Saint Justs Rede gegen Danton und die Partei der Milde

vom 31.03.1794.

Bürger, die Revolution ist im Volke und keineswegs in einigen Persönlichkeiten von Ruf. Diese wahre Idee ist die Quelle der Gerechtigkeit und Gleichheit in einem freien Staat; sie ist die Garantie des Volkes gegen verschmitzte Menschen, welche durch ihre Kühnheit und Straflosigkeit sich gewissermaßen zu Patriziern erheben.

Es liegt etwas Furchtbares in der geheiligten Liebe zum Vaterland; sie ist so ausschließlich, daß sie alles ohne Mitleid, ohne Furcht, ohne menschliche Achtung dem öffentlichen Interesse opfert; sie stürzt Manlius herab; sie opfert ihre Privatneigungen, sie reißt Regulus nach Karthago, schleudert einen Römer in den Abgrund und weist Marat, dem Opfer seiner Hingebung, seinen Platz im Pantheon an.

Ihre Ausschüsse für die öffentliche Wohlfahrt und allgemeine Sicherheit haben, erfüllt von diesem Gefühl, mich beauftragt, von Ihnen im Namen des Vaterlandes gegen Menschen Gerechtigkeit zu fordern, welche seit langer Zeit schon die Sache des Volkes verraten, mit allen Mitverschwornen, mit Orléans, Brissot, Hébert, Hérault und ihren Mitschuldigen gegen Sie Krieg führen und in diesem Augenblick mit den gegen die Republik verbündeten Königen konspirieren; welche den Plan begünstigten, Sie zu vernichten und die republikanische Regierung in Verwirrung setzen, welche die Verteidiger der Verräter und Ihre erklärten Feinde gewesen sind und, um der Gerechtigkeit zu entgehen, fordern, daß man Sie in ihnen angreift; sie zeigten dieses Interesse für Sie keineswegs, als sie die Straflosigkeit Ihrer Meuchelmörder und Ihre Erneuerung begehrten, deren Folge Ihr Untergang und der der Republikgewesen wäre.

Möchte dieses Beispiel das letzte sein, welches Sie von Ihrer Unbeugsamkeit gegen sich selbst geben werden. Möchten Sie nach ihrer Unterdrückung alle Faktionen vertilgt sehen können und in Frieden die Fülle Ihrer gesetzmäßigen Macht und die Ehrfurcht, welche Sie einflößen, genießen.

Man hat seit langem versucht, Sie womöglich zu schwächen, Sie haben zwischen der Faktion der falschen Patrioten und der der Gemäßigten, welche Sie niederwerfen müssen, Ihren Weg verfolgt. Diese Faktionen, erzeugt mit der Revolution, sind ihr in ihrem Lauf gefolgt, wie die Schlangen dem Lauf der Ströme folgen. Es gehört einiger Mut dazu, zu Ihnen nach so vieler Strenge noch von Strenge zu sprechen.

Die Aristokratie sagt: sie werden sich untereinander verschlingen, allein die Aristokratie belügt sich selbst; sie ist es, welche wir vernichten werden; sie weiß es wohl. Die Freiheit wurde durch die Hinrichtung Brissots und Ronsins, dieser anerkannten Royalisten, nicht bloßgestellt. Hört nicht auf die Stimme derer, welche vor der Gerechtigkeit zittern und ihre Sache mit dem Schein des Patriotismus zu umgeben suchen. Die Gerechtigkeit kann Sie niemals kompromittieren, allein die Nachsicht' muß Sie verderben.

Ich will Ihnen nun die letzten Anhänger des Royalismus denunzieren, diejenigen, welche seit fünf Jahren den Faktionen dienten und der Freiheit nur wie ein Tiger seiner Beute folgten. Ich will schnell zergliedern, was sich zugetragen hat, dannwerde ich schließlich Ihnen die Verschwörung schildern und Ihnen die letzten Mitschuldigen derselben bezeichnen.

Die Verschwörungen lehren die Regierungen, über die Sitten zu wachen und die Reinheit der Prinzipien zu erhalten, auf denen die Gesetzgebung beruht; sie sind ein sicheres Anzeichen davon, daß man es unterlassen hat, viele Mißbräuche zu verbessern und vor allem die Ungerechtigkeit zu bestrafen; daß die Rücksichtslosigkeit der Gesetze gegen das Unglück und gegen gesetzmäßige Unzufriedenheit die Faktionen vergrößert hat; und daß endlich die Nachsicht gegen die Böswilligen und die Korruption der Beamten die Herzen entmutigt und gegen das Vaterland indifferent gemacht hat.

Wir haben alle die Stürme ausgestanden, welche gewöhnlich große Entwürfe begleiten. Eine Revolution ist eine heroische Unternehmung, deren Urheber zwischen Gefahren und zwischen der Unsterblichkeit ihren Weg gehen. Die letztere haben Sie sich erworben, wenn Sie die feindlichen Faktionen zu opfern wissen.

Auf diesen beruht die letzte Hoffnung der Tyrannei; sie haben ihre Quelle in der gemeinen Leidenschaft, den Ruf, welchen man sich verschafft hat, zu seinem persönlichen Vorteil zu benutzen. Ihre zweite Quelle haben sie in der Opposition des Auslandes. Auf diese Weise haben die europäischen Regierungen seit fünf Jahren eine große Zahl derer korrumpiert, welche in der Revolution eine Rolle gespielt hatten. Viele Menschen besitzen Geist genug, um das Gute zu tun; wenige haben ein Herz dazu, es hartnäckig zu wollen. Man erstaune nicht mehr über das Zusammenbrechen so vieler Hoffnungen: dies war bei allen Völkern der Gang des menschlichen Geistes und dies ist uns von der Monarchie geblieben.

