Die erste französische Besatzung Krefelds 1792

Nach dem Sieg des Generals Dumouriez bei Jenappes am 06.11.1792 zogen sich die österreichischen Truppen aus dem bisherigen Österreichischen Niederlanden (dem heutigen Belgien) hinter die Roer und Erft zurück. Selbst die alte Kaiserstadt Aachen wurden den französischen Revolutionstruppen überlassen. Nach dem Fall Antwerpens wandte sich der französische General Miranda in östlicher Richtung nach Roermond und eine Vorhut unter General La Marliére drang in die linksrheinischen preußischen Besitzungen ein.

Nachdem zahlreiche Flüchtlinge aus Brabant auch durch Krefeld zogen und erst nach Erreichen des rechten Rheinufers stoppten, wurde man sich der drohenden Gefahr bewusst. So schickte man aus Krefeld am 12.11.1792 einen Kundschafter nach Roermond, der bis zum Eintreffen der Franzosen vor Ort bleiben sollte. Da dies zu gefährlich war, kam er unverrichteter Dinge zurück. Am 22.11. trafen französische Truppen in Roermond ein, jedoch dauerte es noch bis zum 16.12.1792 bis General La Marliére in die gelderschen Lande vorrückte. An diesem Tage besetzte er Straelen und am darauffolgenden Tage Geldern und Aldekerk.

Aus Angst vor den Franzosen beschlossen die Krefelder, die Gerüchte über die anrückenden französischen Revolutionsarmeen ließen schlimmstes befürchten. einen Boten loszuschicken und dem General eine Bittschrift zukommen zu lassen, in der um Schonung für Krefeld gebeten wurde. Der General beantwortete das Schreiben wohlwollend und nahm mit seiner Antwort zunächst die Ängste der Bürger:

Ich beeile mich, Sie über die unbegründeten Sorgen zu beruhigen. Lassen Sie der Rechtlichkeit der französischen Nation Gerechtigkeit widerfahren. Ich hoffe, das Herzogtum der preussischen Provinz Geldern wird sich über die Truppen der französischen Republik nur zu freuen haben. Es marschieren noch andere Kolonnen, die überall strenge Manneszucht halten werden.

In Krefeld wurde diese Antwort mit großer Erleichterung entgegen genommen. Weiterhin wurde noch geraten, sich mit genügend Brot, Fleisch und Futter für Mensch und Tier gut zu versorgen.

Um 11 Uhr des 18.12.1792 war es dann soweit: Vor dem Niedertor erschien General La Marliére an der Spitze von 300 Mann Fußvolk, 600 Reitern und zwei Geschützen. Er wurde sofort eingelassen. Die französischen Soldaten waren in einem erbärmlichen Zustande: zerlumpt, zerrissen und elend.

Er ließ sofort alle Stadttore schließen und eröffnete dem Magistrat von Krefeld und den ersten Kaufleuten neue Bedingungen, die nicht mehr so beruhigend wie sein Schreiben vom Vortage klangen. Forderungen nach Lebensmitteln und auch Kleidung hatte man erwartet, insbesondere als man sah in welchem Zustande sich die Soldaten befanden. Aber zusätzlich wurde der Stadt noch eine sofortige Zahlung einer Kriegsauflage in Höhe von 300.000 holländischen Gulden. Die Zahlung habe bis zum Mittag um 15 Uhr zu erfolgen, sonst würde er Geiseln mit nach Roermond nehmen um seine Forderung sicherzustellen.

Trotz aller Bemühungen der Krefelder Bürgerschaft, konnte diese Forderung unmöglich erfüllt werden. So schaffte man es insgesamt 79.496 holl. Gulden zu sammeln. Diese Summe wurde wurde in großen Teilen in Wechseln herbeigeschafft. Die größten Anteile der Forderung leisteten folgende Krefelder Firmen.

F. & H. von der Leyen30.000 Gld.
C. & J. Floh10.000 Gld.
Gerh. Lingen & Co.5.000 Gld.
J. H. Heydweiller & Söhne4.000 Gld.
F. H. Heydweiller Sohn & Rigal4.000 Gld.
Wwe. W. Scheuten3.000 Gld.
Dietrich Scheuten3.000 Gld.

General La Marliére hielt Wort und rückte kurz nach 16 Uhr des gleichen Tages mit mehreren Geiseln den Rückweg über Hüls nach Aldekerk an. Als Geiseln nahm er den Bürgermeister und Akziseninspektor Oppermann, die Kaufleute J. Valentin Heydweiller, Peter von Loevenich und Konrad Isaak von der Leyen mit, die er im leeren Nonnenkloster St. Gerlach unterbrachte. Bis auf die enorme Geldforderung verhielten sich die Franzosen in Krefeld ohne sich die geringste Ausschreitung zu erlauben. Im gleichen Maße verhielten sie sich in Moers und dem Kloster Kamp.

Den Geiseln ging es übrigens nicht schlecht. Am Abend lud General La Marliére sie zum Abendessen an seine Tafel. Auch spielte man gemeinsam Karten. Aus dieser Zeit ist die Legende überliefert das man dem General 75.000 Gld. im Kartenspiel abgerungen habe. La Marliére ließ von sich durch das Bitten der Geiseln und eines bei von der Leyens einquartierten Obersten von der Vernunft leiten und reduzierte die utopisch hohe Forderung.

Die Bewohner Krefelds bemühten sich das fehlende Geld schnellstmöglich aufzubringen. So wurden Boten nach Elberfeld und Köln geschickt, die jedoch erfolglos versuchten Gelder aufzutreiben. Eine Eingabe an den preußischen Monarchen Friedrich Wilhelm II blieb erfolglos. Da alles nichts half sammelte man am 21.12.1792 insgesamt 98.300 Gulden bei mehr als 150 Einzelpersonen und sandte noch am gleichen Tage diesen Betrage an den französischen General. Weitere 27.600 Gld. folgten am 25.12.1792 und am 06.01.1793 folgte der Rest von 23.000 Gld. Mit dieser Zahlung war den Franzosen die komplette Summe ausgehändigt worden. Am 17.01.1793 stellte der Kriegskommissar der Vorhut der Nordarmee, Seigne, eine Gesamtquittung aus.

Nun konnten auch die Geiseln wieder in ihre Heimatstadt Krefeld zurückkehren. Oppermann und Heydweiller erreichten Krefeld am 12.01. und eine Woche später folgten Konrad Isaak von der Leyen und Peter Loevenich. Sie wurden mit einem großen feierlichen Empfang willkommen geheißen.

Die Stadt Krefeld war durch die Kriegsauflage von 225.000 Gld. wirtschaftlich stark getroffen. Für Handel und Handwerk, Fabriken und Verkehr war es eine verhängnisvolle Situation. Durch eine private Bürgschaft der Krefelder Kaufmannschaft sollte der Handel in der Folge wieder in Schwung kommen.


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