Reglement König Gustav Adolphs über den Handel und die Schiffahrt in Kriegszeiten

vom 23.12.1801.

Wir Gustav Adolph, etc. tun kund hiermit:

Da Wir durch die Begebenheiten der letzten Zeit de Erfahrungen gemacht haben, wie sehr der Zwang und die Ungewissheit für den Handel und die Schifffahrt der Neutralen nachhaltig und kompromittierend gewesen, so haben Wir zur Erhaltung der Rechte unserer Untertanen, so wie zur Festsetzung sicherer Grundsätze in Angelegenheiten von allgemeinem Interesse  für dienlich erachtet, ein bestimmtes Reglement für die Schifffahrt Unsers Reichs zu publizieren. Es hat uns nicht entgehen können, dass zur Zeit eines Krieges diejenigen ein natürliches Recht haben, ihren Handel und ihre Schifffahrt in Sicherheit fortzusetzen; ein Recht, das unwidersprechlich von der völligen Unabhängigkeit entspringt, die jeder Regierung eigen ist. Dieses Recht, dem in der Ausführung oft ausgewichen wird, obgleich es nach einem allgemeinen Übereinkommen stets anerkannt wird, setzt indes die Verpflichtung voraus, gegen die kriegsführenden Mächte eine völlige Unparteilichkeit zu beobachten, ohne die eine, zum Nachteil der anderen zu begünstigen, und ferner eine sorgfältige Rücksicht auf die Verpflichtungen die sich auf Traktate und auf anerkannte Reglements gründen.  Die Beobachtung dieser Obliegenheiten und Pflichten, welche nach Grundsätzen übernommen worden, die allgemein erkannt sind, oder durch besondere Traktate auferlegt worden, ist um so notwendiger, da ohne sie aller Anspruch auf die Vorteile der Neutralität wegfällt und die Schifffahrt Verlegenheiten ausgesetzt wird, die stets nachhaltig sind, und oft die unangenehmsten Folgen haben. Wir erklären demnach folgende Bestimmungen als Grundlagen der Rechte und der Pflichten der gesetzmäßigen und neutralen Schifffahrt Schwedens:

  1. Damit ein Schiff für ein schwedisches erkannt werden könne, muss es in Schweden oder in den Provinzen unter schwedischer Herrschaft erbaut, oder an den schwedischen Küsten gescheitert, und daselbst in gehöriger Form verkauft, oder in der Fremde mittelst einer gesetzmäßigen und authentischen Konvention von einem Schweden gekauft sein. Wenn eine solche Akquisition in einem im Kriege begriffenen Lande geschieht, so wird sie für gesetzmäßig gehalten, sobald der Ankauf drei Monate vor dem wirklichen Bruch vorhergeht. Jedes akquirierte Schiff muss naturalisiert werden. Da aber die Naturalisation von Schiffen, welche gesetzmäßig in der Fremde akquiriert, die aber in der Folge von dem Kaper einer kriegsführenden Macht genommen worden, oft unangenehme Explikationen zur Folge gehabt hatten; so wird hiedurch beschlossen, dass in Kriegszeiten die Naturalisation nicht für Schiffe erlaubt werden soll, die vorher das Eigentum einer der kriegsführenden Mächte oder ihrer Untertanen gewesen sind, jedoch mit Ausnahme aller Schiffe, die vor Ausfertigung der gegenwärtigen Verordnung naturalisiert worden, indem diese stets die Rechte genießen sollen, die mit den Eigenschaften von Neutralen und von Schweden verbunden sind.