Alles das Schlechte, welches uns die Tyrannen vorwerfen, kommt uns gerade von ihnen; und Europa würde glücklich sein, wenn sie nicht in demselben herrschten.

Gebe es der Himmel, daß wir das letzte Ungewitter über die Freiheit gesehen haben und die Erfahrung uns belehrt hat, wie notwendig die freie Regierung eine Garantie braucht. Dies will ich Ihnen noch zeigen, indem ich Ihnen in ihren Einzelheiten, in ihrem Gang, ihren Mitteln und ihrem Zweck die seit mehreren Jahren gegen die Revolution angestiftete Verschwörung darlege.

Sie hatten es unterlassen, die Garantie des Volkes, sowie die Ihrige gegen den Einfluß der Zwischengewalten näher zu bestimmen. Als sich nun die mit diesen Gewalten bekleideten Menschen vereinigten, um Sie darnieder zu drücken, war die Regierung gegen sie zu schwach, weil sie zur Intrige ihre Zuflucht genommen hatten und dem öffentlichen Wohl Widerstand leisteten; daher jener konvulsivische Gang der Angele- genheiten. Sie konnten nicht unmittelbar alle Mißbräuche erreichen. Die Agenten begünstigten sie. Erinnern Sie sich, wie der Reihe nach La Fayette und Dumouriez dem Föderalismus in die Hände gerieten. Der persönliche Charakter einiger ihrer Mitglieder hat in den Krisen und Verrätereien das Vaterland gerettet; allein die Majorität dieser Agenten schien immer mit den Attentaten in Verbindung zu stehen.

Das Ausland hatte alle Konsequenzen eines Regierungssystems berechnet, wo die letzten verbündeten Beamten sich mächtiger als die Regierung selbst machten.

Zwei Gründe entnervten die Institutionen, bei den einen die Lust, aus einer ehrenvollen Dunkelheit hervorzutreten; bei den andern die Perfidie und das Bündnis mit den Feinden des Vaterlands. Ein dritter Grund zerstörte fortwährend im politischen Körper die harmonische Tätigkeit; es war dies die beständige Usurpation des Einflusses der Nationalvertretung und der von ihr herrührenden republikanischen Regierung.

Wir werden sehen, welchen Vorteil die Faktionen von diesen Fehlern unserer Lage zu ziehen wußten; wir werden sehen, wie alle Verbrechen, genötigt, sich wegen der heftigen Neigung des Volks zur Freiheit zu verstellen, mit der Revolution durcheinandergärten; wir werden alle Physiognomien entlarven und dem Ausland Schritt für Schritt folgen.

Seit dem Beginn der Revolution haben England und die dem französischen Volk feindlichen Regierungen unter uns eine Partei genährt, welche aus verschiedenen koinzidierenden, bisweilen aber einander unbekannten Faktionen bestand. Die eine von ihnen wurde geschlagen; die andern wurden von der Furcht in Bewegung gesetzt und suchten den Lauf der Gesetzgebung und der Gerechtigkeit, welche sie fürchteten, zu hemmen. [... ]

Die verbrecherischen Parteien, vom Ausland beauftragt, die Nationalvertretung anzugreifen und ihre Erneuerung zu fordern, haben Sie als geschwächt und abgenutzt durch achtzehnmonatliche Arbeiten dargestellt: von den gleichzeitigen Tyrannen, welche seit einem halben Jahrhundert auf Europa liegen, haben jene nichts gesagt; die haben sich nicht abgenutzt, welche seit mehreren Jahren unter uns konspirieren. Sollte das Verbrechen weniger ermatten als die Tugend?

Gibt es in der Welt eine Macht, welche ebenso aufrichtig, ebenso freundschaftlich und dankbar gegen das Volk ist, als Sie es gewesen sind? Gibt es in der Geschichte viele Regierungen, welche wie Sie die Last von fünfzehn Armeen, von so vielen Verrätereien, die Last eines ganzen Kontinents ertragen haben, welcher ungerechterweise der Feind des französischen Volks geworden war? Sie sind abgenützt! Und Sie haben Europa besiegt und besitzen zwölfhunderttausend Kämpfer! Ihre Feinde würden Ihre Vernichtung nicht allzu teuer bezahlen können. Gibt es etwas Klareres, als die Böswilligkeit und den Verrat derer, welche die Freiheit durch Ihre Erneuerung umstürzen wollten? Das französische Volk, überall siegreich, befiehlt seiner Vertretung, in der Reihe der menschlichen Mächte den ersten Platz einzunehmen. Das Volk erniedrigt man in Ihnen!

Sie sind verantwortlich für seine Größe. Das Volk hat seine Republik anerkannt; sein Wille bedarf nicht der Genehmigung des Auslandes; seine Verachtung und der Sieg ist seine Antwort für alle Tyrannen, und wohl kann es auch für seine Freiheit sterben.

Dieselben Menschen, welche sich vom Beginn der Revolution an bemüht haben, sie auf einen Dynastiewechsel zu beschränken, finden sich abermals wieder an der Spitze dieser Faktionen, deren Zweck es war, Sie zu opfern.

Hier weicht die Geduld dem gerechten Zorn der Wahrheit. Wie, wenn ganz Europa, uns ausgenommen, die wir blind sind, überzeugt ist, daß Lacroix und Danton Verträge zugunsten des Königtums abgeschlossen haben! Wie, wenn die über Fabre d'Eglantine erlangten Nachrichten, diesen Mitschuldigen Dantons, keinen Zweifel über seinen Verrat lassen, wenn der Gesandte des französischen Volkes in der Schweiz uns die Bestürzung der Emigrierten, seitdem Fabre, Dantons Freund, vor Gericht gezogen ist, meldet, wollen sich unsere Augen noch immer nicht öffnen! Danton, Du wirst der unvermeidlichen, unerbittlichen Gerechtigkeit Rede und Antwort stehen.

