Stadt Marbach am Neckar präsentierte Jahresprogramm »Marbach ... frei nach Schiller«

Im Jahr 2009 feiert die Stadt Marbach am Neckar anlässlich des 250. Geburtsjubiläums des großen Sohnes der Stadt, Friedrich Schiller, ein »Schillerjahr«. Nun präsentierte die Stadtverwaltung das Jahresprogramm. Die erste Programmpublikation fasst die »Höhepunkte« zusammen.

Friedrich von Schiller (1759-1805) gehörte mit Johann Wolfgang von Goethe zu den bedeutendsten Dichtern des Sturm und Drang und der Frühromantik.

Friedrich von Schiller (1759-1805)

Im Jahr 2009 feiert die Stadt Marbach am Neckar anlässlich des 250. Geburtsjubiläums des großen Sohnes der Stadt, Friedrich Schiller, ein »Schillerjahr«. Am gestrigen Donnerstag präsentierte die Stadtverwaltung das Jahresprogramm. Zwischen Februar und November 2009 reihen sich zahlreiche Veranstaltungen in den Bereichen Literatur, Theater, Musik, Ausstellungen und Events aneinander. Hochkarätige Gastspiele und Kooperationsprojekte wechseln sich mit anspruchsvollen Produktionen und Aktionen von Marbacher Vereinen, Schulen, Kirchen und Institutionen ab. Bürgermeister Herbert Pötzsch zeigt sich stolz über die riesige Resonanz aus der Stadt heraus. »Wir verordnen kein Fest«, so der Stadtobere. Hunderte von Marbachern seien an den Vorarbeiten für das Schillerjahr beteiligt und die Beiträge machten erst die Vielfalt des Programms möglich. Mit dem Motto »Marbach … frei nach Schiller«, lässt die Stadt bewusst Spielraum für vielerlei Assoziationen: die Redewendung ist im deutschen Sprachgebrauch verankert und kein Dichter so viel zitiert wie Schiller. Ein bisschen »ironisier« das Leitwort auch, da Schiller bekanntlich nur die ersten vie Kindheitsjahre in Marbach verbrachte. »Dennoch«, so Pötzsch, »ist die Prägung, die die Stadt durch die Tatsache, dass Schiller hier geboren ist, beispiellos unter den Schillerstädten in Deutschland. »Marbach würde ohne Schiller heute anders aussehen«, ist er sich gewiss und verweist auf das Deutsche Literaturarchiv Marbach und die Literaturmuseen, die internationale Beachtung fänden. Wie wichtig Marbach damit auch für das Land Baden-Württemberg sei, zeige sich darin, dass Ministerpräsident Günther Oettinger die Schirmherrschaft für das Schillerjahr 2009 übernommen habe. Bürgermeister Pötzsch freut sich, dass zur Finanzierung der Feierlichkeiten Partner gefunden werden konnten. So treten die EnBW und die Kreissparkasse Ludwigsburg als Hauptsponsoren auf. Die Stiftung für Kunst, Kultur und Bildung der Kreissparkasse unterstützt die Feierlichkeiten ebenfalls mit einem namhaften Betrag, gleiches gilt die Landesstiftung Baden-Württemberg. Als Co-Sponsor konnten die Stadtwerke Ludwigsburg gewonnen werden. Mit dem Anteil der Stadt von 250.000 Euro und den erwarteten Eintrittsgeldern steht insgesamt ein Etat von 530.000 Euro zur Verfügung. Das Jubiläumsprogramm zu Ehren des großen Sohnes der Stadt legt Schwerpunkte auf Literatur und Theater, mit Festen und Events spricht es gleichzeitig eine breite Öffentlichkeit an. Bewusst wollte man nicht ausschließlich »elitäre Veranstaltungen für Literaturwissenschaftler« anbieten, erklärt der Bürgermeister.

