Wenn aus der Ferne

von Friedrich Hölderlin 1813

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,
   Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit,
      O du Teilhaber meiner Leiden!
         Einiges Gute bezeichnen dir kann,

So sage, wie erwartet die Freundin dich?
   In jenen Gärten, da nach entsetzlicher

      Und dunkler Zeit wir uns gefunden?
         Hier an den Strömen der heilgen Urwelt.

Das muß ich sagen, einiges Gutes war
   In deinen Blicken, als in den Fernen du
      Dich einmal fröhlich umgesehen,
         Immer verschlossener Mensch, mit finstrem

Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still
   War meine Seele über der Wahrheit, daß
      Ich so getrennt gewesen wäre?
         Ja! ich gestand es, ich war die deine.

Wahrhaftig! wie du alles Bekannte mir
   In mein Gedächtnis bringen und schreiben willst,
      Mit Briefen, so ergeht es mir auch,
         Daß ich Vergangenes alles sage.

Wars Frühling? war es Sommer? die Nachtigall
   Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die
      Nicht ferne waren im Gebüsche
         Und mit Gerüchen umgaben Bäum' uns.

Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand,
   Auf dem wir traten, machten erfreulicher
      Und lieblicher die Hyazinthe
         Oder die Tulpe, Viole, Nelke.

Um Wänd und Mauern grünte der Efeu, grünt'
   Ein selig Dunkel hoher Alleen. Oft
      Des Abends, Morgens waren dort wir,
         Redeten manches und sahn uns froh an.

In meinen Armen lebte der Jüngling auf,
   Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam,
      Die er mir wies, mit einer Schwermut,
      Aber die Namen der seltnen Orte

Und alles Schöne hatt' er behalten, das
   An seligen Gestaden, auch mir sehr wert,
      Im heimatlichen Lande blühet
         Oder verborgen, aus hoher Aussicht,

Allwo das Meer auch einer beschauen kann,
   Doch keiner sein will. Nehme vorlieb, und denk
      An die, die noch vergnügt ist, darum,
         Weil der entzückende Tag uns anschien,

Der mit Geständnis oder der Hände Druck
   Anhub, der uns vereinet. Ach! wehe mir!
      Es waren schöne Tage. Aber
         Traurige Dämmerung folgte nachher.

Du seiest so allein in der schönen Welt,
   Behauptest du mir immer, Geliebter! das
      Weißt aber du nicht,


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