Betrachten wir Deine Vergangenheit und zeigen wir, daß Du, seit dem ersten Tag Mitschuldiger aller Attentate, der Partei der Freiheit immer entgegenstandest und mit Mirabeau, Dumouriez, Hébert und Hérault-Séchelles konspiriertest.

Danton, Du hast der Tyrannei gedient: zwar bist Du La Fayette entgegengetreten; allein Mirabeau, Orléans, Dumouriez traten ihm ebenfalls entgegen. Würdest Du zu leugnen wagen, daß Du diesen drei gewalttätigen Verschwörern gegen die Freiheit verkauft warst? Durch den Schutz Mirabeaus wurdest Du zum Administrator des Departements Paris ernannt, zu der Zeit, wo die Wahlversammlung entschieden royalistisch war. Alle Freunde Mirabeaus prahlten laut damit, daß er Dir den Mund verschlossen habe; so lange als diese Abscheu erregende Persönlichkeit gelebt hat, bist Du fast stumm gewesen. In jener Zeit warfst Du einem strengen Patrioten bei einem Gastmahl vor, er kompromittiere die gute Sache, indem er sich von dem Wege entfernte, den Barnave und Lameth einschlugen, welche die Volkspartei im Stich ließen.

Bei dem ersten Wetterleuchten der Revolution zeigtest Du dem Hof eine drohende Stirn. Du sprachst gegen ihn mit Heftigkeit. Mirabeau, welcher auf einen Dynastiewechsel dachte, fühlte den Preis Deiner Kühnheit; er band Dich fest. Du entferntest Dich von da an von den strengen Prinzipien und man hörte von Dir erst bei dem Gemetzel auf dem Marsfeld wieder sprechen. Damals unterstütztest Du bei den Jakobinern den Antrag von Laclos, welcher ein unheilvoller und von den Feinden des Volks bezahlter Vorwand war, die Fahne des Aufstands zu entfalten und die Tyrannei zu versuchen. Die Patrioten, welche in dies Komplott nicht eingeweiht waren, bekämpften ohne Nutzen Deine blutige Meinung. Du wurdest mit Brissot zum Redakteur der Petition des Marsfeldes ernannt und Ihr entgingt der Wut La Fayettes, welcher zweitausend Patrioten hinmorden ließ. Brissot ging hierauf friedlich in Paris umher, und Du, Du vollbrachtest glückliche Tage in Arcis-sur-Aube, wenn derjenige, welcher gegen sein Vaterland konspiriert, glücklich sein konnte. Läßt sich die Ruhe Deiner Zurückgezogenheit in Arcis-sur-Aube begreifen, bei Dir, einem der Urheber der Petition, während diejenigen, welche sie unterzeichnet hatten, teils in Ketten geworfen, teils hingeschlachtet wurden?

Waren Brissot und Du denn die Gegenstände der Erkenntlichkeit für die Tyrannei, da Ihr für sie keine Gegenstände des Hasses und Schreckens wart?

Was soll ich von Deinem feigen und beständigen Verlassen der öffentlichen Sache mitten in Krisen sagen, wo Du immer die Maske eines Zurückgezogenen annahmst?

Als Mirabeau tot war, konspiriertest Du mit den Lameth und unterstütztest sie. Du bliebst neutral während der legislativen Versammlung und tötetest Dich in dem mühevollen Kampf der Jakobiner mit Brissot und der Faktion der Gironde. Du unterstütztest hierauf ihre Meinung über den Krieg; gedrängt sodann durch die Vorwürfe der besten Bürger, erklärtest Du, daß Du die beiden Parteien beobachtetest und Dich in Stillschweigen hülltest. Verbunden mit Brissot auf dem Marsfeld, teiltest Du hierauf seine Ruhe und seine freiheitsmörderischen Ansichten; denn ganz jener siegreichen Partei preisgegeben, sagtest Du von denen, welche dessen sich weigerten, daß, weil sie mit ihrer Meinung über den Krieg allein blieben und sich verderben wollten, Du und Deine Freunde sie ihrem Schicksal überlassen müßten.

Aber als Du das Gewitter vom 10. August sich vorbereiten sahst, zogst Du Dich abermals nach Arcis-sur-Aube zurück. Den Gefahren entschlüpft, welche die Freiheit umgaben, hofften die Patrioten, Dich nicht mehr wiederzusehn, gedrängt indes von der Scham, von den Vorwürfen, und da Du wußtest, daß der Fall der Tyrannei wohl vorbereitet und unvermeidlich war, kehrtest Du am 9. August nach Paris zurück. Du legtest Dich in dieser furchtbaren Nacht zur Ruhe! Deine Sektion, welche Dich zu ihrem Präsidenten ernannt hatte, erwartete Dich lange Zeit; man entriß Dich Deiner schmachvollen Ruhe. Du präsidiertest eine Stunde und verließest Deinen Sitz um Mitternacht, als die Sturmglocken erschallten; in demselben Augenblick traten die Trabanten des Tyrannen ein, und setzten das Bajonett auf die Brust dessen, der Deinen Platz eingenommen hatte: Du, Du schliefst! Was tat in diesem Augenblick Fabre, Dein Mitschuldiger und Dein Freund? Du hast es selbst gesagt, daß er mit dem Hof parlamentierte, um ihn zu täuschen. Konnte jedoch der Hof auch Fabre vertrauen, ohne ein gewisses Unterpfand seiner Käuflichkeit und ohne sehr klare Beweise seines Hasses gegen die Volkspartei? Wer immer der Freund eines Menschen ist, der mit dem Hof parlamentierte, ist der Feigheit schuldig. Der Geist hat seine Irrtümer; die Irrtümer des Gewissens sind Verbrechen.

