Oberst von Gneisenau an die Kolberger Ratsherren

vom 08.08.1807.

 

Meine Herrn Repräsentanten der patriotischen Bürgerschaft zu Colberg.

Da ich auf unsers Monarchen Befehl, mich eine zeitlang von dem mir so lieb gewordenen Colberg trenne, so trage ich Ihnen, meine Herrn Repräsentanten, auf, den hiesigen Bürgern mein Lebewohl zu sagen. Sagen Sie selbigen, daß ich Ihnen sehr dankbar bin, für das Vertrauen, das Sie mir von meinem ersten Eintritt in hiesiger Festungen geschenkt haben. Ich mußte manche harte Verfügung machen, manchen hart anfassen, dies gehörte zu den traurigen Pflichten meines Postens, dennoch wurde dies Vertrauen nicht geschwächt. Viele dieser wackern Bürger haben uns freiwillig ihre Ersparnisse dargebracht, ohne diese Hülfe wären wir in bedeutender Noth gewesen. Viele haben sich durch Unterstützung unsrer Kranken und Verwundeten hochverdient gemacht. Diese schöne Empfindung an Colberger Muth, Patriotismus, Wohlthätigkeit und Aufopferung werden mich ewig begleiten. Ich scheide mit gerührtem Herzen von hier. Meine Wünsche und Bemühungen werden immer rege für eine Stadt seyn, wo noch Tugenden wohnen, die anderderwärts seltener geworden sind. Vererben Sie selbige auf Ihre Nachkommen, dies ist das schönste Vermächtniß das Sie Ihnen geben können.

Leben Sie wohl und erinnern Sie sich mit Wohlwollen

Colberg, den 8. August 1807.

Ihres treu ergebenen Commandanten. v. Gneisenau.

 

Quelle:
Nettelbeck, Joachim & Haken, Christian Ludwig: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg: Eine Lebensbeschreibung, Leipzig 1823


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