  2. Der Schiffs-Kapitän muss mit allen Papieren versehen sein, die zur Sicherheit seiner Schifffahrt nötig und erforderlich sind: Von der Art sind (im Fall das Schiff durch den Sund geht) ein Bau-Zertifikat, ein so genannter Messbrief, Freibriefe, türkische und lateinische Pässe, ein Zertifikat von dem Magistrat des Ortes, ein Pass für die Equipage, eine Abschrift des Eides der Reeder, eine Zertepartie mit den eigenhändigen Unterschriften der Befrachter, des Kapitäns und des Absenders, ein Manifest, mit gleichem Unterschriften versehen und welches die Liste der verschiedenen Artikel der Ladung und die Bedingungen der bestimmten Fracht enthält, und ein Gesundheitspass, wo solcher erfordert wird. Geht die Bestimmung des Schiffs bloß nach den Häfen der Ostsee oder nach dem Sunde, so sind die türkischen und lateinischen Pässe nicht nötig. Allein alle anderen oben angezeigten Papiere müssen sich ohne Ausnahme bei dem Kapitän befinden.

  3. Alle diese Akten müssen in einem schwedischen Hafen abgefasst und überliefert werden, wenn anders nicht ein Schiff seiner Papiere durch Zufall oder durch Gewalttätigkeit beraubt wird, in welchem Falle diese Akten in einem fremden Hafen erneuert werden können, wenn der Kapitän gleich bei seiner Ankunft Sorge trägt, eine authentische und gehörig verifizierte Deklaration vorzuzeigen, wodurch der der Zufall bewiesen wird, oder worin die Gründe angegeben werden, warum er um diese Erneuerung der Akten ersucht.

  4. Es ist den Kapitäns verboten, irgend eine solche oder doppelte Akte oder Kommossement zu haben. Auch ist ihnen verboten sich einer fremden Flagge zu bedienen.

  5. Es ist bestimmt, dass der Kapitän eines Kauffahrtschiffs und die Hälfte der Equipage schwedische Untertanen sein müssen.

  6. Die Kapitäns, die auf offenem Meere schiffen, sind gehalten, denn Wege zu folgen, der durch ihre Ordres vorgeschrieben und dem Inhalte des Konnossements gemäß ist.

  7. Die Schiffe, die nach den Häfen einer kriegsführenden Macht bestimmt sind, müssen mit genauester Sorgfalt und unter strenger Strafe den Transport aller Konterbande-Waren vermeiden. Um alle Zweideutigkeiten und Missverstand über dasjenige zu verhindern, was als Konterbande angesehen werden muss, so ist bestimmt, dass man nur folgende Sachen für Konterbande ansehen wird, nämlich: Kanonen, Mörser, Feuergewehre, Pistolen, Bomben, Granaten, Kugeln, Flinten, Feuersteine, Lunten, Pulver, Salpeter, Schwefel, Kurasse, Piken, Degen, Degengehänge, Patronentaschen, Sättel und Zäume, mit Ausnahme der Quantität dieser Sachen, die zur Verteidigung des Schiffes und dessen Equipage nötig sein möchte. Alle andere hier nicht bezeichneten Artikel sollen nicht als Kriegs- und Schiffsmunition angesehen werden, nicht der Konfiskation unterworfen sein und sollen demnach frei und ohne alle Schwierigkeit passieren.

  8. Allen schwedischen Untertanen ist verboten, Kaper auszurüsten und ihre Schiffe gegen die kriegsführenden Mächte, deren Untertanen und Eigentum zu gebrauchen.

  9. Ein schwedisches Schiff kann nie von einer kriegsführenden Macht dazu gebraucht werden, Truppen, Waffen oder irgend einige Kriegsmunition zu transportieren. Sieht sich der Kapitän dazu durch eine überlegene Macht gezwungen, so muss er wenigstens eine förmliche und authentische Protestaktion gegen die Gewalttätigkeit einlegen, der er nachzugeben genötigt ist.