Was hast Du indes seitdem getan, um uns zu beweisen, daß Fabre, Dein Mitschuldiger, und Du den Hof haben täuschen wollen? Euer Betragen ist seitdem das von Verschwörern gewesen. Als Du Minister warst, handelte es sich darum, einen Gesandten nach London zu schicken, um das Bündnis der beiden Völker abzuschließen. Noel, ein konterrevolutionärer Journalist, wurde von dem Minister Lebrun vorgeschlagen; Du widersetztest Dich dem nicht. Man warf es Dir als eine Schwäche vor; Du gabst zur Antwort: ich weiß, daß Noel nichts taugt, allein ich lasse ihn von einem meiner Verwandten begleiten. Was ist die Folge dieser verbrecherischen Gesandtschaft gewesen? Der verabredete Krieg und die Verrätereien.

Du warst es, welcher Fabre und Orléans in die Wahlversammlung ernennen ließ, wo Du Dich zuerst als ein sehr gewandter Mann rühmtest, und von dem zweiten sagtest, daß als Prinz von Geblüt seine Anwesenheit unter den Volksvertretern ihnen in den Augen Europas mehr Gewicht geben würde. Chabot stimmte zugunsten von Fabre und Orléans. Du bereichertest Fabre während Deines Ministeriums. Fabre bekannte sich damals offen zum Föderalismus und sagte, man würde Frankreich in vier Teile teilen. Roland, der Anhänger des Königtums, wollte an die Loire reisen, um die Vendée zu besuchen, Du wolltest in Paris bleiben, wo Orléans war und wo Du Dumouriez begünstigtest. Du gabst Befehle, um Duport zu retten; er entfloh mitten in einem Aufruhr, welcher zu Melun durch deine Emissaire angestellt war, um einen Wagen mit Waffen zu plündern. Malouet und der Bischof Autun waren oft bei Dir, Du begünstigtest sie. Die Partei Brissots klagte Marat an, Du erklärtest Dich für seinen Feind. Du sondertest Dich von dem Berg bei den Gefahren ab, welchen er entgegenging. Du machtest Dir öffentlich ein Verdienst daraus; Gensonné, Guadet und Brissot reichtest Du fortwährend den Ölzweig, das Unterpfand Deines Bündnisses mit ihnen gegen das Volk und die strengen Republikaner. Die Gironde führte scheinbar gegen Dich Krieg. Um Dich dazu zu nötigen, daß Du Dich erklärtest, forderte sie von Dir Rechenschaftsablegung; sie klagte Dich des Ehrgeizes an. Deine vorsichtige Heuchelei versöhnte alles und wußte sich mitten unter den Parteien zu erhalten, stets bereit mit den Stärksten zu heucheln, ohne den Schwächsten zu beleidigen. In den stürmischen Debatten war man über Deine Abwesenheit und Stillschweigen unwillig; Du sprachst vom Landleben, von den Wonnen der Einsamkeit und des Nichtstuns, wohl aber konntest Du aus Deiner Erstarrung Dich herausmachen, um Dumouriez, Westermann, seine gepriesene Kreatur, und die Generäle, seine Mitschuldigen, zu verteidigen. Du schicktest Fabre als Gesandten zu Dumouriez unter dem Vorwand, wie Du sagtest, ihn mit Kellermann zu versöhnen. Die Verräter waren zu unserm Unglück nur a11zu einig! In allen ihren Briefen an den Konvent, in ihren Reden vor den Schranken, behandelten sie sich als Freunde, und Du warst es ihnen. Das Resultat der Gesandtschaft Fabres war die Begrüßung der preußischen Armee unter geheimen Bedingungen, welche Dein Verhalten später erklärte.

Dumouriez lobte Fabre-Fond, den Bruder von Fabre d'Eglantine: kann man an Eurer verbrecherischen Verabredung, die Republik zu stürzen, zweifeln?

Du verstandest es, den Zorn der Patrioten zu tilgen, Du ließest unser Unglück als Folge von der Schwäche unsrer Armeen erscheinen und lenktest die Aufmerksamkeit von der Treulosigkeit unsrer Generäle hinweg, um sie mit neuen Truppenaushebungen zu beschäftigen. Du verbindest Dich bei Deinen Verbrechen mit Lacroix, einem längst verschrienen Verschwörer mit der unreinen Seele, mit welcher man nur eins sein kann durch den Knoten, welcher Verschwörer miteinander verbindet. Lacroix war von jeher mehr als verdächtig. Heuchlerisch und treulos, hat er in diesem Saal nie aufrichtig gesprochen; er hatte die Kühnheit, Miranda zu loben und die Erneuerung des Konvents zu beantragen; er verhielt sich ebenso wie Du zu Dumouriez; Eure Agitation war dieselbe, um dieselben Verbrechen zu verbergen. Lacroix hat oft von seinem Haß gegen die Jakobiner Zeugnis abgelegt. Woher kommt die Pracht, welche ihn umgibt? Wozu indes an so viele Abscheulichkeiten erinnern, da Eure offenbare Genossenschaft mit Orléans und Dumouriez in Belgien für die Gerechtigkeit genug ist, um Euch zu treffen?

