Der Friedenstraktat von Lunéville

vom 09.02.1801.

Se. Majestät der Kaiser, König von Ungarn und Böhmen, und der erste Consul der Republik Frankreich, im Namen des Französischen Volkes, denen es beiden am Herzen liegt, den Uebeln des Kriegs ein Ende zu machen, haben sich entschlossen, zu der Abschließung eines Definitiv-Friedens- und Freundschafts-Tractats zu schreiten. Da Se. besagte Kaiserl. und Königl. Maj. nicht weniger lebhaft wünscht, das teusche Reich der Wohlthaten des Friedens theilhaftig zu machen, und da die jetzigen Umstände nicht die nöthige Zeit lassen, damit man das Reich um Rath fragen, und es durch seine Deputierte an den Negotiationen Theil nehmen könne, so hat Se. besagte Maj. besonders in Rücksicht dessen, was von der Reichs-Deputation bei vorhergehenden Congreß zu Rastadt bewilligt worden ist, sich entschlossen, nach dem Beispiele dessen, was schon in ähnlichen Fällen statt gehabt hat, im Namen des teutschen Reichs zu stipulieren.

In Folge dessen haben die contrahirenden Theile zu ihren Bevollmöchtigten ernannt, nehmlich:

Se. Kaiserl. und Kön. Maj. den Herrn Ludwig des heil. Röm. Reichs Grafen von Cobenzl, Ritter des goldenen Vließes, Großkreuz des Kön. St. StephansOrdens, und des Ordens des heil. Johann von Jerusalem, Kämmerer und wirlichen geheimen Rath Sr. obgedachten Kais. Königl. Majestät, Ihren Conferenz-Minister und Hof- und Staats-Kanzler,

Und der erste Consul der Französischen Republik im Namen des Französischen Volkes, den Bürger Joseph Bonaparte, Staatsrath,

Welche, nach Auswechslung ihrer Vollmachten, folgende Artickel festgesetzt haben.

Art. I. Es soll in Zukunft, und auf immer, zwischen Sr. Maj. dem Kaiser- König von Ungarn und Böhmen, welche in ihrem Namen sowohl, als im Namen des teutschen Reichs stipulieren, und der Französischen Republik, Friede, Freundschaft, und gutes Einverständniß herrschen, und Se. obgedachte Majest. verbinden Sich, dem gegenwärtigen Tractate die Ratification des eben erwähnten teutschen Reichs, in guter und gehöriger Form zu erwirken.

Beide Theile werden sich mit der größten Sorgfalt bemühen, eine vollkommene Eintracht zu unterhalten, und den Feindseligkeiten aller Arten, zu Lande und zu Wasser, aus was immer für einer Ursache, und unter was immer für einem Vorwand, zuvorzukommen, und sie werden bedacht seyn, die glücklich hergestellte Einigkeit nicht wieder zu stören. Man wird, weder mittel- noch unmittelbar, denjenigen einige Hülfe oder Schutz leisten, die dem einen oder dem andern contrahirenden Theile Nachtheil zu bringen suchen könnten.

Art. II. Die Abtretung der vormaligen Belgischen Provinzen an die Französische Republik, so wie solche durch den 3ten Artickel des Tractats von Campo Formio stipuliert worden ist, wird hiermit auf die förmlichste Art erneuert, dergestalt, daß Se. Kaiserl. und Kön. Maj. für Sich und Ihre Thronfolger in ihrem eignen Namen sowohl als in jenem des teutschen Reichs, auf alle Ihre Rechte und Ansprüche auf obbesagte Provinzen Verzicht thun, und daß die Französische Republik diese Provinzen, sammt allen davon abhangenden Territorial-Gütern, auf immer, mit voller Landeshoheit, und vollem Eigenthums-REchte, besitzen werde.

Nicht minder werden von Sr. Kaiserl. und Kön. Maj. und mit förmlicher Einwilligung des Reichs, an die Französische Republik hiermit abgetreten:

1) Die Grafschaft Falkenstein, mit dem, was davon abhanget.

2) Das Frickthal, und alles, was an dem linken Ufer des Rheins, zwischen Zurzach und Basel, dem Hause Oesterreich zugehört, und die Französische Republik behält sich vor, dieses letztere der Helvetischen Republik abzutreten.

