Der französische Polizeiminister an den Generaldirektor der Hamburger Polizei

vom 05.02.1813.

6. Februar 1813

An den Herrn Generaldirektor der Polizei in Hamburg.

Monsieur, die Ernennung des ehemaligen preußischen Ministers Stein zum Kabinettsministers in Rußland und sein Eintreffen in Königsberg werden den Bewegungen und Intrigen der Geheimgesellschaften in Deutschland, bei denen M. Stein einer der hauptsächlichen Anstifter gewesen ist, einen neuen Auftrieb geben. Die Boten dieser zwielichtigen Gesellschaften werden es nicht versäumen, bei der ersten Gelegenheit falsche Gerüchte auszusäen, beunruhigende Nachrichten zu verbreiten, um die öffentlichen Meinung aufzuhetzen; sie werden auch dafür arbeiten, die Treue der Offiziere und den Mut der Soldaten zu erschüttern in der Erwartung, daß sie imstande seien, das große Ziel ihrer strafbaren Machenschaften zu erreichen, d.h. daß sich die deutschen Völker gegen die Franzosen erheben.

Unter diesen Gesellschaften, die sich in Deutschland unter verschiedenen Namen sehr vermehrt haben, die aber alle von denselben Grundsätzen geleitet werden, verdient der des Tugend-Freundes, der in Preußen seine Wiege hat, eine ganz besondere Aufmerksamkeit, sowohl wegen der Zahl wie des Ranges, der Kühnheit oder der Mittel seiner Anhänger. Ich füge meinem Schreiben eine Liste einiger bekannter Mitglieder dieser Vereinigung wie auch den Chiffreschlüssel bei, dessen sie sich bei ihrer Korrespondenz bedienen. Diese Hinweise, den einzelnen Dokumenten hinzugefügt, die Sie bis jetzt über diese Gesellschaften gesammelt haben, über die der Eingeweihten, die zu verschiedenen Zeiten in der 32. Militärdivision, in Westfalen und in den Nachbarländern festgenommen oder gemeldet worden sind, werden Sie in den Stand setzen, von jetzt ab ein Überwachungssystem aufzubauen, das zu brauchbaren Ergebnissen führen wird.

Sie müssen zunächst die höchste Aufmerksamkeit auf alle unbekannten oder hergelaufenen Ausländer, besonders auf die aus Mecklenburg oder von der gesamten Küste zwischen Holland und Preußen kommenden richten. Sie werden mir jede Woche die Namensliste dieser Ausländer senden, deren Schritte Sie mit Sorgfalt überwachen lassen werden, und, ohne neue Anweisungen abzuwarten, werden Sie unverzüglich alle diejenigen festnehmen lassen, die den Geheimbünden anzugehören scheinen, und Sie werden darauf achten, dass sie keines ihrer Papiere in Sicherheit bringen können.

Stellen Sie so schnell wie möglich eine ständige enge Verbindung mit dem Herrn General von Bongars, mit den französischen Generälen, die in den angrenzenden Staaten kommandieren, mit dem Intendanten von Erfurt und den Generalkommissaren der Polizei von Braunschweig, Magdeburg usw. usw. her. Diese Verbindungen, von deren Ergebnissen Sie mir genau zu berichten haben, werden Sie über die Umtriebe aufklären, die mit der 32. Militärdivision zusammenhängen: Sie werden auch, indem eine Menge zerstreuter Dokumente in meinem Ministerium zentralisiert wird, dazu beitragen, meine Aufmerksamkeit auf die Erkenntnisse, die ich bereits erhalten habe, und auf die Gesamtheit der Machenschaften, die in den verbündeten Staaten unternommen werden können, zu fixieren.

Ich fordere dieselbe Aufmerksamkeit gegenüber einer religiösen Sekte, die bekannt ist unter der Bezeichnung Mährische oder Herrenhuter Brüder und deren Prinzipien fast zum gleichen Ziel tendieren wie die Machenschaften des Tugend-Freundes und die, wegen ihrer religiösen Anschauungen und ihres weltlichen Interesses mit den englischen Inseln in Verbindung stehen. Sie finden beigefügt einen Vermerk, der einige Angaben über diese Sekte, über ihren Geist und ihre Aktivitäten enthält. Verschaffen Sie sich Informationen über die Einrichtungen, die sie im Rheinbund und in den hanseatischen Departements unterhält, über ihre wichtigsten Leiter und die Geheimboten, die sie in Marsch setzt, um ihre Lehre zu verbreiten oder um die geheimen Verbindungen zu unterhalten, die zwischen verschiedenen Hauptorten bestehen. Ich kenne einen dieser Geheimboten namens Rauftler, der 1809Professor am Herrenhuter Institut in Ebersdorf in Meißen war: Wenn er in Ihrem Bezirk auftaucht, lassen Sie ihn festnehmen.

Hochachtungsvoll usw.

Quelle:
Privatarchiv EPOCHE NAPOLEON


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