Danton, Du hast nach dem 10. August eine Konferenz mit Dumouriez gehabt, wo Ihr Euch eine unerschütterliche Freundschaft schwurt und Euer Schicksal aneinanderkettetet. Du hast diesen verabscheuungswürdigen Vertrag gerechtfertigt und bist noch in dem Augenblick, wo ich spreche, sein Freund. Du wagtest es, bei der Rückkehr aus Belgien von den Lastern und Verbrechen Dumouriez' mit derselben Bewunderung zu sprechen, mit welcher man über die Tugenden Catos gesprochen hatte. Du hast gesucht die öffentliche Moral zu korrumpieren, indem Du Dich bei mehreren Gelegenheiten zum Apologisten der korrumpierten Menschen, Deiner Mitschuldigen, machtest. Du warst der erste, welcher in einem Kreise von Patrioten, den Du überraschen wolltest, die Verbannung Capets beantragte; ein Antrag, welchen Du bei Deiner Rückkehr nicht mehr auf- rechtzuerhalten wagtest, weil er niedergeschlagen wurde und Dich zugrunde gerichtet hätte.

Dumouriez, welcher sich zu derselben Zeit nach Paris begeben hatte in der Absicht, auf das Urteil über den Tyrannen Einfluß auszuüben, wagte selbst nicht dem Ruf der öffentlichen Gerechtigkeit zu widerstehen, welche den Tyrannen in den Tod schickte.

Wie verhieltest Du Dich in dem allgemeinen Verteidigungsausschuß? Du wurdest dort von Guadet und Brissot beglückwünscht und stattetest ihnen Deinen Glückwunsch ab. Du sagtest zu Brissot: »Sie haben Geist, aber Sie machen Ansprüche.« Das ist Dein Unwille gegen die Feinde des Vaterlands. Du willigtest dazu ein, daß man den Konvent an der Unabhängigkeit und dem Verrat Dumouriez' nicht teilnehmen ließ. Du warst in den geheimen Zusammenkünften mit Wimpfen und Orléans. Zu derselben Zeit erklärtest Du Dich für gemäßigte Grundsätze, und Deine starken Formen schienen die Schwäche Deiner Ratschläge zu verhüllen; Du sagtest, daß strenge Maximen der Republik zu viel Feinde erregen würden. Gezwungen, zu versöhnen, begannen alle Deine Einleitungen auf der Tribüne wie der Donner, und Du ließest schließlich Wahrheit und Lüge miteinander einen Vergleich abschließen. Welchen kräftigen Antrag hast Du jemals gegen Brissot und seine Partei in der Nationalvertretung gestellt, in der ich Dich anklage? Bei Deiner Rückkehr aus Belgien fordertest Du die Massenerhebung der Pariser Patrioten, um an die Grenzen zu marschieren. Wenn dies geschehen wäre, wer würde dann der Aristokratie Widerstand geleistet und mehrere Erhebungen versucht haben? Brissot würde nichts anderes wünschen, und würden die ins Feld geschickten Patrioten nicht aufgeopfert gewesen sein? Dann wäre der Wunsch aller Tyrannen der Welt in bezug auf die Vernichtung von Paris und der Freiheit erfüllt gewesen.

Du fordertest einen Aufstand in Paris heraus: er war mit Dumouriez verabredet. Du ließest sogar wissen, daß, wenn Geld nötig wäre, um ihn zu bewirken, Du die Hand in den Kassen Belgiens hättest. Dumouriez wollte eine Empörung in Paris, um einen Vorwand zu haben, gegen diese Stadt unter einem weniger ungünstigen Titel als dem eines Rebellen und Royalisten marschieren zu können. Du bliebst vor dem 9. August in Arcis-sur-Aube und setztest Deine Faulheit dem notwendigen Aufstand entgegen, im Monat März hattest Du Deinen Eifer wiedergefunden, um Dumouriez zu dienen und ihm einen ehrenwerten Vorwand zu seinem Marsch nach Paris zu verschaffen. Desfieux, bekannt als Royalist und von der Partei des Auslands, gab zu diesem falschen Aufstand das Signal.

Am 10. März bildeten sich Zusammenrottungen bei den Cordeliers, von da in der Kommune; man forderte von ihm, er solle sich an ihre Spitze stellen; er weigerte sich dessen. Fabre hatte damals viel zu tun. Die Bewegung, sagte er zu einem Deputierten, ist so weit gewesen, als sie mußte. Der Zweck Dumouriez' war erfüllt; er machte aus dieser Bewegung die Basis seines aufrührerischen Manifests und der unverschämten Briefe, welche er an den Konvent schrieb. Obgleich Desfieux gegen Brissot eiferte, empfing er doch von Lebrun, Brissots Mitschuldigem, eine Summe Geldes, um heftige Adressen nach dem Süden zu schicken, in welchen die Gironde getadelt wurde, die jedoch dahin gingen, die von den Föderalisten projektierte Empörung zu rechtfertigen. Desfieux ließ seine eigenen Eil- boten zu Bordeaux festnehmen, was Gensonné Veranlassung gab, den Berg zu denunzieren, und Guadet, gegen Paris zu eifern. Desfieux entsagte hierauf zugunsten Brissots dem Revolutionstribunal. Aber, Danton, welcher Widerspruch zwischen dieser äußersten und gefährlichen Maßregel, welche Du vorschlugst, und zwischen der Mäßigung, welche Dich eine Amnestie für alle Schuldige verlangen, welche Dich Dumouriez entschuldigen und in dem Sicherheitsausschuß den Vorschlag Guadets unterstützen ließ, Gensonné zu dem verräterischen General abzuschicken. Könntest Du in diesem Punkt gegen das öffentliche Interesse blind sein? Würde man es wagen, Dir Mangel an Urteil vorzuwerfen?