Art. III. Auf eben diese Art und als Erneuerung und Bestätigung des 6ten Artickels des Tractats von Campo Formio, werden Se. Maj. der Kaiser und König mit vollkommener Landeshoheit und völligem Eigenthums-Rechte, die hier unten beschriebenen Länder besitzen, nehmlich: Istrien, Dalmatien, und die davon abhängenden vormaligen Venetianischen Inseln im Adriatischen Meere; die Mündungen des Cattaro; die Stadt Venedig; die Lagunen und Länder, welche zwischen den Erbstaaten Sr. K. K. Maj. dem Adriatischen Meere, und der Etsch, das ist: von dem Puncte, wo diese die Gränzen Tyrols verläßt, bis zu ihrem Ausflusse in das ebenerwähnte Meer, gelegen sind, wobei der Thalweg der Etsch als die Gränz-Linie anzusehen ist; und da, durch diese Linie, die Städte Verona, und Porte Legnago getheilt werden, so wird man in der Mitte der Brücken dieser Städte, Zugbrücken errichten, welche die Absonderung bestimmen werden.

Art. IV. Der 18te Artickel des Tractats von Campo Formio wird ebenfalls dahin erneuert, daß Se. Maj. der Kaiser und König sich verbinden, dem Herzoge von Modena, zu seiner Entschädigung für die Länder, die dieser Fürst und seine Erben in Italien besaßen, das Breisgau abzutreten, welches derselbe mit den nemlichen Bedingnissen besitzen soll, unter welchen Er das Modenesische besaß.

Art. V. Man ist nebst dem übereingekommen, daß Se. Königl. Hoheit der Großherzog von Toskana für Sich, Ihre Nachfolger, und Erbnehmer, auf das Großherzogthum Toscana, und die davon abhangenden Theile der Insel Elba, alle Rechte und Ansprüche, die von Ihren Rechten auf diese Staaten hergeleitet werden können, Verzicht leisten, welche Staaten von nun an, Se. Königl. Hoheit der Infant Herzog von Parma, mit völliger LandesHoheit und vollem Eigenthums-Rechte besitzen werden. Der Großherzog von Toscana wird für seine Staaten in Italien eine vollkommene und gänzliche Entschädigung in Teutschland erhalten. Der Großherzog wird, nach eigenem Gutfinden, mit jenen Gütern und Eigenthum disponieren, welches Se. Kön. Hoheit als Particulier in Toscana besitzen, und welches Sie, entweder durch persönliche Erwerbungen, oder durch Ererbung des persönlichen Eigenthums Weiland Sr. Maj. des Kaisers Leopold II. Ihres Herrn Vaters, oder Weil. Sr. Maj. des Kaisers Franz I. Ihres Großvaters an Sich gebracht haben. Auch ist verabredet worden, daß die Schuld-Forderungen, öffentliche Entrichtungen, und anderes Eigenthum des Großherzogthums, so wie auch die auf diesem Lande rechtmäßig haftenden Passiv-Schulden an den neuen Großherzog übertragen werden sollen.

Art. VI. Se. Maj. der Kaiser und König willigen sowohl in Ihrem, als des teutschen Reichs Namen ein, daß die Französische Republik in Zukunft mit völliger Landes-Hoheit, und eigenthümlich jene Länder und Domainen besitze, die an dem linken Ufer des Rheins gelegen sind, und die bisher einen Theil des teutschen Reichs ausmachten; dergestalt, daß in Gemäßheit dessen, was bei dem Congreß zu Rastadt von der Reichs-Deputation ausdrücklich bewilligt, und von dem Kaiser genehmigt worden ist, der Thalweg des Rheins hinführan die Gränzscheidung zwischen der französischen Republik und dem teutschen Reiche seyn soll, nehmlich von dem Puncte an, wo der Rhein das helvetische Gebiet verläßt, bis zu jenem, wo dieser Fluß in jenes der Batavischen Republik einfließt. In Folge dessen entsagt die französische Republik förmlich allem und jedem Besitze auf dem rechten Ufer des Rheins, und williget ein, den rechtmäßigen Besitzern die Festungen Düsseldorf, Ehrenbreitstein, Philippsburg, die Veste Cassel, und andere Festungswerker, gegenüber von Maynz an dem rechten Ufer, die Veste Kehl und Alt-Breisach unter der ausdrücklichen Bedingniß zurückzustellen, daß diese Plätze und Vestungen in dem nehmlichen Zustand zu verbleiben haben, in welchem sie sich bei ihrer Räumung befinden werden.

