer" betraf, sehr interessiert. Seine Predigten und Gedichte hatten bereits eine wiederholte Auflage erlebt. So schreib er zur Einleitung seiner Biographie:

Es gibt der Unglücklichen unter diesem Monde gar viele, des Jammers ist auf der Welt kein Maaß; aber ich habe mehr gelitten als all die Unglücklichen, mein Jammer überschreitet alle Gränze. Mein Glück selbst war nur der Vorbothe eines nahen Verderbens, und ich kannte kein frohes Ereigniß in meinem ganzen Leben, dem nicht ein fürchterliches Unglück in die Fersen trat. Ich erwarb mir nur Freunde, um sie zu verlieren, ich erhielt nur Aussichten in helle Zukunft, um mit dem folgenden Momente von der schwärzesten Mitternacht mich umlagert zu sehen. So, so hat das Schicksal mit mir gespielt.

Am 27.10.1803 erfolgte die Überstellung des Pfarrers Peter Joseph Schäffer von Köln aus an das Kriminaltribunal nach Aachen. Die Verhandlung vor der Kriminalgericht begann am Morgen des 17.11.1803 unter großen öffentlichen Interesse. Die Anklageschrift wurde in französischer und deutscher Sprache verlesen. Es wurde auch ein Gutachten verlesen, da man im Rahmen der Ermittlungen geprüft hatte, ob das jüngere Opfer schwanger gewesen sein könnte. Dies bestätigte sich jedoch nicht. Nachdem die Zeugen aufgetreten waren, wurde der Doppelmörder durch den Gerichtspräsidenten aufgefordert, die Tat "wahrheitsgemäß" zu schildern.

Im "Pathos eines Predigers" widerrief Schäffer sein Geständnis und erzählte erneut die Geschichte mit den Räubern, die die beiden Frauen ermordeten.  Am nächsten Tage seien die Räuber jedoch zu ihm gekommen und haben unter dem Siegel der Beichte ihr Verbrechen gestnden. NAch seiner Ansicht war es wohl Zufall, dass sie ausgerechnet ihrem Opfer vom Vortage die Tat gestanden. Nach seiner Ansicht wäre er ein "todeswürdiger Verbrecher", wenn er das Beichtgeheimnis brechen würde. So wolle er,, der er unschuldig sei, lieber sterben als das Beichtgeheimnis zu brechen. Ein weiteres Motiv für sein Geständnis sei gewesen, dass er von der ehrlichen Reue des Täters überzeugt sei. Auch habe man ihm bei seinem Geständnis in Aussicht gestellt, dass er auf Grund seines Standes begnadigt werden würde und seine Biographie sei ihm unter Zwang abgenötogt worden. Er widerrufe nun jedoch sein Geständnis.

Der Gerichtspräsident wies in seiner Entgegnung, die er leidenschaftlich vortrug, darauf hin, dass Schäffer die Tat nach seiner Ankunft in Aachen vollumfänglich gestanden habe und er weiß nochmals darauf hin, dass er die beiden Frauen mit "Vorbedacht" ermordet habe. Er könne auch nichts Entlastendes zum Wohle des Angeklagten vorbringen.

Die Geschworenen hielten Schäffer für schuldig, die Frauen willentlich und mit Vorbedacht ermordet zu haben. Nachdem sich die Richter beraten hatten, verkündigte der Gerichtspräsident das Urteil.

Im Namen des französischen Volkes! Nach den vorgemerkten Artickeln des Strafgesätzes seyd ihr Peter Joseph Schaefer zum Tode verdammt.

Die Sitzung endete am 18.11.1803 um vier Uhr Nachmittags mit dem Schuldspruch.

Nun stand des Pfarrer> Schäffer frei sich innerhalb von 3 Tagen an das Kassationsgericht zu wenden. Er nutzte die Gelegenheit, doch am 22.12.1803 verwarf das Pariser Gericht die von Schäffers Verteidigern vorgebrachten Argumente Damit war das geen ihn gesprochene Todesurteil rechtskräftig und konnte vollzoge werden.

Das Urteil wurde am Nachmittage des 29.12.1803 in Aachen vollzogen. Zuvor wandte sich Schäffer noch an den Regierungskommissar um sein Gewissen zu erleichtern. Er bestötigte ihm nun, dass seine frühere Aussage ricchtig war und die vor dem Kriminalgericht getätigten Äußerungn der Unwahrheit entsprachen. Auch kurz vor seiner Hinrichtung wiederholte er sein Geständnis vor dem Publikum u.a. mit den Worten:
„Ich bin der erste Priester, der so eine schreckliche That begieng, ich hoffe, dass ich auch der letzte seyn werde“.

Der Fall des Peter Joseph Schäffer wurde auch immer wieder Gegenstand der Kriminalliteratur. So nahm ihn 1804 Lasaulx in seinem Buch "Journal für Gesetzkunde und Rechtsgelehrsamkeit" auf. In den 1850er Jahren zeichnete der Autor O.F. Hugo diesen Kriminalfall in dem Buch »Peter Joseph Schäffer ehemaliger Pfarrer zu Köln. Zweifacher Meuchelmörder. Getreu nach den Kriminalacten dargestellt« nach. Auch im »Neuen Pitaval« wurde der Fall neu aufgerollt. Auch in der neueren Literatur haben sich Udo Bürger und Ilona Priebe mit dem "Doppelmörder" Schäffer befasst.

Bildnachweis:

Quellen:

Priebe, Ilona
Diebe, Schurken, Mörderbanden
Herausgeber: J. P. Bachem, Köln
2003
ISBN:9783761617274

Letzte Änderung der Seite: 01. 05. 2023 - 13:05