Dekret über die Septembermassaker

vom 03.09.1792.

In der Erwägung, dass eine der größten Gefahren für das Vaterland in der Unordnung und im Chaos liegt; dass das französische Volk das allen Anstrengungen der gegen es verbündeten Feinde ruhig zu trotzen vermag, sich nur dadurch Schaden zufügen kann, dass es sich uferloser Verzweiflung und dem Schrecken der schlimmsten Anarchie überlässt;

dass im gleichen Augenblick, wo die Sicherheit von Leben und Eigentum missachtet würde, privater Hass, der an die Stelle gesetzlichen Handelns träte, oder Parteiengeist, der die Liebe zur Freiheit ablöste, und Verfolgungswut unter der Maske falschen Eifers binnen kurzem überall im Lande, die Fackel des Bürgerkrieges entzünden, uns schutzlos den Angriffen der Tyrannenknechte überliefern und ganz Frankreich der Gefahr totalen Unterganges aussetzen würde;

in der Erwägung, dass die Repräsentanten des französischen Volkes nicht umsonst geschworen haben, die Freiheit und die Gleichheit aufrechtzuerhalten oder aber auf ihrem Posten zu sterben; dass sie der Nation Rechenschaft schulden über alle Anstrengungen, die sie zur Bewahrung des ihnen anvertrauten kostbaren Gutes unternommen haben; dass das  uneingeschränkte Vertrauen mit dem sie ausgestattet sind, eine sichere Gewähr dafür bietet, dass alle guten Bürger sich um sie scharen, wenn es um das Wohl des Staates geht;

in der Erwägung, dass der Fluch ganz Frankreichs sowie der Nachwelt alle treffen wird, die sich der Autorität zu widersetzen wagen, welche die Nation einhellig ihren Vertretern übertragen hat und welche, bis zu dem sehr nahen Zeitpunkt des Zusammentritts des Nationalkonvents, die erste ist, die freie Menschen anerkennen können;

in der Erwägung, dass die gefährlichsten Feinde des Volkes diejenigen sind, die es irrezuführen, in ausweglose Verzweiflung zu stürzen und gegen die zu seinem Schutz getroffenen Maßnahmen einzunehmen versuchen;

in der Erwägung, schließlich, wie sehr es darauf ankommt, die Bevölkerung der Hauptstadt an ihre Würde, ihre Charakterstärke und ihre Pflichten zu erinnern,

beschließt die Nationalversammlung die Dringlichkeit und dekretiert:

 

Artikel 1. Der Magistrat, der Generalrat der Kommune und der Generalkommandant der Nationalgarde von Paris werden beauftragt, alle Mittel zu denen das Vertrauen ihrer Mitbürger sie ermächtigt hat, einzusetzen und jeder auf seinem Gebiet und unter seiner persönlichen Verantwortung, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit die Sicherheit von Leben und Eigentum respektiert wird.

Artikel 2. Alle guten Bürger werden aufgefordert, sich mehr denn je hinter die Nationalversammlung und die verfassungsmäßigen Gewalten zu stellen und mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln an der Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung mitzuwirken.

Artikel 3. Die vollziehende Gewalt legt im Laufe des Tages Rechenschaft ab über die Maßnahmen zur Beschleunigung des befehlsgemäßen Abmarsches der Truppen zu den verschiedenen außerhalb von Paris angelegten Lagern sowie zur Befestigung der die Stadt umgebenden Höhen.

Artikel 4. Der Bürgermeister von Paris erstattet der Nationalversammlung täglich zur Mittagszeit über die Lage in der Stadt sowie über die zur Ausführung dieses Dekrets getroffenen Maßnahmen Bericht.

Artikel 5. Der Magistrat, der Generalrat der Kommune, die Vorsteher der einzelnen Sektionen, der Generalkommandant der Nationalgarde und die Kommandanten der Nationalgarde in den einzelnen Sektionen erscheinen im Laufe des Tages vor der Schranke der Nationalversammlung, in jeder für seine Person der Eid zu leisten, mit allen ihren Kräften die Freiheit, die Gleichheit sowie die Sicherheit von Leben und Eigentum aufrechtzuerhalten und notfalls für die Ausführung des Gesetzes zu sterben.

Artikel 6. Die Vorsteher jeder Sektion veranlassen, dass die Bürger Bürger ihres Arrondissements den gleichen Eid schwören.

Artikel 7. In ganz Frankreich leisten die verfassungsmäßigen Gewalten ebenfalls diesen Eid und veranlassen, dass die Bürger das gleiche tun.

Artikel 8. Das vorliegende Dekret wird feierlich verkündet und durch einen Kommissar der Nationalversammlung in jede der achtundvierzig Sektionen von Paris überbracht.

Quelle:
Duvergier, Jean Baptiste: Collection compléte des lois, decrets, ordonances, réglements, avis du conseil d´etat, 1834 ff.


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