Art. VII. Und da durch die Abtretung, die das teutsche Reich der französischen Republik macht, insbesondere mehrere Fürsten und Stände des Reichs Ihrer Besitzungen, ganz oder zum Theil, entsetzt werden, da es doch dem gesammten teutschen Reiche obliegt, die aus den Stipulationen des gegenwärtigen Tractats entstehenden Verluste zu tragen, so ist zwischen Sr. Maj. dem Kaiser und König, in Ihrem Namen sowohl, als in jenem des teutschen Reichs, und der französischen Republik verabredet worden, daß in Gemäßheit der auf dem Congreß zu Rastadt förmlich festgesetzten Grundsätze, das Reich verpflichtet seyn soll, jenen Erbfürsten, die von ihren Besitzungen auf dem linken Rhein-Ufer entsetzet werden, eine Entschädigung zu geben, welche in dem gedachten teutschen Reiche selbst genommen werden, und zwar nach den Verfügungen, die, dieser Grundlage gemäß, in der Folge genauer bestimmt werden sollen.

Art. VIII. Auch ist verabredet worden, so wie es bereits durch den 4ten und den 10ten Arickel des Tractats von Campo Formio geschehen, daß in allen Ländern, die durch den gegenwärtigen Tractat abgetreten, erworben, oder vertauscht werden, diejenigen, die solche Besitzungen erhalten, alle auf dem Grund und Boden der gedachten Länder verhypothecirten Schulden auf sich nehmen sollen; da aber in dieser Hinsicht, sich verschiedene Anstände über die Auslegung der erwähnten Artickel des Tractats von Campo Formio ergeben haben, so hat man sich ausdrücklich dahin einverstanden, daß die französische Republik keine andern Schulden übernehme, als jene, die von solchen Anleihen sich herleiten, in welche die Stände der abgetretenen Länder förmlich gewilliget haben, oder jene, die durch die wirklichen Administrations-Kosten der besagten Länder entstanden sind.

Art. IX. Gleich nach der Auswechslung der Ratificationen des gegenwärtigen Tractats, wird in allen durch diesen Tractat abgetretenen, erworbenen, oder ausgetauschten Ländern, allen und jeden Einwohnern und Besitzern die Aufhebung des Beschlags gestattet werden, womit ihre Güter, Habseligkeiten, und Einkünfte, wegen des obgewalteten Krieges, belegt worden sind. Die contrahirenden Theile verbinden sich, alles dasjenige zu bezahlen, was sie etwa für die von gedachten Particuliers, oder von öffentlichen in besagten Ländern vorhandenen Etablissements dieser Länder geliehenen Capitalien, schuldig seyn könnten, so wie auch alle Zinsen zu entrichten und zu ersetzen, die, zu ihrem Vortheil, auf jedem derselben versichert worden sind. In Folge dessen ist ausdrücklich anerkannt worden, daß die Inhaber der Actien der Wiener Bank, welche französische Bürger geworden sind, die Vortheile ihrer Actien fortana genießen, und die davon verfallenen oder ferner davon abfallende Zinsen erhalten sollen, ungeachtet alles Beschlags, und aller Abbrüche, die als ungeschehen betrachtet werden, und namentlich jene, die sich von dem Umstand herleiten, daß verschiedene Actien-Inhaber, welche französische Bürger geworden sind, jene 30 und 100 Procente nicht entrichten konnten, die von Sr. Maj. dem Kaiser und Könige den Actien-Inhabern der Wiener Bank auferlegt worden sind.

Art. X. Die contrahirenden Theile werden ebenfalls allen Beschlag aufheben lassen, der wegen des Krieges auf die Güter, Gerechtsamen und Einkünfte der Unterthanen Sr. Maj. des Kaisers, oder des Reichs, auf dem Gebiete der französischen Republik, und der französischen Bürger in den Staaten Sr. gedachten Maj. oder des Reichs könnten gelegen worden seyn.

Art. XI. Der gegenwärtige Friedens-Tractat, und namentlich dessen 8. 9. und 10. Artickel, so wie auch der nachfolgende 15. Artickel, wird hiermit auf die Vatavische, Helvetische, Cisalpinische und Ligurische Republiken, als gemeinschaftlich ausgedehnt. Die contrahirenden Theile verbürgen einander wechselweise die Unabhängigkeit gedachter Republiken, und den darin wohnenden Völkern die Freiheit, jene Regierungsform anzunehmen, die sie für schicklich halten.

