Mit speziellen Führungs- und Aktionsprogrammen lädt das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf Kinder und Jugendliche ein, die aktuelle Sonderausstellung »Gräfin Lichtenau - Ein Leben für die Liebe & die Kunst zu besichtigen.
Die museumspädagogischen Angebote richten sich an Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters und orientieren sich auch am Schullehrplan. Sie bestehen aus einer (Kurz)Führung durch die Ausstellung und einem darauf abgestimmten Workshop im Aktionsraum „Villa O.“ des Museums.
Jedes der vier Programme dauert 90 Minuten und wird von der erfahrenen Museumspädagogin und Ausstellungskuratorin Dr. Nicola Crüsemann durchgeführt. Die Kosten betragen 45 € pro Gruppe mit max. 25 Personen. Termine innerhalb der Museumsöffnungszeiten (Di-Fr 10-17 Uhr, Sa, So 11-17 Uhr) können individuell vereinbart werden unter
Telefon (030) 90 29 24 108
und per E-Mail: museum@charlottenburg-wilmersdorf.de.
Zur Auswahl stehen vier altersspezifische Angebote:
• Vor allem für Kinder der 1./2. Schulklasse stellt sich die Frage:
Plötzlich Prinzessin? Warum Wilhelmine Enke vom Prinzen geküsst wurde, aber nicht Prinzessin werden durfte
Märchen, in denen Bürgerliche durch den Kuss des Prinzen oder der Prinzessin zu glücklichen, gleichberechtigten Ehepartner wurden, sind bis heute beliebt. Doch die Realität sah (und sieht) fast immer anders aus. Bei einem Rundgang durch die Ausstellung erfahren die Kinder, welche Möglichkeiten die Musikertochter Ende des 18. Jahrhunderts in Preußen hatte und wie sie ihr Leben gestaltete. Die historischen Ereignisse können so besser eingeordnet und mit den eigenen Lebenswelten und Vorstellungen verglichen werden.
Das Aktionsprogramm lädt dazu ein, wahlweise eigene Rollenspiele zu entwickeln oder – in Anlehnung an zwei Objekte in der Ausstellung – Muster für eine Stofftapete zu entwerfen.
• Kinder und Jugendliche ab Schulklasse 3 werfen einen Blick auf das Familienleben:
Wilhelmine, Gräfin Lichtenau und König Friedrich-Wilhelm II., eine Patchworkfamilie in Charlottenburg
Das Leben in einer Patchworkfamilie gehört für viele junge Menschen heute zum Alltag. Beim Rundgang durch die Ausstellung können die Kinder und Jugendlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem eigenen Leben in Charlottenburg-Wilmersdorf und dem „Familienleben“ von Wilhelmine und dem preußischen König Friedrich-Wilhelm II. entdecken. Sie erfahren mehr über die Lebensverhältnisse im Berlin des 18. Jahrhunderts und vor allem über die persönlichen Umstände und die Lebensleistung der Bürgerstochter Wilhelmine Enke.
Das Aktionsprogramm lädt dazu ein, wahlweise den Stammbaum Wilhelmines und Friedrich Wilhelm II. mit dem eigenen zu vergleichen oder – in Anlehnung an zwei Objekte in der Ausstellung – Muster für eine Stofftapete zu entwerfen.
• Mit gesellschaftlichen Strukturen befassen sich Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I (7. – 10. Klasse – Schwerpunkt 7./8. Klasse):
Von Wilhelmine Enke über Madame Ritz zur Gräfin Lichtenau – Aufstieg und Fall einer Bürgerlichen in Preußen
Das Leben der Wilhelmine Enke an der Seite des Prinzen bzw. Königs Friedrich Wilhelm II. von Preußen Ende des 18. Jahrhunderts ist ein anschauliches Beispiel für Gesellschaftsstrukturen und die Legitimation von Herrschaft ihrer Zeit. Zugleich lebte sie zu einer Zeit großer Veränderungen in Staat und Gesellschaft. Auch dies prägte ihr von verschiedenen Phasen gekennzeichnetes Leben als Geliebte des Kronprinzen, dann als
Zwangsverheiratete, als Mutter und schließlich als Adelige. Der gemeinsame Rundgang durch die Ausstellung gibt Einblicke in das Leben der Gräfin Lichtenau und ihre historische Lebenswelt.
Das Aktionsprogramm widmet sich den Kommunikationsmitteln damals und heute. Eigene SMS-Mitteilungen oder facebook-Einträge werden in einen handgeschriebenen Brief umformuliert und mit Feder und Tinte auf Pergament verfasst.
• Jugendliche der Sekundarstufe II (11. – 13. Klasse) richten ihren Blick auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft:
„Leben sie immer hübsch stille … und suchen sie durch vernünftige sitsamkeit Ihre bekannten zur Bewunderung und nachdenken zu bringen…“ Wilhelmine Gräfin Lichtenau zwischen königlicher Erziehung, Familienidylle und Verbannung
Das Leben der bürgerlichen Wilhelmine Enke, ab 1796 Gräfin Lichtenau, bietet spannende Einblicke in die Rolle der Frau und ihr Bemühen um ein selbstbestimmtes Leben im Zeitalter der Aufklärung. Vom preußischen Kronprinzen mit Shakespeare, Rousseau und Voltaire zur engen Vertrauten und zum steten Gedanken- und Meinungsaustausch erzogen, war sie am Hof nicht offiziell anerkannt. Ihr Kampf um Anerkennung und Eigenständigkeit, ihre Bemühungen um ein bürgerliches Familienleben in Charlottenburg, aber auch ihr Engagement für Kunst und Kultur veranschaulichen die sich wandelnde Gesellschaft und das Geschlechterbild ihrer Zeit. Bei einer Führung durch die Ausstellung wird der Kampf um Gleichberechtigung und die Rolle von Frau und Familie im 19. Jahrhundert miteinbezogen.