Literaturreihe: Vom Marbacher zum Weltbürger

Schillers leidenschaftliches Interesse an Geschichte, aber auch an aktuellen Geschehnissen innerhalb und außerhalb der Grenzen seiner Heimat spiegelt sich in seinen Werken wider, die mit Schauplätzen in ganz Europa verknüpft sind. Dieser Spannungsbogen von Enge und Weite, von Nah und Fern bildet den Rahmen für die Literaturreihe »Marbach – Deutschland – Europa – Welt« im Schillerjahr. Bekannte europäische Autoren lesen und diskutieren, international angesehene Wissenschaftler greifen Schillersche Ideen auf und verknüpfen sie mit aktuellen Debatten. In einer ganz besonderen Atmosphäre lassen sich Marianne Sägebrecht und andere namhafte Künstler von den Familiengeschichten in Schillers Stücken zu einer Reise durch die Literatur inspirieren: Schillers Geburtshaus dient als Kulisse für diese ungewöhnliche Open-Air-Lesereihe. In der Reihe »Europa-Lesungen« liest im Frühjahr 2009 die Niederländerin Margriet de Moor aus ihrem Buch „Der Jongleur". Der junge tschechische Autor Jaroslav Rudiš stellt seine Comic-Kultfigur Alois Nebel sowie seinen jüngst erschienenen Roman »Grandhotel« vor. «<span="werktitel">Monsieur Schiller als Bürger der französischen Republik« ist Thema des französischen Abends, anschaulich gemacht durch René-Marc Pille von der Universität Paris. In reizvollem Kontrast dazu steht die Lesung des 2008 auf Deutsch erschienenen Bestsellers »Monsieur Lambert und die Ordnung der Welt« von François Vallejo. Das abschließende Gespräch zwischen Forscher und Autor moderiert der Direktor des Deutsch-Französischen Instituts Ludwigsburg, Frank Baasner. Spanien vertritt María Siguán aus Barcelona, die Schiller aus spanischer Sicht erläutert und mit aktuellen Themen verknüpft. Die Matinee wird umrahmt von spanischer Musik mit dem Duo Favori und Werken spanischer Autoren, gelesen von Rudolf Guckelsberger. Doch nicht nur Europa, auch die USA wurden von Schillers Freiheitsgedanken nachhaltig geprägt. Über Schillers Darstellung des Befreiungskrieges und die Wirkung des Dichters auf die US-Verfassung spricht der Germanist Jeffrey L. High. Der Vortrag mit Filmbeispielen findet im Zuge der »American Days 09« und in Kooperation mit dem Deutsch-Amerikanischen Zentrum in Stuttgart statt. Der erste »Marbacher Kulturdialog« nimmt zukunftsweisende Ideen Schillers zum Ausgangspunkt für einen Diskurs über Blockdenken in Kultur und Politik, Zivilisationskonflikte und die Möglichkeiten ihrer Überwindung. Das Impulsreferat der englischen Schiller-Expertin Lesley Sharpe eröffnet eine Podiumsdiskussion mit dem Ägyptologen, Kultur- und Religionswissenschaftler Jan Assmann (Marbacher Schillerredner 2006), dem Literatur- und Theaterwissenschafler Dieter Borchmeyer und dem Vergleichenden Anthropologen und Journalisten Constantin von Barloewen. Im Herbst 2009 thematisiert eine Reihe von Projekten die friedliche Revolution in der DDR und den Mauerfall, die sich zum zwanzigsten Mal jähren. Eingeladen sind Christoph Hein, Monika Maron und Thomas Brussig. Der Schiller-Preisträger des Landes Baden-Württemberg 1998, Hans-Joachim Schädlich, bereichert mit einer Lesung von Erzählungen aus dem 18. Jahrhundert das Marbacher Fest.