Art. XII. Se. Kais. und Kön. Maj. entsagen für sich und Ihre Nachkommen, zu Gunten der Cisalpinischen Republik, allen Rechten, und allen von diesen Rchten herfließenden Ansprüchen, die Se. Majestät auf jene Länder machen könnten, die Sie vor dem Kriege in Italien besessen haben, und welche Kraft des 8. Artickels des Tractats von Campo Formio, jetzt einen Theil der Cisalpinischen Republik ausmachen, welche Republik dieselben mit völliger Landeshoheit, und vollem Eigenthums-Rechte, sammt allen davon abhangenden Territorialgütern besitzen wird.

Art. XIII. Se. Kais. und Kön. Maj. bestätigen sowohl in Ihrem Namen, als im Namen des teutschen Reichs, Ihre bereits durch den Tractat von Campo-Formio gegebene Einwilligung in die Vereinigung der vormaligen Reichslehen mit der Ligurischen Republik, und entsagen allen Gerechtsamen und Ansprüchen, die sich von diesen Rechten auf gedachte Lehen herleiten.

Art. XIV. In Gemäßheit des 11ten Artickels des Tractats von Campo Formio, wird die Schiffahrt auf die Etsch, da dieser Fluß die Gränzscheidung zwischen den Staaten Sr. K. K. Majestät und jenen der Cisalpinischen Republik ausmacht, frei seyn, ohne daß auf einer oder der andern Seite, irgend ein Zoll errichtet, oder ein bewaffnetes Kriegsfahrzeug gehalten werden darf.

Art. XV. Alle auf beiden Seiten gemachten Kriegsgefangenen, so wie auch alle während dem Kriege ausgehobene oder gegebene Geiseln, die bis jetzt nicht ausgeliefert worden seyn dürften, sollen innerhalb vierzig Tagen, von dem Tage der Unterzeichnung des gegenwärtigen Traxtats gerechnet, ausgeliefert werden.

Art. XVI. Die nicht veräußerten liegenden und persönlichen Güter Sr. Königl. Hoheit des Erzherzogs Karl, und der Erben Weyl. Ihrer Kön. Hoh. der Frau Erzherzogin Christine, die in den der französischen Republik abgetretenen Ländern gelegen sind; werden Ihnen zurückgestellt, mit der Verbindlichkeit, dieselben in einem Zeitraum von 3 Jahren zu verkaufen. Eben so soll es mit den liegenden persönlichen Gütern Ihr. Kön. Hoheiten des Erzherzogs Ferdinand und der Frau Erzherzogin Beatrix, seiner Gemahlin, in dem Gbiete der Cisalpinischen Republik gehalten werden.

Art. XVII. Die Artickel 12. 13. 15. 16. 17. und 23. des Tractats von Campo-Formio werden ausdrücklich in Erinnerung gebracht, um nach ihrer Form, und ihrem Inhalte eben so vollzogen zu werden, als wenn sie Wort für Wort dem gegenwärtigen Friedens-Schlusse einverleibt wären.

Art. XVIII. Die Contributionen, Lieferungen, und jede Art von Kriegsleistung werden von dem Tage der Auswechselung der Ratificationen gegenwärtigen Tractats durch Se. Kais. M. und das Reich einer, und die französische Republik anderer Seits aufhören.

Art. XIX. Gegenwärtiger Tractat wird von S. M. dem Kaiser und König, von dem Reiche und von der französischen Republik binnen 30 Tagen, oder, wo möglich noch früher, ratificiert werden; und es ist festgesetzt, daß die Armeen beider Mächte in den Stellungen, worin sie sich befinden, sowohl in Teutschland als in Italien, bleiben, bis erwähnte Ratificationen Sr. K. K. M. des Reichs, und der französischen Republik zu gleicher Zeit zwischen den gegenseitigen Bevollmächtigten zu Luneville ausgewechselt worden sind.

Auch ist festgesetzt, daß zehn Tage nach der Auswechselung der Ratificationen, die Armeen Sr. K. K. Maj. in die Kaiserlichen Erbstaaten zurückkehren, daß dieselben in dem nehmlichen Zeitraum von den Französischen Armeen werden geräumt, und daß dreißig Tage nach jener Auswechselung die französischen Armeen das ganze Reichs-Gebiet verlassen werden.

Unterzeichnet zu Lunéville, den 20 Pluviôse an IX der Französischen Republik (9 Février 1801)

Signé Louis, comte de Cobentzel
Joseph Bonaparte.

Quelle:
Zeumer, Karl (Bearb.): Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit., Tübingen 1913


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