Du bequemtest Dich allem an; Brissot und seine Mitschuldigen verließen Dich stets zufrieden mit Dir.

Auf der Tribüne, wenn Dein Stillschweigen angeklagt wurde, gabst Du ihnen immer heilsame Ratschläge, damit sie noch mehr heuchelten; Du drohtest ihnen ohne Unwillen, aber mit väterlicher Güte; und Du gabst ihnen viel mehr Ratschläge, um die Freiheit zu korrumpieren, um sich zu retten, um uns besser zu täuschen, als daß Du der republikanischen Partei Ratschläge erteilt hättest, sie zu vernichten. Der Haß, sagtest Du, ist meinem Herzen unerträglich; und Du hattest uns gesagt: ich liebe Marat nicht. Bist Du indes nicht ein Verbrecher und verantwortlich dafür, daß Du die Feinde des Vaterlands nicht haßtest? Bestimmt ein Staatsmann seine Indifferenz oder seinen Haß nach seinen Privatneigungen oder nach seiner Vaterlandsliebe, welche Dein Herz niemals gefühlt hat? Du spieltest den Versöhner, wie Sixtus Quintus den Einfältigen spielte, umzu dem Zweck zu kommen, welchen er erstrebte. Wirst Du jetzt vor der Gerechtigkeit des Volks Dein wahres Wesen zeigen, Du, der Du stets nur hervortratest, wenn man das Vaterland angriff? Wir hatten Dich für aufrichtig gehalten, als wir die Partei Brissots anklagten, aber seitdem ist Deine Politik klar geworden. Du bist Fabres Freund; Du hast ihn verteidigt, Du bist der Mann, Dich bloßzustellen, Du hast Dich demnach auch nur selbst bei Deiner Mitschuld verteidigen können. Du verließest die republikanische Partei am Anfang unserer Session, und hast Du seitdem etwas anderes getan, als die Beratungen mit Heuchelei zu färben?

Fabre und Du waren die Apologisten von Orléans, welchen ihr als einen einfachen und sehr unglücklichen Mann hinzustellen suchtet. Ihr wiederholtet oft diesen Antrag. Ihr wart auf dem Berg die Aktions- und Reaktionspunkte der Verschwörung von Dumouriez, Brissot und Orléans. Lacroix unterstützte Dich geschickt bei allen diesen Gelegenheiten.

Du sahst mit Schauder die Revolution vom 31. Mai. Hérault, Lacroix und Du verlangten den Kopf Hanriots, welcher der Freiheit gedient hatte, und machten ihm ein Verbrechen aus der Bewegung, welche er ausgeführt hatte, um Eurer Unterdrückung zu entgehen. Hier, Danton, wendetest Du Deine Heuchelei an; da Du Deinen Plan nicht hattest vollführen können, verstelltest Du Deine Wut; Du sahst Hanriot lächelnd an und sprachst zu ihm: »Habe keine Furcht; gehe immer Deinen Weg fort«, in- dem Du ihm zu verstehen geben wolltest, daß Du die Absicht gehabt hattest, ihn gebührenderweise zu tadeln, aber daß Du im Grund seiner Meinung warst. Einen Augenblick später tratest Du in den Erfrischungssaal und botest ihm mit liebkosender Miene ein Glas, indem Du zu ihm sagtest: »Keinen Groll!« Am folgenden Tage verleumdetest Du ihn auf die härteste Weise und warfst ihm vor, er habe Dich ermorden lassen wollen. Hérault und Lacroix unterstützten Dich. Aber hast Du nicht hierauf einen Gesandten an Pétion und Wimpfen in Calvados geschickt? Hast Du Dich nicht der Bestrafung der Deputierten der Gironde widersetzt? Hattest Du nicht Stengel verteidigt, welcher die Vorposten der Armee bei Aachen hatte ermorden lassen? So, der Verteidiger aller Verbrecher, bist Du niemals ein Patriot gewesen. Du hast Roland angeklagt, aber mehr als einen Schwachkopf denn als einen Verräter. Du findest bei seiner Frau nur Anmaßungen eines Schöngeistes. Du hast Deinen Mantel über alle Attentate geworfen, um sie zu verhüllen und zu verbergen.

Deine Freunde haben alles für Dich getan; sie bringen Deinen Namen in alle ausländischen Journale und in die Tagesberichte des Ministers des Innern.

Die Berichte, von denen ich spreche, jeden Abend vom Minister des Innern abgesendet, stellen Dich als einen Mann dar, über den sich ganz, Paris unterhält; Deine geringfügigsten Reflexionen werden darin gefeiert. Wir haben seit langer Zeit erkannt, daß Du oder Deine Freunde diese Berichte redigierten.

Danton, Du warst somit der Mitschuldige von Mirabeau, Orléans, Dumouriez, Brissot. Briefe des spanischen Gesandten zu Venedig an den Herzog von Alcudia sagen, daß man gegen Dich in Paris den Verdacht hegte, Du hättest mit der Königin im Tempel Konferenzen gehabt. Das Ausland ist über die zu seinen Gunsten begangenen Verbrechen immer sehr gut unterrichtet. Diese Tatsache ist durch Lhuilier bekannt geworden und kann im Lauf des Prozesses ihre Aufklärung finden.

Der spanische Gesandte sagt in demselben Brief, geschrieben im letzten Monat Juni: »Was uns zittern macht, ist die Erneuerung des Wohlfahrtsausschusses.« Du warst dabei, Lacroix; Du warst dabei, Danton!