Theater im Schillerjahr 2009

Als Friedrich Schiller mit 23 Jahren als Autor die Theaterbühne betritt, löst er einen der leidenschaftlichsten Skandale der deutschen Theatergeschichte aus. Auch wenn die Schillerschen Verse das Theaterpublikum heute nicht mehr schockieren, ist die zeitlose Faszination seiner Werke geblieben und bildet bis heute ein inspirierendes Potential für das moderne Regietheater. Zwischen 24.06. und 03.07.2009 präsentiert die »Junge Schillerwoche« eine sommerliche Marbacher Werkschau ausgewählter Inszenierungen und Projekte: Das Berliner Theater an der Parkaue, das größte Kinder- und Jugendtheater Deutschlands, thematisiert mit den faszinierenden Mitteln des Figurentheaters die ewige Heimatfrage in »Wilhelm Tell« – zupackend für ein Publikum jeden Alters. Die »Räuber« des renommierten Heidelberger Theaters werden kraft der Sprache Schillers zu anarchischen Zeitgenossen. »Recht einig und frei« nennen die Studenten der Weimarer Musikhochschule Franz Liszt ihre musikalische Adaption von Schillers Freiheitsthemen. Eine Kooperation mit dem Mannheimer Festival »Internationale Schillertage« bringt eine ungewöhnliche Denkmal-Performance des griechischen Künstlers Yorgos Sapountzis nach Marbach. Die Kooperation mit dem Heidelberger Theater beschert dem »Schillerjahr 2009« nicht nur eine aufregende Räuber-Aufführung, sondern auch die Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Stückemarkt, dem wichtigsten Festival zur Förderung neuer Dramatik und junger Autoren. Ein Theaterspektakel mit starken neuen Stücken, Autorengesprächen und Publikumsdiskussionen rund um die zeitgenössische Dramatik im Zeichen Schillers. Ganz im Sinne der ästhetischen Erziehung, mit der Schiller eine Erziehung der Gefühle und des selbstständigen Denkens meint, empfangen und begleiten Marbacher Schülergruppen die Theaterleute als Gastgeber und moderieren die Publikumsdiskussionen. Im August 2009 erkunden europäische Schauspieler in Workshops Schillers Dialoge und versuchen ihrer künstlerischen Eigenart auf die Spur zu kommen. Marbach ist eine von zehn Stationen dieses von der europäischen Kommission geförderten Projektes des Berliner internationalen Theaterzentrums AKT-ZENT. Geleitet vom russischen Theaterpädagogen Jurij Alschitz, stellt das internationale Laboratorium Schiller in europäischen Sprachen vor. Es lädt zu offenen Proben ein und verfeinert in Diskussionen die Kunst des Dialogs. Ein Abend voll lyrischer Fantasie, packender Musik und prächtiger Bilder erwartet die Zuschauer im Oktober bei der RockOper um »Schillers GlockeSchiller auf das Papiertheater« und lassen die »kleine« Theaterform des 18. Jahrhunderts wieder aufleben. Mit dem Theaterprojekt »Achtung ansteckend! Revolutionsbegeisterung zu Schillers Zeiten und heute« ergänzt das Friedrich-Schiller-Gymnasium das Theaterprogramm. Voraussichtlich wird das Nationaltheater Mannheim zum Ende der »Schillerwoche« mit »Die Jungfrau von Orléans« oder »Maria Stuart«, jeweils in der Regie von Georg Schmiedleitner und der Ausstattung von Florian Parbs in Marbach gasieren. Welches der beiden Stücke es sein wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

»Der Marbacher Herzogsbesuch« - Ein Fest des 18. Jahrhunderts

Die für Marbach bedeutenden Jahre zwischen Schillers Geburt 1759 und der Fertigstellung des Rathauses 1763 stehen im Mittelpunkt des 18. Jahrhundert-Festes, das den Titel »Der Marbacher Herzogsbesuch« tragen wird: In Theaterszenen unter der Regie von Christine Gnann spielen Laien zusammen mit ausgebildeten Schauspielern die damaligen Geschehnisse in der Neckarstadt nach. Aus ganz Deutschland und dem näheren Ausland werden Fans des 18. Jahrhunderts erwartet: Militärs, Musikanten, höfische Darsteller, Tanzgruppen und viele weitere Teilnehmer werden mit ihren beeindruckenden Gewändern das Stadtbild prägen, das weitestgehend aus dem 18. Jahrhundert erhalten ist. Sogar der Besuch des württembergischen Herzogs ist angekündigt. Kutschfahrten, Kinderspiele, Bürgerleben und zeitgenössische Köstlichkeiten machen das Wochenende zu einem wahren Familienfest. Das bunte Treiben mündet jeweils abends am Neckarufer in einen rauschenden Abschluss zu Ehren des Herzogs.

1959 und 2009: Stadthalle der Schillerjahre

1959 wurde der 200. Geburtstag Schillers in der gerade erbauten Marbacher Stadthalle gefeiert. Nach umfangreicher Sanierung und zeitgemäßer Modernisierung wird die Stadthalle zum 250. Geburtstag wieder ihrer alten Bestimmung übergeben: den Marbachern ein zentrales Veranstaltungshaus zu sein. Grund genug, um eine ganze Woche mit einem Festprogramm aus Musik, Tanz und Theater zu feiern. Ein buntes Familienprogramm stellt beim Tag der offenen Tür die Stadthalle vor. »Schöne Welt, wo bist du?«, fragt die Sopranistin Ulrike Sonntag bei ihrer musikalisch-literarischen Schiller-Soirée. Als Pendant interpretiert der Jazzpianist Jens Thomas den Schiller-Freund Goethe auf eine sehr zeitgemäße Art. Die Musikschule Marbach-Bottwartal spielt Musik, die schon Familie Schiller hörte, und das Friedrich-Schiller-Gymnasium lädt zum Sommerkonzert ein. Schließlich dient die Hallenbühne auch dem Theater: Die Württembergische Landesbühne Esslingen zeigt das Schiller-Drama um Macht, Freundschaft, Liebe und Intrige – »Don Carlos«. Zum Ende der vom 14. bis zum 23.05.2009 dauernden Festwoche bringt eine SWR1-Party die Halle zum Beben. Danach wird die Stadthalle der wichtigste Veranstaltungsort des Schillerjahres sein. Mit »Schiller! – Das Musical« präsentiert das Friedrich-Schiller-Gymnasium die unbekannte Schiller-Komödie »Ein Tag im Hause Körner« im musikalischen Gewand des jungen Stuttgarter Komponisten Jo Brecht.