Ausführliche Führung ohne Aktionsprogramm.
Zur Ausstellung:
Damit erinnert das Museum an das schillernde, an dramatischen Momenten reiche Leben einer Frau im Umfeld des preußischen Hofes: Wilhelmine Enke, verheiratete Madame Ritz, schließlich Gräfin Lichtenau (1753 – 1820). Im Gedächtnis geblieben ist sie vor allem als Mätresse des Kronprinzen und späteren preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., dem sie mehrere Kinder gebar. Selbst als die Liebesbeziehung um 1780 unter dem Einfluss des Rosenkreuzerordens endete, blieben sie einander als Vertraute und „beste Freunde“ eng verbunden. Darüber hinaus prägte Wilhelmine Enke die frühklassizistische Kunst und Baukultur Preußens entscheidend mit: Dem königlichen Freund stand sie bei seinen Bauprojekten beratend – und zunehmend aktiv in den Entwurfs- und Bauprozess eingreifend – zur Seite, zog Künstler und Wissenschaftler an den Berlin-Potsdamer Hof.
Charlottenburg selbst wurde zum bevorzugten Wohnort Wilhelmines, seit sie 1777 an der Spree, zwischen dem Schloss und dem Dorf Lietzow, ein Grundstück erhielt, und rund ein Jahrzehnt später ein Palais neu errichten und einen weitläufigen Park mit Nebengebäuden anlegen ließ. Eine Vorstellung davon vermitteln heute nur noch zwei zeitgenössische grafische Ansichten. So liegt es nur nahe, ihr im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf erstmals eine Sonderausstellung zu widmen. In großzügiger Weise wird das Museum dabei von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Alten Nationalgalerie und der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin, der Staatsbibliothek zu Berlin, der Akademie der Künste sowie der Sammlung Werner des Johanniterordens mit hochkarätigen Leihgaben unterstützt.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht zum einen das wechselvolle Leben Wilhelmine Enkes: Geboren in Dessau als Tochter eines Hornisten am Hof Friedrichs des Großen, ermöglichte ihr der Kronprinz eine umfassende Bildung, die für eine Bürgerliche außergewöhnlich war. Wie Pygmalion erschuf er sich eine Gefährtin, die sich schließlich von ihm emanzipierte und in künstlerischen, aber wohl auch in politischen Fragen auf den König Einfluss auszuüben vermochte. Eine tragische Zäsur markierte 1787 der Tod des erst achtjährigen gemeinsamen Sohnes Alexander von der Mark. Das Grabmonument, das seine Eltern bei Johann Gottfried Schadow in Auftrag gaben, war das erste Meisterwerk des internationalen Ruhm erlangenden Bildhauers. Für das Charlottenburger Palais schuf Schadow überdies sechs Reliefs mit Todes- und Tugendallegorien.
Einen zweiten Fokus richtet die Ausstellung auf die Bedeutung Wilhelmines für die Kunst in Preußen vor 1800. Ihr sicheres Stilempfinden zeigt sich vor allem in der Innenraumgestaltung der Königsschlösser – des Marmorpalais in Potsdam, der Gestaltung des Schlosses auf der Pfaueninsel und der Umgestaltung von Schloss Charlottenburg –, aber auch ihrer eigenen Palais. Einen Höhepunkt im Leben Wilhelmines, der Friedrich Wilhelm 1782 eine Ehe mit seinem Hofkämmerer Johann Friedrich Ritz befahl, stellte 1795/96 eine Reise nach Italien dar. Die Grand Tour führte sie zu all jenen antiken Monumenten, die sie nur aus Kupferstichen und Beschreibungen kannte, und im Auftrag Friedrich Wilhelms II. erwarb sie Ausstattungsstücke für die königlichen Schlösser. Gleichzeitig schuf sie sich ein persönliches Netzwerk aus Künstlerinnen und Künstlern, Wissenschaftlern und Intellektuellen. Neben Angelika Kauffmann, Philipp Hackert, Lord Bristol, Lord und Lady Hamilton zählte dazu auch der Altertumsgelehrte Aloys Hirt. Er folgte ihr nach Berlin, wurde an die hiesige Akademie berufen und zum Mitbegründer der Berliner Museen.
Noch in Italien wurde Madame Ritz zur Gräfin Lichtenau erhoben und erhielt so Zutritt bei Hof. Von der Reise kehrte sie zu dem schwer kranken Friedrich Wilhelm II. zurück, den sie bis zu seinem Tod im November 1797 pflegte. Stand sie in Italien wie auch am Preußenhof als Gräfin Lichtenau auf dem Zenit, so war der Fall, der sie unmittelbar danach ereilte, umso tiefer: Ohne ihren königlichen Protektor völlig schutzlos, sah sie sich einem Prozess, einer Verurteilung und Verunglimpfung ausgesetzt, deren Echo bis heute nachhallt.
Die Ausstellung findet in Kooperation mit der Ausstellung „Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde“ der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg statt.
Veranstaltungsinformation:
»Gräfin Lichtenau - Ein Leben für die Liebe & die Kunst«
28.08.2015 - 13.03.2016 |
Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim
Schloßstr. 55 / Otto-Grüneberg-Weg | 14059 Berlin
: +49 30 9029 24106
: (030) 9029 24160
: museum@charlottenburg-wilmersdorf.de
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