August Neidhardt von Gneisenau an seine Gattin Karoline

vom 07.06.1813.

Reichenbach, den 7. Juni 1813.

Es ist ein Waffenstillstand geschlossen worden, der 7 Wochen dauern soll. Ein Strich von Schlesien, der in der Gegend der Riesenkoppe anfängt und an der Oder sich endet, ist für neutral erklärt. Nach den Worten des darüber geschlossenen Traktats könntest Du also wieder in diesen neutralen Strich Landes zurückkehren, ich halte es aber doch für sicherer, daß Du dies nicht tust. Wohl aber bin ich der Meinung, daß Du vorjetzt nach Schlesien zurückgehest, vielleicht am besten nach der Grafschaft Glatz, in einen der dortigen Badeörter, die sich zwar etwas gefüllt haben sollen, wahrscheinlich nun aber sich wieder leeren werden. Doch überlasse ich alles Deinem Ermessen.

Ich für meine Person bin aus dem Blücherschen Hauptquartier zur Person des Königs berufen worden. Noch nahe ich selbigen nicht gesehen, denn er wohnt zu Neudorf, aber wir haben gestern hier bereits Beratschlagungen gehalten und in Zeit von einer Stunde gehe ich nach Neudorf ab. Ich werde wahrscheinlich eine andere Bestimmung erhalten und alle Verteidigungsanstalten in Schlesien unter meinen Befehl bekommen, eine Arbeit, vor der mir graut unter allen den verschiedenen schädlichen Einwirkungen, die ich aber dann übernehmen will, damit aus allen den vielen versplitterten Mitteln ein Ganzes werde und soviel Opfer nicht verlorengehen. Wo ich während dieses Geschäftes meinen Sitz haben werde, weiß ich noch nicht.

Dieser Waffenstillstand, der dem Feind weit nötiger und nützlicher ist, als uns, wird bei der Armee sehr übel aufgenommen werden. Ich bin sehr unmutig darüber, sowie über die Führung des Ganzen.

Quelle:
Gneisenau, Neidhardt von: Briefe 1813


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