Traditionell und hochkarätig: Die Marbacher Schillerwoche

Die Woche um den 10. November, in die Friedrich Schillers Geburtstag fällt, wird in Marbach alljährlich als »Schillerwoche« begangen. Mit der Festwoche 2009 mündet das Jubiläumsjahr in einen feierlichen Abschluss. Dabei haben einige Veranstaltungen eine mehr als hundertjährige Tradition und sind längst zum lieb gewordenen Ritual geworden – wie der Blumengruß der Grundschüler an Schillers Denkmal oder die Huldigung vor dem Geburtshaus in der Marbacher Altstadt. Nach zwei Jahren Innensanierung wird das Schiller-Nationalmuseum an Schillers 250. Geburtstag wieder eröffnet. David Chipperfield Architects entwickelten für die Innenräume Lösungen, die den historischen Bestand des 1903 erbauten Museums zeitgemäß interpretieren. Die neue Dauerausstellung zeigt die außergewöhnliche Geschichte der deutschen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts. Den Auftakt der »SchillerwocheLudwig van Beethovens 9. Sinfonie für Blasorchester und Chor als Gemeinschaftsprojekt von Stadtkapelle-Musikverein Marbach e. V., Projektchor der Chorvereinigung Liederkranz Marbach und Projektchor des Chorverbands Friedrich Schiller. Im November 2009 treffen Friedrich Schillers Freiheitspositionen und deutsche Zeitgeschichte zusammen: 20 Jahre Mauerfall werden von Thomas Brussig, Monika Maron und Christoph Hein aufgegriffen. Die Schillerrede, zu der die Deutsche Schillergesellschaft jedes Jahr eine bekannte Persönlichkeit einlädt, wird ebenso ein Höhepunkt sein wie die traditionelle Verleihung des Schillerpreises der Stadt Marbach am Neckar, die im zweijährigen Turnus stattfindet und sich 2009 zum 25. Mal jährt. Die Marbacher Schulen beteiligen sich mit Lesungen und Aufführungen, Handel und Gewerbe gestalten den verkaufsoffenen Schillersonntag, und der Tag der offenen Tür bietet Gelegenheit zum kostenlosen Besuch der Literaturmuseen und des Deutschen Literaturarchivs. In der Schillerwoche zeigt sich ganz besonders, wie sehr Friedrich Schiller auch heute im Bewusstsein der Marbacher gegenwärtig ist.

Ausstellungen im Schillerjahr 2009

In Schillers Geburtshaus, einem original erhaltenen Handwerkerhaus im Herzen der Marbacher Altstadt, eröffnet am 02.02.2009 eine anlässlich des »Schillerjahres 2009« völlig neu konzipierte Dauerausstellung. Unterhaltsame Geschichten rund um die Familie Schiller und ausgewählte Objekte vermitteln einen Eindruck vom damaligen Leben. Der zweite Teil der Ausstellung ist der Geschichte der Schillerverehrung gewidmet: Ausgehend von Marbach wird mit Hilfe neuer Medien auch über andere Lebens- und Gedenkstätten sowie über Schillerfeiern und -denkmäler in aller Welt informiert. Auf der Schillerhöhe zeigt die Ausstellung »Autopsie Schiller« ab Anfang März im Literaturmuseum der Moderne, was von Friedrich Schiller in Marbach bewahrt wird: Kleider, Besitztümer, Bücher, Stiche, Gemälde und Büsten. Erstmals sind diese Exponate in einer Ausstellung in ihrem ganzen Ausmaß zu sehen. Nach zwei Jahren Innensanierung wird im November das Schiller-Nationalmuseum wieder eröffnet. Wer denkt, Friedrich Schiller ist nur etwas für Erwachsene, wird mit einer Kunstausstellung für Kinder eines Besseren belehrt. Mit den Reihen Weltliteratur und Poesie für Kinder hat der Kindermann Verlag den Kosmos der Klassiker für Kinderaugen lustvoll aufbereitet. Friedrich Schillers Balladen und Stücke wurden meisterlich von dem bekannten Buchkünstler Klaus Ensikat illustriert und von Jacky Gleich mit viel Schwung und Fantasie gezeichnet. Im Original sind diese wunderbaren Illustrationen erstmals ab April in den Räumen der Kreissparkasse Marbach zu sehen.


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