Schlechter Bürger, Du hast konspiriert; falscher Freund, Du sprachst vor zwei Tagen von der Schlechtigkeit Desmoulins', eines Werkzeuges, welches Du verdorben hast, und Du verleitetest ihn zu schimpflichen Lastern; schlechter Mann, Du hast die öffentliche Meinung mit einem Weib von schlechtem Lebenswandel verglichen; Du hast gesagt, daß die Ehre lächerlich, daß Ruhm und Nachwelt eine Torheit sei; diese Maximen sollten Dich mit der Aristokratie versöhnen; es waren dies die Maximen Catilinas.

Wenn Fabre unschuldig ist, wenn Orléans, wenn Dumouriez unschuldig waren, bist Du es ohne Zweifel auch. Ich habe allzuviel gesagt. Du wirst der Gerechtigkeit Rede und Antwort stehen (... ) jetzt muß man andere Tatsachen, welche den vorigeil vorhergehen, berichten.

Als Hérault im letzten Sommer Parteigenossen suchte oder die Geister prüfte, sagte er, daß Lhuilier, Generalprokurator des Departements Paris, ihm vertraut hätte, es existiere eine Partei zugunsten des jungen Capet, und wenn die Regierung die Gunst verlieren und diese Partei den notwendigen Grad von Einfluß erlangen könne, so würde Danton es sein, welcher dem Volk dies Kind zeige.

Während dieser Zeit speiste Danton oft in der Rue Grange-Batelière mit Engländern; er speiste mit Guzman, einem Spanier, dreimal die Woche und mit dem ehrlosen Saint-Amaranthe, dem Sohn von Sartine, und mit Lacroix. Hier war es, wo einige Mah1zeiten zu hundert Talern per Kopf gehalten wurden.

Es ist klar, daß die Partei, welche frühzeitig die Konstitution einführen wollte, diejenige, welche die Konstitution angriff, sowie diejenige, welche korrumpierte, und diejenige endlich, welche einen Gnadenausschuß wollte, alle den Zweck hatten, gegen das gegenwärtige Regierungssystem Widerwillen zu erregen, und es liegt am Tage, daß man das Königtum an seine Stelle setzen wollte.

Wenn man jetzt das Betragen aller derer prüft, von denen ich gesprochen habe, ihre Entschuldigungen, welche sie stets zugunsten der verdorbenen Menschen bereit hatten, so erkennt man hierunter sicherlich die der Revolution entgegenstehende Partei, welche immer heuchelte. Diejenigen, von denen ich gesprochen habe, mögen sagen, woher ihr Vermögen kommt; Lacroix möge angeben, warum er im letzten Sommer durch einen Bankier Gold kaufen ließ.

Diejenigen, welche seit vier Jahren unter dem Schleier des Patriotismus konspiriert haben, wiederholen heute, wo die Gerechtigkeit ihnendroht, jenen Ausspruch Vergniauds: »Die Revolution ist wie Saturn, sie wird alle ihre Kinder verschlingen.« Hébert wiederholte dieses Wort während seines Prozesses; es ist von allen denen wiederholt worden, welche zittern und sich demaskiert sehen. Nein, die Revolution wird nicht ihre Kinder verschlingen, sondern nur ihre Feinde, mit welcher undurchdringlichen Maske sie auch bedeckt sind.

Waren die Verschworenen, welche zugrunde gegangen sind, die Kinder der Freiheit, weil sie ihnen einen Augenblick glichen? Die Revolution wird den letzten Freund der Tyrannei verschlingen; kein wahrer Patriot wird durch die Gerechtigkeit umkommen; sie wird nur die verbrecherischen Faktionen aufopfern.

Bürger, sie sinnen tagtäglich auf Ihren Untergang; alle Schurken verbinden sich mit ihnen. Sie erwarteten seit einigen Tagen entlarvt zu werden. Danton, Lacroix sagten: »Bereiten wir uns vor, uns zu verteidigen!« Ebenso rief Hébert, durch das Schreckbild seiner Phantasie erschreckt, bereits vor drei Wochen aus: »Man will mich verderben, verteidigt mich!«

Spricht ein Unschuldiger davon, sich zu verteidigen? Hat er Vorgefühle des Schreckens, bevor man von ihm gesprochen? Die Ausschüsse haben klugerweise Stillschweigen beobachtet, und das Volk und die öffentliche Meinung klagten vor mir diejenigen an, welche ich anklage. Sie klagten sich an; sie gaben sich selbst an, denn wir hatten von ihnen gar nicht gesprochen; sie bereiteten sich vor, zu fragen, ob wir die Nationalrepräsentation vernichten wollten, weil wir sie anklagen; und machen uns diese ein Verbrechen daraus, Brissot, Chabot und ihre Mitschuldigen angeklagt zu haben? Will man sie rehabilitieren?

Seien Sie also unbeugsam: die Nachsicht ist unheilvoll, weil sie das Vaterland bedroht.

Wenn die Überreste der Faktion Orléans, jetzt allen Attentaten gegen das Vaterland hingegeben, nicht mehr existieren, werden Sie kein Beispiel mehr aufzustellen brauchen. Sie werden Frieden haben; die Intrige wird nicht mehr in diesen geheiligten Räumen herrschen; Sie werden sich der Gesetzgebung und der Regierung widmen; Sie werden ihre Tiefen sondieren, und das Feuer vom Himmel holen, um die Republik zu beleben, und die Liebe zum Vaterland und zur Gerechtigkeit zu entflammen. Dann werden nur noch Patrioten bleiben; dann wird die Täuschung der Intrigen vernichtet sein, welche seit fünf Jahren die Maske der Revolution angenommen haben und heute Sie ihrer Schmach teilhaftig machen möchten, indem sie sagen, daß alle Patrioten der Reihe nach würden entehrt werden. So würde also die Gottheit ihren Ruhm verloren haben, weil Niederträchtige und Feinde der Menschen sich zu Propheten machten; weil Heuchler den Namen des Patriotismus usurpierten, würde der Ausbruch des Patriotismus verdunkelt sein. Diejenigen, welche ich der Gerechtigkeit anzeige, sind niemals Patrioten gewesen, sondern verschmitzte Aristokratie und zwar noch heuchlerischer als die von Koblenz.