  10. Sobald ein Kauffahrtschiff nicht konvoitiert wird, und sobald es von einem Kriegsschiffe oder einem Kaper einer kriegsführenden  Macht angehalten wird, so soll sich der Kapitän des Kauffahrtschiffes der Untersuchung seines Schiffs nicht widersetzen, sondern selbst gehalten sein, alle Akten und Dokumente, alle seine Ladung und ihre Bestimmung bezeugen, treulich vorzuzeigen. Dem Kapitän sowohl als seinen Leuten ist aufs strengste verboten, keine von diesen öffentlichen Akten weder vor noch während der Besichtigung zu verhehlen oder zu vernichten.

  11. Wenn aber ein solches Kauffahrtschiff zu einer Konvoi gehört, so soll der vorhergehende Artikel dem Kapitän nicht mehr zur Regel dienen, sondern seine Pflicht schränkt sich dann bloß darauf ein, pünktlich den Befehlen und Signalen des Kommandanten der Konvoi zu gehorchen, zu welchem Ende er sich stets bemühen wird, sich so wenig als möglich von demselben zu entfernen.
  12. Jedem Kapitän wird ausdrücklich befohlen, das Einlaufen in einen blockierten Hafen nicht zu versuchen, sobald er davon durch den Kommandanten der Blockade förmlich benachrichtigt worden. Um zu bestimmen, was einem blockierten Hafen charakterisiert, so verstattet man diese Benennung bloß demjenigen wo durch Verfügung der Macht, die ihn mit bestimmten und hinlänglich nahen Schiffen angreift, offenbare Gefahr ist, einzulaufen.

  13. Falls ein schwedisches Kauffahrtschiff durch ein Kriegsschiff oder durch den Kaper einer kriegsführenden Macht genommen würde, so soll der Kapitän sogleich seinen umständlichen und mit den nötigen Bescheinigungen versehenen Bericht dem schwedischen Konsul oder Vize-Konsul derjenigen Gegend abstatten, wo das Schiff genommen worden; findet sich aber ein solcher nicht daselbst, so soll er sein Mémoire an den schwedischen Konsul schicken, dessen Distrikt den Hafen begreift, wo man sein Schiff aufgebracht hat.

  14. Jeder Kapitän eines schwedischen Kauffahrtschiffes, welcher obige Regeln und Verordnungen genau befolgt, soll eine freie und durch das Völkerrecht und den Inhalt der Traktaten beschützte Schifffahrt genießen, wobei allen Ministern, öffentlichen Agenten und schwedischen Konsuln befohlen wird, im Fall eines Angriffes oder einer Insultierung die gerechten und gegründeten Reklamationen desselben zu unterstützen. Allein derjenige, der es sei in welchem Stücke es wolle, gegenwärtige Verordnung übertritt, hat sich die Folgen seines ungesetzlichen Betragens allein selbst zuzuschreiben, ohne das er  in einem solchen Falle auf den Beistand und den Schutz Sr. Majestät Rechnung machen darf.

  15. Nach dem Inhalte einer früheren Verordnung Sr. Majestät ist es den Kapern jeder fremden Nation verboten, in irgend einen Hafen ihres Reichs einzulaufen oder seine Prisen dahin zu führen, ausgenommen im Fall die Schiffe in Not-Umständen sind. In diesem Fall wird es bei strenger Strafe jeden verboten, die Prisen oder irgend einige Effekten zu kaufen, die der Kaper erbeutet hat.

Damit sich keiner mit der Unwissenheit dessen entschuldigen könne, was Wir verordnet haben, so werden Wir gegenwärtiges Reglement allenthalben, wo es nötig sein wird, bekannt machen lassen, wobei Wir allen, die es angeht, die Beobachtung desselben empfehlen. Zu Urkunde dessen haben Wir Gegenwärtiges eigenhändig unterzeichnet und mit unserm königlichen Siegel versehen.

Gegeben zu St. Petersburg, den 23. Dezember 1801.

Gustav Adolph.

G. B. Zibet

Quelle:
Martens, Georg Friedrich von; Martens, Karl von: Recueil des traités d´alliance, de paix, de Tréve, de Neutraliete, da Commercem de Limites, de Echange etc., Göttingen 1831


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