Ausschreitungen in Saint Antoine

am 28.04.1789

Im Arbeiterviertel Faubourg St. Antoine wurde das Gerücht gestreut, dass für die Arbeiter der Papierfabrik Réveillon eine tägliche Steuer erhoben werden sollte. Auch sei das Brot für die Arbeiter der Fabrik noch viel zu gut. So versammtelte sich eine große Volksmenge und zog durch den Pariser Vorort.

Vor dem Hause eines Bäckers entstand ein Streit. Dieser rief eine Polizeistreife herbei. Diese wurde jedoch von der wütenden Menschenmasse überwältigt und die Scheiben der Bäckerei wurden eingeschlagen. Das Brot wurde aus der Backstube auf die Straße geworfen. Aus den umliegenden Nebenstraßen liefen immer mehr Menschen zusammen, die sich zu einem Zug formierten. Der Ruf »Brot, Brot!« wurde immer lauter. Die Menschenmenge zog durch die Straßen und es kam im Verlauf dieses Protestmarsches immer wieder zu Ausschreitungen, Plünderungen und Mißhandlungen.

So wurde im Laufe des Protestmarsches die Tapetenfabrik des Monsieur Réveillon, eines angesehenen und sozial denkenden Unternehmers, demoliert, da er angeblich geäußert haben soll, daß die Lebensmittel ruhig teurer werden könnten. Zum ersten Mal kam der Ruf »An die Laterne mit den Reichen« auf. Révillon konnte der drohenden Selbstjustiz der Massen nur knapp durch die Flucht über die Gärten seines Hauses entkommen.

Aufmarschiertes Militär, das den Aufstand niederschlagen sollte, wurde mit Dachziegeln und Pflastersteinen durch die Arbeiter begrüßt. Die Straßen waren verbarrikadiert und auf die Straße geworfene Möbel wurden angezündet. Es marschierten weitere Soldaten auf, die mit verlängerten Zügeln und blank gezogenen Säbeln in die Menschenmasse ritten. So konnte zumindest die Ansammlung zerstreut werden und zumindest die äußere Ruhe in diesem Pariser Vorort wieder hergestellt werden. Es kam während dieser Unruhen zu mehreren 100 Toten.

In den folgenden Tagen fanden sich an verschiedenen Häuserfronten handgeschriebene Zettel, deren Verfasser unbekannt blieben, in denen die Bürger aufgefordert wurden, die behördlichen Maßnahmen nicht zu befolgen.Vielmehr sollte damit begonnen werden, die Magazine zu plündern und Kaufleute, die sich weigerten, Lebensmitel herauszugeben, an der nächsten Laterne aufgehängt werden. 

Es handelte sich bei diesem Volksaufstand um einen der schwersten Unruhen in der Zeit vor dem Sturm auf die Bastille. Er lässt jedoch auch erkennen, wie anfällig die Massen für Gerüchte waren. Es war wenige Tage bevor die Generalstände am 05.05.1789 in Versailles zusammentraten und über die Staatsfinanzen beraten sollten.

Die Urheber dieser Aufrufe konnten nicht ermittelt werden, vielmehr schrieb man dem Herzog d’Orléans eine Mitschuld an den Ereignissen zu. So sollte durch geheime Getreideverkäufe due zusammenrottungen hervorgerufen zu haben. Auf diese Art wollte er gegen seinen Vetter, König Ludwig XVI., einen Aufruhr anstacheln. Doch sein späteres Verhalten während der Französischen Revolution scheint diese Behauptung jedoch nicht zu bestätigen.


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