Alles Ansehen, welches gestürzt wurde, war ein Ansehen, welches von der Aristokratie oder von den verbrecherischen Faktionen usurpiert worden war. Würden diejenigen, welche uns unsere Strenge vorwerfen, es lieber sehen, wenn wir ungerecht wären? Es tat nichts zur Sache, daß die Zeit verschiedene eitle Personen aufs Schafott, auf den Friedhof, ins Nichts geführt hat, wenn nur die Freiheit bleibt l Man wird lernen, bescheiden zu werden; man wird dauerhaften Ruhm und dauerhaftes Gute erstreben, worin die glanzlose Rechtschaffenheit besteht. Das französische Volk wird niemals seinen Ruf verlieren: die Denkmäler der Freiheit und des Genies können niemals aus dem Universum vertilgt werden; unterdrückt in seinem Leben, unterdrückt es neben sich die Vorurteile und die Tyrannen. Die Welt ist verwaist seit den Römern, und ihr Gedächtnis erfüllt sie und weissagt noch die Freiheit.

Was Sie anbelangt, so geben Sie nach der Vernichtung dieser Faktionen der Republik milde Sitten; stellen Sie im bürgerlichen Leben die individuelle Achtung und Schätzung wieder her. Franzosen, seid glücklich und frei; liebet Euch, hasset alle Feinde der Republik, aber seid in Frieden mit Euch selbst. Die Freiheit rufe Euch zur Natur zurück, und sie war es, welche man Euch preisgeben lassen wollte? Habt Ihr keine Gatten zu lieben, keine Kinder zu erziehen? Achtet Euch gegenseitig. Und Sie, Vertreter des Volkes, nehmen Sie die Bürde der Regierung über sich, damit jedermann die Freiheit genieße, statt zu regieren. Das Schicksal Ihrer Vorgänger lehre Sie, Ihr Werk selbst zu vollenden, weise zu sein, die Gerechtigkeit zu üben, ohne Ihren Ruf zu gefährden: gleich dem höchsten Wesen, welches Harmonie in die Welt bringt, ohne sich zu zeigen. Das öffentliche Wohl ist alles, aber für den Ruf ist es nichts!

Barnave wurde im Triumph unter Ihren Fenstern vorübergetragen, wo ist er?

Diejenigen, welche ich angezeigt habe, haben niemals ein Vaterland gekannt; sie haben sich durch Missetaten bereichert, und es ist nicht Ihr Fehler, wenn sie existieren.

Es gibt keine Verbrechen, welche sie nicht beschützt, keine Verräter, welche sie nicht entschuldigt haben; habsüchtige Egoisten, Verteidiger der Laster, Rhetoren, und nicht Freunde der Freiheit, ist die Republik mit ihnen unverträglich; sie brauchen Genüsse, welche auf Kosten der Freiheit erworben werden. Sie sind unersättlich in der Sucht nach Einfluß. Die Könige rechnen auf sie, um Sie zu vernichten: welchen Protestationen könnten Sie von seiten derer glauben, welche die ruchlose Hand Dumouriez' drückten und ihm ewige Freundschaft schwuren? Ein Schwur, welcher gehalten wurde; Belgien und die Armee, Sie und Europa sind Zeugen davon.

Es hat also eine mehrere Jahre hindurch gesponnene Verschwörung gegeben, um die französische Revolution sich in einen Dynastienwechsel verlaufen zu lassen. Die Faktionen von Mirabeau, von den Lameth, von La Fayette, Brissot, Orléans, Dumouriez, Carra, Hébert; die Faktionen von Chabot, Fabre, Danton haben nacheinander zu diesem Zweck durch alle Mittel beigetragen, welche die Republik an ihrer Befestigung und ihre Regierung an ihrer Stärkung hindern konnten.

Wir haben geglaubt, mit den Schuldigen nicht mehr temporisieren zu müssen, weil wir angekündigt haben, daß wir alle Faktionen vernichten würden. Sie würden sich wiederbeleben und neue Kräfte gewinnen können; Europa scheint nur noch auf sie zu rechnen. Es war darum dringend notwendig, sie zu vernichten, damit nichts in der Republik bleibt, als das Volk und Sie und die Regierung, deren unverletzlicher Mittelpunkt Sie sind.

Die Tage des Verbrechens sind vorüber; wehe über diejenigen, welche seine Ursache aufrechterhalten! Die Politik ist entlarvt. Möge alles Verbrecherische untergehen! Man macht keine Republik durch Schonung, sondern durch unerbittliche Strenge, durch unbeugsame Strenge gegen alle diejenigen, welche verraten haben. Die Mitschuldigen mögen sich angeben und sich der Partei der Missetaten anreihen. Was wir gesagt haben, wird niemals auf der Erde verloren sein.

Man kann die Menschen dem Leben entreißen, welche, wie wir, alles für die Wahrheit gewagt haben; man kann ihnen aber nicht die Herzen entreißen und das gastliche Grab, unter welchem sie sich der Sklaverei und der Schande entziehen, den Bösen den Triumph überlassen zu haben.

Quelle:
Fischer, Peter (Hg.): Reden der Französischen Revolution, München 1974


Letzte Änderung der Seite: 06. 03. 2021 - 00:03